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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Lächeln geantwortet. Seine Augen wurden sanfter, weiteten sich und wurden samtweich, während sie mich musterten. Es war die Gelassenheit eines Mannes, der dich dein Leben lang gekannt hat. Ein solcher Mann kann niemandem wehtun. Das Gesicht des Hausarztes, des Universitätslehrers, der deine Besessenheit für den Gegenstand versteht und respektiert, der perfekte Vater ...
    »Wissen Sie, ich bin nicht der Typ, den man hier erwarten würde«, hatte ich etwas schwerfällig gesagt. Himmel, er war ein gutaussehender Mann. Besaß eine grundlegende Eleganz, die ein junger Mann nie haben kann, egal wie hübsch er ist.
    »Als Student war ich eine ziemliche Plage«, sagte ich. »In meiner Familie gelte ich als launisch. Ich lasse mir ungern befehlen. Wenn es um Männer-Vergnügen geht, entspreche ich jedem Klischee. Ich will damit nicht prahlen, verstehen Sie mich nicht falsch.« Ich war auf meinem Stuhl ein wenig unbehaglich herumgerutscht. »Ich finde es herrlich, mit zweihundertzwanzig Stundenkilometern um die Laguna Seca zu rasen und mein Leben zu riskieren, die gefährlichsten Skihänge, die man finden kann, runterzuschießen, ein ultraleichtes Flugzeug von fünf Kilogramm mit einer Teetasse voll Treibstoff so hoch und so schnell wie möglich zu fliegen.«
    Er hatte mir mit einem Nicken bedeutet weiterzureden.
    »Das ist alles irgendwie zwanghaft, töricht. Zwei Jahre lang war ich jetzt Fotograf. Aber in gewisser Weise ist das die gleiche Routine. Immer größere Gefahren. Die Situationen, in die ich geraten bin, sind verrückt. Das letzte Mal hat's mich in El Salvador fast erwischt, weil ich, wie irgendein reicher Schuljunge auf Ferientrip die Sperrstunde ignoriert hatte ...«
    Ich mag eigentlich nicht darüber reden. Diese grauenhaften, endlosen Sekunden, in denen ich zum ersten Mal in meinem Leben meine eigene Uhr ticken hörte. Ich konnte mich nicht davon losmachen, es immer wieder vor mir zu sehen, was beinahe passiert wäre: TIME-LIFE-FOTOGRAF VON TODESKOMMANDO IN EL SALVADOR NIEDERGESCHOSSEN.
Das Ende von Elliott Slater, der stattdessen in Berkeley den großen amerikanischen Roman hätte schreiben, in Gstaad hätte skilaufen können. Wäre keine zwei Mal in den Abendnachrichten erwähnt worden.
    »Das ist sehr oft der Typ Mann, der hierherkommt, Elliott«, sagte er ruhig. »Die Art von Mann, der in der realen Welt vor nichts und niemandem zurückweicht. Der Mann, der es gewöhnt ist, Macht zu haben, und der die Nase davon voll hat, andere einzuschüchtern. Er kommt zu uns, um sich umkrempeln zu lassen.«
    Ich glaube, darüber habe ich gelächelt. Umkrempeln.
    »Feilen Sie nicht an den Phantasien herum, Elliott. Reden Sie einfach drauflos. Sie sind offensichtlich sehr redegewandt. Die meisten Männer, die zu uns kommen, sind redegewandt. Sie haben scharfsinnige, komplizierte Vorstellungen, hochentwickelte Phantasien. Ich höre diese Phantasien nicht wie ein Arzt. Ich höre sie als Geschichten. Wie ein Literat, wenn Sie wollen. Möchten Sie etwas trinken, damit Ihnen das Sprechen leichter fällt? Scotch? Oder vielleicht ein Glas Wein?«
    »Scotch«, hatte ich geistesabwesend geäußert. Ich wollte nicht betrunken sein. »Ich hatte eine bestimmte Phantasie«, sagte ich, während er aufstand und zur Bar ging. »Eine Phantasie, die mich verfolgte, als ich noch ein Junge war.«
    »Erzählen Sie.«
    »Himmel, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie verrucht es war, solche Phantasien zu haben, und ich dachte, ich wäre irgendwie gestört, weil alle anderen das Klappfoto im Playboy und die Cheerleader auf dem Footballfeld anglotzten.«
    »Johnny Walker Black Label«. Glück gehabt. Nur ein ßchen Eis. Schon das Aroma und das schwere Kristallglas in meiner Hand taten ihre Wirkung.
    »Wenn Leute ihre Phantasien erzählen, reden sie oft nur von dem, was akzeptabel ist«, sagte er, setzte sich wieder hinter den Schreibtisch und lehnte sich zurück. Er trank nichts, zog nur an seiner Pfeife. »Sie reden über Klischees, erzählen aber nichts von dem, was sie sich tatsächlich vorstellen. Wie viele Ihrer Mitschüler, meinen Sie, hatten wohl die gleichen Phantasien?«
    »Also gut, ich pflegte mir so was wie einen griechischen Mythos vorzustellen«, sagte ich. »Wir waren junge Leute in einer großen griechischen Stadt, und alle paar Jahre wurden sieben von uns - Sie wissen schon, wie in dem Theseus-Mythos – als Sex-Sklaven in eine andere Stadt geschickt.«
    Ich trank ein Schlückchen Scotch.
    »Es war ein heiliges

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