Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ex

Ex

Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
Vom Netzwerk:
welche Rolle das bei Ihrer Entscheidung gespielt hat, sich aus der Sache rauszuziehen.«
    Joanna sah ihm direkt in die Augen, entschlossen, sich nicht in die Enge treiben zu lassen. »Taylor, Sie wissen nicht, wie das ist. Ich habe entsetzliche Angst. Ich kann nicht weitermachen.«
    Er stützte die Hände auf die Schreibtischplatte und beugte sich zu ihr herunter. »O doch, ich weiß genau, wie das ist – denn Sie schreiben großartig darüber. Und deshalb will ich wissen, wie es ist, wenn man so etwas bis zum Ende durchsteht, ob man danach ein anderer ist… und das will ich von Ihnen wissen! Außerdem sollten Sie an eines denken, Joanna: Auch Sie werden nie erfahren, wie das ist, wenn Sie jetzt aufgeben. Und ich glaube, das wäre ein Fehler. Ja, ich glaube, für Sie ist es noch wichtiger als für mich, diese Sache zu Ende zu bringen.«
    Ihr bitteres Lachen ließ ihn aufhorchen.
    »Was ist daran so komisch?«
    »Mir ging nur gerade durch den Kopf, wie recht Sie haben, Taylor: Es gibt wirklich eine Menge guter Gründe dafür, daß Sie auf diesem Posten sitzen. Das ist übrigens ein Kompliment.«
    Nachdenklich nickte er. »Und Sie wissen, daß ich auch mit Ihnen und Sam Towne richtig liege. Ihre Affäre gehört zur Story dazu.«
    Er richtete sich wieder auf und verschränkte die Arme.
    »Ich meine, wenn man einen der besten Physiker der Welt dafür gewinnt, öffentlich für Ihr Team den Kopf hinzuhalten, dann kann man zumindest zugeben, daß man mit dem Teamleiter ins Bett geht. Sonst wird es später rauskommen, und die Glaubwürdigkeit wäre dahin. Dadurch wäre die ganze Story diskreditiert. Und das wäre ein Jammer, denn in meinen Augen verdient sie den Pulitzer-Preis.«
    Einen genau berechneten Augenblick lang sah er sehr ernst auf sie herab.
    »Nun, ich bin mir sicher, daß Sie lieber selbst über dieses Verhältnis schreiben möchten, als das jemand anderem zu überlassen.«
    Da sie kein Wort erwidert hatte, mußte sie wohl wortlos ihre Zustimmung gegeben haben, vielleicht durch eine Geste oder einfach nur durch ihr Schweigen. Jedenfalls nickte Taylor zufrieden.
    »Ich habe nichts anderes von Ihnen erwartet«, sagte er und ging hinaus, doch plötzlich steckte er noch einmal den Kopf zur Tür herein.
    »Sie müssen nicht schreiben, wie lang sein Schwanz ist – geben Sie nur einfach zu, daß Sie ihn gesehen haben.«
    Wieder allein, starrte sie eine ganze Weile auf den Bildschirm, der ihren bereits aufgerufenen Text zeigte. Auch wenn sie es nicht tun wollte, Taylor hatte ihr keine Wahl gelassen. Zu allem Überfluß wußte sie, daß er recht hatte: Die hartnäckigen Skeptiker alles Übersinnlichen würden die Enthüllung einer ›geheimgehaltenen Affäre‹ als Beleg für einen glatten Betrug werten. Schon aus Respekt gegenüber den drei verstorbenen Gruppenmitgliedern mußte sie das verhindern.
    Eine Stunde später las sie ihre Änderungen noch mal durch. Es war einfacher gewesen als erwartet. Denn überraschenderweise wurde die Sache griffiger, als sie beschrieb, wie sie sich plötzlich in einer Kette von Ereignissen gefangen sah, die sie als unmöglich abgetan hätte, wenn sie nicht persönlich damit konfrontiert gewesen wäre. Schwierig gestaltete sich nur die Schilderung ihrer Beziehung zu Sam und die Beantwortung der Frage, in welcher Weise sich die besagten Ereignisse darauf ausgewirkt hatten. Was natürlich damit zusammenhing, daß sie es selbst nicht wußte. Während sie noch grübelte, klingelte das Telefon. Es war Sam.
    »Wir hatten heute morgen keine Möglichkeit zu reden, Joanna. Aber ich muß dich sehen. Können wir zusammen essen?«
    »Meine Eltern sind aus Europa zurück. Ich fahre übers Wochenende raus.«
    »Wann kommst du wieder?«
    »Hm, vielleicht Sonntag.«
    »Dann Sonntag abend…?«

Joanna zögerte. Sie wußte, daß ihre gestrige Wut irrational gewesen war. Es bestand kein Grund, ihm wegen der Geschehnisse Vor-würfe zu machen. Sam zum Sündenbock zu stempeln half gar nichts. Aber irgendwie konnte sie nicht anders.
    »Hör mal«, unterbrach er das Schweigen, »an meinen Gefühlen für dich hat sich nichts geändert. Ich liebe dich, Joanna. Und deshalb bitte ich dich, mir nicht einfach den Rücken zu kehren und aus meinem Leben zu verschwinden. Rede wenigstens mit mir.«
    Diese schlichte Bitte rührte sie. Und ihr wurde bewußt, daß auch sie ihn noch immer liebte, obwohl sie es ihm nicht sagen konnte – und daß sie es ihm nicht sagen konnte, verwirrte und beunruhigte sie nur um so

Weitere Kostenlose Bücher