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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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wich zurück, und während sie die Sprechanlage fest im Auge behielt, versuchte sie die aufsteigende Panik niederzukämpfen. Ihr schossen die wildesten Gedanken durch den Kopf. Am beharrlichsten beschäftigte sie der Gedanke, daß sie doch eigentlich nichts zu befürchten hatte. Unten vor der Tür stand lediglich ein Mann, der sie besuchen wollte, und sie reagierte hysterisch.
    Aber sie hatte ihn doch erst vor zwei Tagen kennengelernt. In einer Stadt wie New York besuchte niemand eine Person, die er kaum kannte, zu Hause und erwartete, einfach eingelassen zu werden. Doch vielleicht hatte er einen bestimmten Grund für sein Kom-men? Sie hatte ihn nicht einmal gefragt. Was war so entsetzlich daran, daß ein Mann am Abend an ihrer Tür klingelte, ein Mann, den sie kennengelernt und der sich in jeder Hinsicht charmant und höflich und völlig normal benommen hatte. Drehte sie allmählich durch? Fürchtete sie sich jetzt schon vor ihrem eigenen Schatten?
    Trotzdem würde sie um nichts in der Welt noch einmal den Hörer abnehmen und mit Ralph Cazaubon sprechen. In gebührendem Abstand, so als umkreiste sie einen bösartigen Kettenhund, schlich sie um die Sprechanlage herum. Das unaufhörliche ohrenbetäubende Summen wurde von Sekunde zu Sekunde unerträglicher.
    Schließlich sprintete sie zur Tür und vergewisserte sich, ob sie auch abgeschlossen war. Ja, sie war in Sicherheit, aber sie war in der Falle. Was blieben ihr für Möglichkeiten? Sie konnte hinuntertelefonieren und feststellen, ob der Portier inzwischen wieder aufgetaucht war.
    Oder sollte sie die Polizei rufen? Und dann was erzählen? Nein, das konnte sie sich immer noch überlegen, falls es tatsächlich notwendig werden sollte – noch gab es keinen vernünftigen Grund, die Polizei zu alarmieren.
    Und wenn sie Sam anrief? Ja, das klang vernünftig. Sam würde ihre Angst verstehen. Schon tippte sie die Nummer seines Handys ein und betete, daß er es bei sich hatte. Vielleicht war er ja schon auf dem Weg hierher und würde jede Minute eintreffen. Sie mußte ihn warnen, daß möglicherweise unten vor ihrer Haustür Gefahr lauerte.
    Da brach das Summen ab, und in der plötzlich eintretenden Stille hörte sie nichts als ihren keuchenden Atem und ihr Herzklopfen. Verwirrt stellte sie fest, daß sie erst ein paar Ziffern von Sams Handynummer gewählt hatte, aber sie wußte nicht mehr wie viele. Zögernd legte sie auf.
    Sie horchte in die Stille. War er weggegangen? Er wußte, daß jemand in der Wohnung war, schließlich hatte sie ja abgenommen. Aber sie hatte keinen Ton gesagt, es hätte also auch eine Freundin, ein Kollege, die Putzfrau oder sonst jemand gewesen sein können.
    Vorsichtig näherte sie sich seitlich einem Fenster, zog die Jalousie ein Stück zurück und schaute hinaus. Unten auf der Straße war niemand zu sehen. Ob jemand vor der Tür stand, konnte sie von hier aus allerdings nicht erkennen, möglicherweise wartete er also noch dort. Zumindest jedoch hatte er es aufgegeben, sich Zutritt verschaffen zu wollen.
    Es sei denn, der Portier war zurückgekommen und hatte ihm aufgemacht. Aber der Portier würde niemanden hereinlassen, ohne ihr Bescheid zu sagen. So lautete die Hausordnung, und so stand es auch klipp und klar auf einem Schild in der Eingangshalle: »Jeder Besucher muß angemeldet werden«.
    »Joanna…?«
    Mit einem Entsetzensschrei fuhr sie herum. Die Stimme war direkt hinter ihr gewesen. Seine Stimme. Hier in der Wohnung.
    Eine Sekunde lang konnte sie niemanden entdecken, und sie glaubte schon an eine Halluzination. Doch dann bewegte sich ein Schatten von der Diele auf die offene Wohnzimmertür zu. Ralph Cazaubon trat auf sie zu.
    »Joanna, würdest du mir bitte sagen, was nicht stimmt?«
    Seine Stimme klang besorgt, sein Gesicht war ernst. Außer der Tatsache, daß er jetzt förmlicher gekleidet war, sah er genauso aus wie gestern. Doch sein Auftreten hatte sich verändert, er gab sich familiär, ja fast schon vertraut, obwohl sie sich doch nur flüchtig kannten.
    »Wie sind Sie hier hereingekommen?« keuchte sie mit zitternder Stimme.
    Sein Stirnrunzeln wurde noch etwas besorgter, und er trat einen Schritt auf sie zu. »Joanna, was ist denn los?«
    Joanna wich zurück. Dabei stieß sie mit der Hüfte an einen Tisch, eine Lampe fiel um und krachte zu Boden.
    »Kommen Sie mir nicht zu nahe!« Sie tastete hinter ihrem Rücken nach möglichen Hindernissen oder nach einem Gegenstand, mit dem sie sich verteidigen konnte.
    »Hör bitte sofort

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