Ewiglich die Hoffnung
nicht die Chance, heimlich für sie zu schwärmen. Ein flirtiger Blick von dir, und schon entblättern sie sich und fragen: ›Oooooooh, gehen wir zu dir oder zu mir?‹« Jules warf sich dramatisch das Haar nach hinten. »Aber stell dir nur mal für einen Moment vor, du wärst nicht so ein toller Typ. Und du wärst heimlich in unsere gute Becks verknallt. Was würdest du dann gern von ihr hören?«
Ich spielte mit und beobachtete Jack. Schließlich hob er den Kopf und sah mir in die Augen. Er hatte einen ganz seltsamen Ausdruck im Gesicht. Er wirkte … verlegen. Und vielleicht ein bisschen zornig. Oder das Gespräch ging ihm einfach bloß auf den Geist.
»Keine Ahnung. In Becks verknallt zu sein, wäre ungefähr so, als wäre ich in meine Schwester verknallt. Ich kann’s mir einfach nicht vorstellen.«
Diesmal war es mein Gesicht, das rot anlief.
Jack blickte weg, als würde er sich auf einmal für die Leute am Nebentisch interessieren. Jules musterte Jack aus zusammengekniffenen Augen, und dann erschien ein seltsames kleines Grinsen in ihren Mundwinkeln. Ich fand das nicht sehr einfühlsam von ihr, denn schließlich hatten Jacks Worte mich ganz schön gekränkt.
Sie sah mich an und erklärte: »Ich muss los. Ein ausgeliehenes Buch zurückbringen.«
Na, toll. Jetzt ließ sie mich auch noch im Stich. Ehe ich mich wieder so weit im Griff hatte, um zu merken, dass ich nicht mit Jack allein gelassen werden wollte, war Jules schon weg.
Und ich war allein mit Jack.
Der mit seiner Gabel auf den Tisch klopfte und das Furnier so eindringlich anstarrte, als würde er in der nächsten Stunde eine Klausur über die Maserung schreiben.
Ich war noch immer verletzt, entweder weil das, was Jack gesagt hatte, wirklich nicht nett war oder wegen meiner Gefühle ihm gegenüber.
»Ich bin nicht deine Schwester.«
»Ich weiß.«
»…«
»…«
»Ist es so schwer vorstellbar, dass mich jemand gernhaben könnte?«
Endlich sah Jack mich an. »Natürlich nicht, Becks. Bloß … Ich hab nicht …«
Seine Stimme erstarb, als irgendetwas hinter mir seine Aufmerksamkeit erregte. Wenn Jacks dunkle Augen überhaupt noch dunkler werden konnten, dann taten sie es in diesem Moment.
Ich drehte mich um. Andrew Hanks stand verlegen hinter mir, ein Chemiebuch in der Hand.
»Hi, Nikki.«
»Hi, Andrew.« Ich lächelte ihn betont freundlich an. Wenn das mit Jack nicht passiert wäre, hätte ich meinen Enthusiasmus wahrscheinlich runtergeschraubt. »Was gibt’s?«
Er hielt mir linkisch das Chemiebuch hin, hätte mich fast damit getroffen. »Könntest du mir vielleicht den Stoff von heute noch mal erklären? Ich hab vorhin Jules getroffen, und die meinte, du hättest das alles verstanden.«
Jack schnaubte hinter mir. Ich warf ihm einen strengen Blick zu, und er murmelte: »Sorry.«
Ich drehte mich wieder zu Andrew um. »Klar. Setz dich. Kennt ihr zwei euch? Jack, das ist Andrew. Andrew, das ist –«
»Ich weiß, wer er ist«, sagte Jack statt einer Begrüßung.
Andrew nahm langsam Platz und blickte dabei von mir zu Jack. »Ich will wirklich nicht stören …«
»Du störst überhaupt nicht!«, beteuerte ich.
»Ja, bitte, setz dich!«, sagte Jack, genauso überschwänglich wie ich, und machte dabei eine übertrieben höfliche Armbewegung. Dann gab er sich auf der Stelle gelangweilt und widmete seine Aufmerksamkeit dem Rest des Schulhofs, während er seinen Lunch zu Ende aß. Wieso war er so sauer? Ich sah Andrew an. Vielleicht hatten die beiden irgendeine gemeinsame Geschichte, von der ich nichts wusste.
Andrew klappte sein Heft auf. Beide Seiten waren voll mit Gekritzel und Radiergummispuren. »Ich hab drei Rechnungswege probiert, aber ich krieg’s einfach nicht hin.«
Ich sah mir seine Notizen an, folgte der Gleichung und rief mir in Erinnerung, wie ich dieselbe Aufgabe gelöst hatte. »Da«, sagte ich und zeigte auf einen Teil seiner Gleichung. »Du benutzt den falschen Wert für die Avogadro-Konstante. Die lautet sechs Komma null zwei zwei mal zehn hoch dreiundzwanzig. Da steht sechs Komma zwei null .«
Jack schaltete sich ein. »Das lernt man eigentlich so ziemlich in der ersten Chemiestunde.«
Ich atmete scharf durch die Nase. Jack besuchte einen Chemie-Leistungskurs und hatte dort super Noten, wie in allen anderen Fächern auch. Sein Dad war Chemiker, daher kannte Jack die Zahl wahrscheinlich schon auswendig, ehe er überhaupt laufen konnte.
Ich starrte Jack an. »Nicht jeder ist mit Gutenachtgeschichten wie
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