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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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    »Ich weiß nicht genau, wann ich wieder da bin«, sagte sie schließlich. »Vielleicht bleibe ich auch bis Montag. Aber ich rufe dich an, okay?«
    »Ja, gut. Und grüße deine Eltern von mir. Ich hoffe, sie hatten einen schönen Urlaub.«
    »Danke, ich richte es aus. Also, bis dann.«
    »Bis dann, Joanna.«
    Sie legte auf und starrte ins Leere. Was wollte sie eigentlich? Wonach suchte sie?
    Natürlich wußte sie, was sie sich mehr als alles auf der Welt wünschte, nämlich, daß dieser Alptraum zu Ende ging, daß alles wieder so wie früher wäre. Doch dann hätte sie auch Sam nicht kennengelernt, er war ein Teil dieser ganzen Geschichte – und gegen diese Unvereinbarkeit, diese Inkompatibilität ihrer eigenen Gefühle, war sie einfach machtlos.
    Inkompatibilität – dieses Wort hatte sie auch neulich in Sams Wohnung benutzt. Roger hatte genickt, als sie gemeint hatte, daß Adams Existenz und die ihre vielleicht einfach nicht in Einklang zu bringen, auf unerfindliche Weise inkompatibel geworden waren. Dieser Gedanke hatte etwas Erschreckendes, wenn ihn auch ein vernünftiger Mensch nicht ernst nehmen würde.
    Aber sie war doch ein vernünftiger Mensch! Und trotzdem machte ihr diese Vorstellung angst. Das paßte ja schon wieder nicht zusam-men. War nun sie verrückt, oder war die Welt verrückt? Und überhaupt, wo verlief die Trennlinie zwischen ihr und der Welt? Gab es eine solche Trennlinie überhaupt?
    Ein plötzlicher Schauder ließ sie zusammenfahren, als wäre sie eingenickt und plötzlich mit dem Kopf vornübergekippt. Aber sie war hellwach gewesen, sie hatte sich lediglich im Teufelskreis ihrer Gedanken verloren. Joanna holte tief Luft. Erleichtert, sich von diesen Gedanken losgerissen zu haben, begann sie wieder mit ihrer Arbeit. Sie tippte auf eine Taste an ihrem Computer und kopierte ihren überarbeiteten Artikel für Taylor Freestone. Dann sah sie auf die Uhr. Wenn sie jetzt ging, hatte sie noch genug Zeit, sich in ihrer Wohnung umzuziehen – sie trug noch immer ihre Trauerkleidung – und vor der Rush-hour einen Zug zu erwischen.
    Und so eilte sie aus dem Büro, ohne sich auch nur umzudrehen oder von jemandem zu verabschieden.
     
    KAPITEL 34 Während der Fahrt beschäftigte sie vor allem die Frage, was sie ihren Eltern sagen sollte. Sie fühlte sich wie ein Teenager, der wegen eines Geheimnisses ein schlechtes Gewissen hat. Aber sie wußte, daß es ein großer Fehler wäre, die volle Wahrheit zu sagen. Dann wäre das ganze Wochenende von Sorgen und Ängsten überschattet.
    Schon am Telefon hatte sich ihre Mutter nach Sam erkundigt: Waren sie noch zusammen, wie kam er mit seinem Projekt voran? Joanna hatte nicht direkt darauf geantwortet und den Eindruck erweckt, als befände sich ihre Beziehung derzeit in der Schwebe, weshalb es besser wäre, das Thema nicht anzuschneiden. Das hatte den angenehmen Nebeneffekt, daß auch das Experiment selbst zum Tabu wurde. Und darüber war Joanna heilfroh.
    Sie sah diesem Wochenende so erwartungsvoll entgegen, wie ein Schiffbrüchiger nach einem Rettungsring greift. Es bedeutete für sie genau das, woran sie sich in ihrer Verzweiflung festzuklammern versuchte, ein sicheres Gefühl der Geborgenheit, das es nur zu Hause und in der Familie gab und das man immer als selbstverständlich betrachtete, bis es nicht mehr da war. Jetzt, da sich rings um sie alle Perspektiven verschoben hatten, drohte ihr dieses Gefühl des Normalen, des Dazugehörens, verlorenzugehen. Aber sie wollte es sich unter allen Umständen bewahren. Sie wollte sich in das Gewohnte, Vertraute hineinkuscheln wie in eine warme Decke. Und zu diesem Zweck würde sie auch vor Lügen nicht zurückschrecken.
    Ihr Vater holte sie mit dem Kombiwagen ihrer Mutter vom Bahnhof ab und hatte Skip, ihren Terriermischling, dabei. Während sie in Europa gewesen waren, hatten sich Nachbarn um den Hund gekümmert, der sich nun sichtlich freute, die Familie wieder vereint zu sehen. Bei der kurzen Fahrt durch die hereinbrechende Dämmerung saß er auf Joannas Knien und leckte ihr das Gesicht. Sie lachte, umarmte und schalt ihn abwechselnd und plauderte unterdessen mit ihrem Vater über die Orte, die er mit ihrer Mutter bereist hatte, über ihre Urlaubsbekanntschaften und ihre kulinarischen Erlebnisse.
    Schließlich bogen sie in die Einfahrt ein und fuhren an den Büschen, Rabatten und pflanzenüberwucherten Lauben vorbei, die das weitläufige Schindelhaus umgaben. Die Garagentür öffnete sich automatisch und

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