Ewiglich die Sehnsucht - Ashton, B: Ewiglich die Sehnsucht
dich gedreht. Ich liebe dich.« Die letzten drei Worte waren ihm offenbar unabsichtlich rausgerutscht, und danach schloss er die Augen und legte den Kopf in die Hände, als hätte er plötzlich Kopfschmerzen bekommen. »Ich sollte das lieber nicht laut sagen.«
Als ich sah, wie niedergeschlagen er war, hätte ich am liebsten die Arme um ihn geschlungen und ihn an mich gedrückt, um ihn vor all dem zu schützen, was noch drohte.
Stattdessen nahm ich seine Hand. Führte sie an meine Lippen. Küsste sie.
Er hob den Kopf und zuckte zusammen. »Lass das lieber«, sagte er, zog seine Hand aber nicht weg.
»Warum?«
»Weil … das alles nur noch schlimmer macht … wenn du nicht so fühlst …«
Er verstummte, als ich seine Hand erneut küsste und meine Lippen auf seinen Fingern verweilten. Er stieß einen zittrigen Seufzer aus, und seine Haare fielen ihm in die Stirn. Er betrachtete fasziniert meinen Mund. »Was, wenn …«
Ich biss mir auf die Unterlippe. »Was?«
»Was, wenn es zwischen uns wieder so sein könnte?« Er beugte sich näher, lächelte und sagte: »Wirst du mir meine Seele stehlen?«
»Ähm … Es ist eigentlich nicht deine Seele, die …«
Ich konnte den Satz nicht beenden. Seine Lippen streiften meine, und ich spürte den Sog, als Gefühle übertragen wurden, doch es war nicht so stark wie beim letzten Mal. Die Leere in mir war praktisch wieder gefüllt. Sechs Monate reichten tatsächlich gerade aus, um zu gesunden.
Er löste seine Lippen nicht von meinen, als er fragte: »Ist das in Ordnung?«
In Ordnung, weil ich ihn nicht mehr aussaugen würde. Nicht in Ordnung, weil meine eigenen Emotionen überkochten. Nur unsere Lippen berührten sich. Zum Glück war sonst überall zwischen uns Luft.
Er deutete mein Schweigen als ein Ja. Wir hielten unsere Lippen aneinander, zaghaft und still.
Aber er ließ es nicht lange bei der zärtlichen Art bewenden. Er wurde drängender, öffnete seinen Mund an meinem. Ich erbebte, und er legte seine Arme um mich und zog mich näher, sodass unsere Körper sich fast überall berührten.
Er wich wieder ein wenig zurück. Sein Atem war an meinen Lippen.
»Was ist?«, fragte ich.
»Ich hab jede Nacht von dir geträumt.« Er küsste mich kurz. »Es fühlte sich so real an. Und wenn ich dann morgens wach wurde, kam es mir vor, als wärst du eben erst verschwunden. Als hättest du mich noch einmal verlassen.«
Ich senkte das Kinn und schmiegte den Kopf an seine Brust. »Es tut mir leid.«
Er seufzte und drückte mich fester an sich. »Es wurde irgendwie nicht leichter. Aber die Träume selbst …«, ich spürte, wie er den Kopf schüttelte, »… die waren wie eine physische Verbindung zu dir. So real. Jede Nacht warst du bei mir in meinem Zimmer. Es war alles so wirklich.«
Ich hob den Kopf, damit ich ihn ansehen konnte, begriff zum ersten Mal, wie schwer es für Jack gewesen sein musste. Ich küsste sein Kinn, seine Wange und dann seinen Mund. »Es tut mir leid«, sagte ich erneut.
»Du kannst nichts dafür, dass ich von dir geträumt habe, Becks. Ich möchte bloß wissen, ob es so real war, wie es sich anfühlte.«
»Ich weiß nicht«, sagte ich. Aber ich erzählte ihm von dem Buch, das ich über Orpheus und Eurydike gelesen hatte, und von meiner Theorie, dass Eurydikes Verbindung zu Orpheus ihre Rettung war. Als ich geendet hatte, fragte ich ihn, was er dazu meinte.
»Klingt ganz plausibel.« Sein Gesicht nahm einen versonnenen Ausdruck an. »Ich hab geträumt, du wärst irgendwo an einem dunklen Ort, wo du nichts sehen konntest.«
Ich dachte an die Höhle und die Nische und an die Schatten, die uns festhielten und jedes Licht aussperrten. »Ich weiß nicht. So vieles von dem, was passiert ist, ist wie ausgelöscht.« Aber nicht genug. Die Wahrheit war, ich hatte wirklich nichts sehen können. Meine Zeit im Ewigseits hatte Narben in meinem Gehirn hinterlassen, und als Jack von der Dunkelheit sprach, hatten die Narben ein wenig geschmerzt.
Jack legte seine Stirn an meine Stirn, seine Nase an meine Nase, und sein trauriges Lächeln war so liebevoll, dass ich beinahe den Erinnerungsfetzen vergessen hätte, der soeben aus der Versenkung aufgetaucht war. Beinahe.
LETZTES JAHR
Die Nährung … Das Vergessen.
Sobald ich beschlossen hatte, mit Cole mitzugehen, passierte alles rasend schnell. Ich blieb für ein paar Tage in seinem Zimmer versteckt, und jedes Mal, wenn ich drauf und dran war, es mir anders zu überlegen, nährte Cole sich von meiner obersten
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