Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)
hier war mir mein Vater ein großartiger Lehrmeister, mein Geliebter in Gedanken, mein erster Mann. Er war unzuverlässig und schillernd, entzog sich, tauchte auf, ließ mich warten, ließ mich hängen, verriet mich am Ende seines Lebens sogar. Der Mann, den ich lange Zeit am meisten geliebt hatte. Für den ich schön sein wollte, damit er mich genauso oder am besten noch mehr zurückliebte.
Mein Vater verließ uns
– mich – dann nach sieben Jahren »Ehe« und wurde nun endgültig zum ewigen Sehnsuchtsobjekt. Er fehlte mir zeitweilig so sehr, dass es wehtat. Wie oft hatte er versprochen, mich abzuholen, und ich saß und wartete stundenlang auf der Treppe vor seinem Haus. Er war unglaublich unzuverlässig und mal so, mal so. Und ich liebte ihn nach wie vor bedingungslos. Woher ich meine Neigung zu den eher wilderen Kerlen habe, weiß ich jedenfalls … Und auch, warum ich mich so schlecht auf einen Mann einlassen, ihm vertrauen kann. Ich kann mich zwar mit Haut und Haaren in eine Beziehung fallen lassen, aber vertrauen? Nicht so einfach.
Mein Vater war sich selbst immer am nächsten. Immer hielt er die Fahne so in den Wind, wie es gerade passte, und verschwand einfach, wenn ihm eine Situation unangenehm wurde. Streit gab es nie, er war einfach weg. Und wie er herummanipulierte. Oft hieß es: »Die Mama erlaubt das und das nicht …«, und ich bekam eine Wut auf sie, weil sie immer so streng war. Er würde mir ja eigentlich alles erlauben. (Das tat er auch.) Kaum stand er dann wieder vor meiner Mama, änderte er seine Meinung und behauptete das Gegenteil. Hauptsache, er kam gut aus der ganzen Sache heraus. Damals habe ich ihm das alles, seine Unzuverlässigkeit und seine Meinungsverdreherei, nachgesehen. Heute bin ich sehr empfindlich mit Fähnchenschwenkern.
Anna: Es ist erstaunlich, welche Lebenskraft in dir steckt und wie du alle Hürden, die dir von früh an in den Weg gelegt wurden, gemeistert hast. Du bist immer wieder beharrlich über alle hinweggestiegen und hast dich von nichts und niemandem beirren lassen.
Uschi: Ich habe früh gelernt, dass es besser für mich ist, wenn ich bei mir bleibe. Vielleicht kommt auch aus dieser Zeit, dass ich durch alle Situationen, die guten wie die schlechten, ganz intensiv durchgehen muss. Themen, bei denen jeder andere schon längst durch ist, an denen bin ich noch immer dran.
Die Scheidung von meinem Vater war für meine Mutter, die im Gegensatz zu ihm ja viel zurückhaltender und auch in gewisser Hinsicht biederer war, von Anbeginn der ganzen Geschichte unausweichlich. Ich glaube, es hat ihr damals das Herz gebrochen oder zumindest ein gutes Stück herausgerissen. Sie war aber ein Mensch, der darüber nicht sprach, sondern dichtmachte. Nur einmal, da hat sie geschrien. Wie ein verwundetes Tier. Sie war gerade aus dem Krankenhaus gekommen, wo sie sich wegen eines Kropfs operieren lassen musste. Als sie heimkam, sagten ihr die Ärzte, sie dürfe die ersten Tage auf gar keinen Fall sprechen, weil der Hals erst einmal ausheilen musste. Leider erfuhr sie just in dem Moment ihrer Rückkehr, dass ihr Max nichts Besseres zu tun gehabt hatte, als mit einer anderen ins Bett zu steigen, während sie im Hospital war. Den Schrei, den meine Mutter in ihrer ganzen Stimmlosigkeit da ausstieß, den werde ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen.
Als er ging, entstand für mich eine regelrechte Sehnsuchtsspirale, weil er eben einfach nicht für mich da war. Dafür für alle die anderen schönen Frauen, die ihn in wechselnder Besetzung begleiteten. Im Inneren trieben mich aber bedrückende, den Atem abschnürende und unglaublich wütend machende Gedanken um. Und ich fragte mich ständig: »Habe ich etwas falsch gemacht, dass er uns verlassen musste? Bin ich schuld?«
In der Pubertät habe ich dann langsam auch diesen »Granaten«-Dreh rausbekommen und mir genau abgeschaut, wie das funktioniert. Vorbilder brachte mein Vater ja ständig mit. Er hat mich auch schon sehr früh wie eine Erwachsene behandelt, gab mir Whisky und nahm mich in Clubs mit. Dadurch, dass er da so liberal war, bin ich nie so aufs Trinken gekommen, glaube ich. Zum einen war es erlaubt, zum anderen hat es mir überhaupt nicht geschmeckt. Ich habe nur mitgemacht, weil das cool war, mir aber eigentlich eine Limonade gewünscht. Dafür gab es dann später andere Drogen …
Wenn wir unterwegs waren in den Schwabinger Clubs, hat er oft so getan, als ob ich seine Freundin bin. Das fand ich damals toll und hat mir
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