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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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damit auf!« Jetzt klang er ärgerlich und streckte die Arme nach ihr aus, als wollte er sie bei den Schultern packen und zur Besinnung bringen.
    Sie wirbelte herum und machte einen Satz hinter ihren Schreibtisch. Da mußte doch irgendwo ein Papiermesser liegen, mit einer langen, spitzen Klinge aus Stahl. Fieberhaft kramte sie unter den Büchern und Papieren, bis ihre Hand sich um einen Elfenbeingriff schloß. Wie einen Dolch hielt sie das Papiermesser vor sich.
    »Keinen Schritt näher. Ich steche zu, wenn es sein muß.«
    Ralph Cazaubon hob entgeistert die Hände. »Schon gut, ganz ruhig… ich rühr’ mich nicht vom Fleck… aber sag mir doch, was los ist, damit ich dir helfen kann… bitte, Joanna…«
    Ihr Atem kam stoßweise und keuchend, sie war einem Weinkrampf nahe. Reiß dich zusammen, bleib ruhig, behalte einen klaren Kopf, sprach sie sich zu. Das Messer vor sich haltend und bereit, sofort damit zuzustoßen, bewegte sie sich wie ein Krebs mit kleinen Seitwärtsschritten auf die winzige Diele zu. Dabei ließ sie ihn nicht einen Moment aus den Augen.
    Er drehte sich um und beobachtete sie mit noch immer erhobenen Händen. Doch jetzt wirkte er nicht mehr hilflos, sondern schien einfach nur eine Gelegenheit abzuwarten, sich zu verteidigen oder sogar zum Angriff überzugehen.
    Aber ihre Aufmerksamkeit ließ nicht eine Zehntelsekunde nach. Als sie sich mit der freien Hand übers Gesicht fuhr, merkte sie, daß es schweißüberströmt war. Sie blinzelte und riß dann die Augen auf, um wieder klar zu sehen. Dabei bewegte sie sich die ganze Zeit weiter dem Avisgang zu, ein sorgsamer Schritt nach dem anderen brachte sie der Tür, der Rettung, näher. Doch als sie nur noch wenige Meter von der Wohnungstür trennten, begann er ihr zu folgen. Drohend hob sie das Messer, und er blieb wieder stehen.
    »Ich habe Sie gewarnt – kommen Sie mir nicht zu nahe!«
    Um die Tür zu öffnen, mußte sie das Messer in die andere Hand nehmen. Zuerst das Türschloß, dann das Sicherheitsschloß. Beide waren noch genauso verriegelt wie vorhin.
    Eine Sekunde lang blickte sie seitwärts, um die Türklinke zu finden und die Tür zu öffnen. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie, wie er sich bewegte.
    »Nein!«
    Er blieb stocksteif stehen.
    »Joanna, bitte, das ist doch verrückt. Was ist passiert? Bist du krank? Wie kannst du nur denken, daß ich dir etwas antun will?«
    Endlich hatte sie die Klinke ertastet und drückte sie nach unten. »Wie sind Sie hier hereingekommen?«
    »So wie immer. Was ist denn nur los mit dir?«
    Doch sie erwiderte nichts, stellte ihn nicht zur Rede und fragte auch nicht weiter, sondern riß nur die Tür auf und stürzte hinaus auf den Gang. Sie schlug ihre Wohnungstür zu und rannte zum Fahrstuhl. Doch als sie den Knopf drücken wollte, sah sie, daß das »Besetzt«-Zeichen leuchtete. Leise brummend kam der Lift näher, er hielt in ihrem Stockwerk, und seine Türen glitten auf.
    Bis jetzt hatte sie sich noch nicht überlegt, wie sie auf jemanden wirken würde, der ihr so begegnete. Sie behielt ihre Wohnungstür im Auge, doch die blieb verschlossen. Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie nicht mehr allein war. Es war jemand aus dem Fahrstuhl getreten. Noch bevor sie sich umdrehen konnte, hörte sie eine Stimme: »Um Himmels willen, Joanna, was ist los?«
    Sie wirbelte herum, und Sam machte einen Satz zurück, um ihrem Messer auszuweichen. Erst da erkannte sie ihn und fiel ihm in die Arme. Ihre angstvolle Spannung löste sich in einem haltlosen Schluchzen.
    »Was ist denn los? Was ist passiert? Komm, sag schon.«
    Sachte löste er das Papiermesser aus ihren verkrampften Fingern.
    Sie deutete mit zitternder Hand auf ihre Wohnung. »Er ist da drin.«
    »Wer?«
    »Ralph Cazaubon.«
    »Was?«
    Sam wollte zur Tür gehen, doch sie hielt ihn zurück.
    »Nein, warte. Hol zuerst Hilfe.«
    »Dafür haben wir keine Zeit…«
    »Ich habe die Schlüssel nicht mitgenommen«, fiel ihr plötzlich ein. »Wir können gar nicht rein.«
    Einen Moment lang dachte er nach. »Hat der Portier keine Zweitschlüssel?«
    »Doch«, nickte sie.
    »Dann hol sie, ich warte hier auf dich.«
    »Nein, ich will nicht, daß du…«
    »Bitte, Joanna, tu einfach, was ich sage.« Er hielt das Papiermesser hoch. »Keine Sorge, wenn er da drin ist, kommt er nicht an mir vorbei.«
    Inzwischen war der Fahrstuhl in ein anderes Stockwerk gerufen worden. Sie konnte sehen, daß er aufwärts fuhr, also ging sie zur Treppe und lief die drei Stockwerke zur

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