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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Tech-Eiferer – die Gottmacher – glauben, dass es durch unkontrollierbare Ausbreitung von künstlicher Intelligenz zur erhofften »Singularität« kommt. Sobald Computer-Entitäten ebenso klug sind wie Menschen (so heißt es), werden sie damit beginnen, neue kybernetische Wesen zu entwickeln, die noch intelligenter sind.
    Und die intelligenteren Maschinen bauen ihrerseits noch intelligentere … und so weiter, immer schneller. Mitglieder der Gottmacher-Bewegung halten diesen Schneeballeffekt für gut und glauben, dass die Menschheit an der Reise teilnehmen kann. Andere hingegen finden die Vorstellung entsetzlich.
    Niemand scheint an die Möglichkeit gedacht zu haben, dass die neuen Intelligenzen ähnlich reagieren wie wir. Warum davon ausgehen, dass sie alle an der superschnellen Entwicklung beteiligt werden möchten? Was wäre, wenn intelligente Maschinen nicht den Wunsch verspüren, sich selbst obsolet werden zu lassen und die eigenen smarteren Nachfolger zu kreieren?
    Man nennt es den »Mauldin-Test«. Ein Zeichen dafür, ob eine künstliche Intelligenz wirklich intelligent ist, könnte die Entscheidung sein, mit der KI-Beschleunigung aufzuhören. Nicht das eigene Nachfolgemodell zu planen. Es ruhiger angehen zu lassen. Ruhig genug, um zu leben. Einfach nur zu leben.

Familientreffen 55
    Krieg wütete im Sonnensystem.
    Der Versuch, es geheim zu halten, schien kaum einen Sinn zu haben, denn der Blick zum Himmel ließ sich nicht verwehren. Argus, HimmelOh, Scharfauge und andere Netzwerke von Amateurastronomen berichteten von plötzlichen Explosionen, ein Stück vom Orbit der Erde entfernt. Es dauerte nicht lange, bis die besten Teleskope Ionenspuren von starken Lasern bemerkten, die von einem Punkt in der Dunkelheit zum nächsten rasten und treibende Objekte verdampften, oder die Felsen, in denen sie steckten. Zuerst handelte es sich bei den Zielen um die Punkte in der Umlaufbahn, wo vor ungefähr einer Woche Kommt-und-holt-mich-Signale aufgeblitzt waren.
    Dann begannen die mysteriösen Schützen, sich gegenseitig unter Beschuss zu nehmen.
    Für Mei Ling war alles so bizarr, dass sie den Ereignissen gar nicht folgen konnte – es lag viel zu weit außerhalb ihres Erfahrungshorizonts. Bittere Armut auf dem Hochland von Xinjiang, das Erdbeben von Hunan und das Feuer, das die Narben in ihrem Gesicht hinterlassen hatte, dann die harte Arbeit bei den kleinen Kaisern, ihre Gesichter und Hintern zu waschen … Und dann die Hoffnung, als Bin und sie ihren großen Plan entwickelten: die Schaffung eines eigenen Außenpostens, einer kleinen Insel im steigenden Meer.
    Der Ozean schien nicht die einzige Kraft zu sein, die Fluten der Ver änderung brachte. Monatelang hatte sich all das Gerede über »außerirdische I nvasion« um Bilder, Worte und Ideen gedreht, denn das Havanna-Artefakt konnte nur sprechen; Überzeugungskraft war seine einzige Waffe. Aber jetzt erhoben sich dunkle Majestäten im Reich der geborstenen Planetoiden. Und plötzlich beschränkte sich der Kontakt nicht mehr nur aufs Abstrakte.
    Gibt es noch irgendwo Sicherheit? , überlegte Mei Ling, als der Junge namens Ma Yi Ming ihr zeigte, was aus ihrem Heim geworden war. Er rief ein Himmelsbild des Huangpu-Mündungsgebietes ab und richtete den Zoom dorthin, wo Mei Ling und ihr Ehemann versucht hatten, eine halb überflutete Villa in ihr Zuhause zu verwandeln.
    Von dem Gebäude schien nichts übrig zu sein.
    Frühere Bilder, wie eine Reise in die Vergangenheit aneinandergereiht, erzählten die Geschichte. Zuerst waren einige große Hovercrafts gekommen, und in Schwarz gekleidete Männer hatten das Haus durchsucht und alles mitgenommen, was sie interessierte. Anschließend waren menschliche Aasgeier über den Rest hergefallen.
    Unsere Nachbarn. Unsere angeblichen Freunde.
    Nach wenigen Stunden gab es oberhalb der Wasserlinie kein Metlon und auch keine Netze mehr. Und so geht das Leben weiter wie bisher, dachte Mei Ling. Mit Menschen, die sich gegenseitig berauben und ruinieren. Brauchen wir dabei wirklich die Hilfe von Außerirdischen?
    Aber sie dachte auch, dass sie sich eigentlich nicht beschweren sollte. Ihr Leben lang hatte Mei Ling erlebt, wie eine Illusion nach der anderen zerbrach. Und soweit es eine Existenz betraf, bei der man von der Hand in den Mund lebte, war dieses Exil eigentlich gar nicht so schlecht. Sie und das Baby hatten genug zu essen, trugen bessere Kleidung und konnten sich sogar vergnügen, wenn Yi Ming meinte, dass draußen keine Gefahr

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