Exit
nichts Neues. Die Akte liegt im Hauptquartier unter den ungelösten Fällen mit geringer Aufklärungschance. Man hat ihr den Schädel eingeschlagen, die Kehle durchgeschnitten und irgend etwas Hölzernes in die Vagina geschoben. Die Splitter, die der Leichenbeschauer gefunden hat, sind die einzige Spur, die sie haben. Geschehen ist es in der Nähe eines Punkclubs in einem Gebäude einer Kleiderfabrik.«
»Der Moody Mayan.«
»Wer sagt das?«
»Die Folksänger.«
»Das stimmt nicht ganz. Der Club heißt Mayan Mortgage.«
»Kennst du den Laden?«
»Nein, aber diese Clubs sind alle gleich: Nacht-und-Nebel-Unternehmen ohne Gewerbeschein und Schanklizenz. Sie be setzen irgendein verlassenes Gebäude, und bevor die Behörden den Laden dichtmachen, sind sie wieder verschwunden.«
Er trank einen Schluck und wischte sich den Schaum von der Oberlippe. »Laut Protokoll hat einer der Barkeeper Denise gesehen, als sie kurz vor zwei Uhr früh mit einem Typen hinausging. Er erinnerte sich an sie, weil sie eines der wenigen Mädchen aus der harten Szene war, die sie hereinließen. Über den Mann konnte er nur sagen, daß er seriös aussah und älter war als sie. Der Zeitrahmen paßt zu der Todeszeit, die der Leichenbeschauer geschätzt hat: zwischen zwei und vier Uhr morgens. Der hat übrigens auch Kokain und Alkohol in ihrem Blut gefunden.«
»Viel?«
»Genug, um ihr Urteilsvermögen zu mindern, wenn sie überhaupt eins hatte, was ich bezweifle bei einer Frau, die sich mitten in der Nacht allein in so einer Gegend herumtreibt.«
»Ihre Vermieter sagen, sie sei sehr intelligent gewesen und hätte an ihrem Doktor in Biomathematik gearbeitet.«
»Intelligent, mag ja sein, aber blöd war sie trotzdem. Der eigentliche Tatort war in einer Seitenstraße ein paar hundert Meter vom Club entfernt, in ihrem kleinen Mazda. Die Schlüssel steckten noch im Zündschloß.«
»Sie ist in ihrem Wagen ermordet worden?«
»Ja, auf dem Fahrersitz, nach den Blutspuren zu urteilen. Danach fiel sie quer über die Vordersitze. Die Leiche wurde kurz nach Sonnenaufgang von Textilarbeitern gefunden, die auf dem Weg zur Frühschicht waren. Blut war aus dem Wagen getropft und hatte eine Pfütze gebildet. Die Pfütze war es, die die Arbeiter aufmerksam machte.«
Der Kellner brachte Milos Erbsensuppe und wartete, während er probierte. »Köstlich«, sagte Milo. Der Kellner nickte und verschwand.
Milo aß noch zwei Löffel voll, leckte sich die Lippen und sprach durch den Dampf, der von seinem Teller aufstieg.
»Das Verdeck des Mazda war zugeklappt, aber es hatte kein Blut auf der Innenseite. Man nimmt deshalb an, daß das Verdeck offen war, als es passierte. Die Verteilung der Blutspuren deutet darauf hin, daß der Täter neben dem Wagen gestanden haben muß, auf der Fahrerseite, etwa einen halben Meter hinter ihr. Von dort hat er ihr auf den Kopf geschlagen. Nach den Schädelverletzungen zu urteilen, war sie danach bewußtlos, vielleicht sogar tot. Dann schnitt er ihr mit irgendeiner Klinge die Luftröhre und die Halsschlagader durch. Und anschlie ßend vergewaltigte er sie mit einem Stück Holz.«
»Das klingt nach einem Verrückten, oder?«
»Vielleicht. Oder jemand, der seine Sache sehr gründlich macht. Jedenfalls hatte er Nerven genug, am Ende das Verdeck zuzuklappen.«
»Hat man sie in dem Club mit irgend jemand tanzen gesehen?«
»Darüber steht nichts im Protokoll. Der Barmann hat sie nur herauskommen sehen, weil er zufällig für eine Zigarette nach draußen gegangen war.«
»Er stand nie unter Verdacht, oder?«
»Nein. Eins steht fest, Alex: Der Mörder war mit der Absicht zu töten unterwegs - denk nur an all die Tatwerkzeuge.
Wir haben es mit einer Art Raubtier zu tun, jemandem, der das Viertel durchstreift und den Club belauert, weil er weiß, daß sich dort viele Frauen aufhalten. Er wartet, bis er sieht, auf was er aus ist. Eine Frau ohne Begleitung, vielleicht von bestimmtem Aussehen. Und der offene Wagen in einer verlassenen Seitenstraße muß ihn noch zusätzlich verlockt haben .
..«
Er widmete sich wieder seiner Suppe.
»Sie scheint reichlich Geld gehabt zu haben«, warf ich ein, »sogar nachdem sie ihren Job aufgegeben hatte. Denkst du da nicht automatisch an Erpressung, zumal sie auch noch ihren Kokainkonsum zu finanzieren hatte? Vielleicht ist sie neugierig geworden, als ihr auffiel, daß das eine Jones-Kind gestorben war und das zweite regelmäßig mit unerklärlichen Beschwerden ins Krankenhaus eingeliefert
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