Exit
gesagt. Sie schlug mir halb im Scherz vor, ich solle einen Blick in ihren Kühlschrank werfen.«
»Warum nicht? Als Psychologe wirst du schließlich dafür bezahlt, deine Nase in alles zu stecken. Du brauchst nicht einmal einen Durchsuchungsbefehl.«
Auf dem Heimweg hielt ich an Ashmores Haus. Ich war neugierig, ob Hünengart sich noch einmal hatte blicken lassen, und wollte sehen, wie es der Witwe ging. Ich klingelte, doch offenbar war niemand zu Hause.
Ich ging zu meinem Wagen zurück, drehte das Radio laut und schaffte es, während der ganzen Fahrt nach Hause nicht ein Mal an Tod oder Krankheit zu denken. Ich hörte meinen Antwortdienst ab. Ruth ließ mitteilen, sie würde gegen sechs wiederkommen. Die Morgenzeitung hatte sie, wie immer, säuberlich gefaltet auf meinem Eßtisch hinterlassen. Ich dachte an Dan Kornblatts gereizte Bemerkung morgens in der Cafeteria. Ich blätterte also die Zeitung noch einmal durch. Was konnte er wohl gemeint haben? Auf der ersten Seite war nichts, auch nicht im Lokalteil, doch von der zweiten Seite des Wirtschaftsteils sprang es mich an: PRIVATE GESUND- HEITSPFLEGE: GEDÄMPFTE ERWARTUNGEN. Der Autor argumentierte, daß Krankenhäuser, als gewinnorientierte Unternehmen betrieben, keineswegs die Goldgrube waren, als die sie von Wall Street einst propagiert worden waren. Er stützte seine These mit Beispielen von Krankenhäusern und Krankenhausgesellschaften, die bankrott gegangen waren, und mit Interviews mit Verwaltungsexperten aus der Gesundheitsszene. Einer von ihnen war George Plumb, ehemals Geschäftsführer bei MGS - Medizinische Dienste, Pittsburgh, jetzt Geschäftsführer im Western Pediatric Medical Center, Los Angeles.
Pittsburgh? Saßen dort nicht auch die Leute, die die Büche rei mit einem veralteten Computersystem ausrüsten wollten - BIO-DAT? Eine Hand wäscht die andere, dachte ich, und las weiter.
Die meisten Beschwerden der Verwaltungshengste drehten sich um die Einmischung der Regierung und »markthemmende« Gebührenpläne, aber auch um Schwierigkeiten mit Krankenversicherungen, eskalierende Kosten für neue Technolo gien, um die Gehaltsforderungen der Ärzte und Schwestern und um die Entdeckung, daß die Patienten sich nicht immer dem Geschäftsplan entsprechend verhielten.
Plumbs Beitrag zu diesem Klagelied betraf die besonderen Schwierigkeiten in einem innerstädtischen Krankenhaus mit seinen »demographischen Nachteilen und sozialen Proble men, die aus dem Umfeld ins Krankenhaus sickern. Wenn noch rapide verfallender Gebäudebestand bei gleichzeitig sinkenden Einkünften dazukommt, dann könnte der zahlende Kunde oder Versicherer sich eines Tages abwenden von uns als Anbieter der Dienstleistung Gesundheit.«
Als er nach Lösungen gefragt wurde, nannte Plumb »De zentralisierung« als Schlüsselwort der Zukunft.
»Kleinere, leicht zu verwaltende Einheiten, strategisch plaziert in Vorstadtgebieten mit positiven Wachstunisdaten, werden einmal die großen Stadtkrankenhäuser ersetzen. Bevor eine solche Umstrukturierung jedoch in Angriff genommen werden kann, sind sorgfältige Wirtschaftlichkeitsanalysen durchzuführen«, warnte er. »Und dann gibt es noch außerfinanzielle Aspekte. Viele der etablierten Institutionen genießen ein hohes Maß an Loyalität bei denen, die sich nach der guten alten Zeit zurücksehnen.«
Das klang verdächtig nach einem Testballon. Die öffentliche Meinung sollte auf die Radikaloperation vorbereitet werden: den Verkauf des »rapide verfallenden Gebäudebestands« und den Umzug in ruhigere Gefilde irgendwo in den grünen Vorstädten.
Sicherlich war Plumb nur als Sprecher vorgeschoben worden. Vorgeschoben von dem Mann, den ich gegenüber Milo als Auftraggeber eines bezahlten Killers und als Komplizen von Kindesmißhandlern in Betracht gezogen hatte.
Ich erinnerte mich, was Stephanie über Chuck Jones' Laufbahn erzählt hatte. Vor seiner Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden hatte er das Vermögen des Krankenhauses verwaltet. Wer könnte besser über den Wert der Grundstücke Bescheid wissen als der Mann, der die Bücher geführt hatte?
Hatte die katastrophale Finanzlage des Krankenhauses vielleicht noch andere Gründe als »demographische Nachteile« und »sinkende Einkünfte«? Hatte Jones das Vermögen der Klinik auf einen Punkt herabgewirtschaftet, wo zur Deckung der Verluste, die er verschuldet hatte, ein saftiger Immobilienverkauf nötig war, für den er auch noch eine gesalzene Provision kassieren würde?
…
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