Expedition ins Paradies
offensichtlich hatte er es bei seiner neuen Flamme auch nicht gefunden. Er hatte seine neue Liebe ebenso unbekümmert verlassen wie die Frau, mit der er zwei Wochen verlobt gewesen war.
Vielleicht lag es an ihm. Möglicherweise war er zu einer dauerhaften Beziehung einfach nicht fähig.
Dennoch war er zurückgekommen.
Warum? Weil er gemerkt hatte, dass die Kirschen in Nachbars Garten auch nicht süßer waren?
Wahrscheinlich hatte ihr Vater Recht. Tom hatte sich wohl einfach eingeengt gefühlt, und die Vorstellung zu heiraten hatte bei ihm eine Panikreaktion ausgelöst. Anscheinend hatte er einfach nur für eine Weile Atem schöpfen müssen, um sich wieder zu fangen. Das hatte er bei einer anderen Frau getan, die ihm nichts bedeutete, obwohl er ihr das Gegenteil versichert hatte. “Ich habe das nicht gewollt, Beth … es hat mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen”, hatte er damals gesagt.
Es musste nackte Begierde gewesen sein, eine leidenschaftliche Affäre, die nicht von Dauer hatte sein können und nichts mit tiefen, dauerhaften Gefühlen zu tun hatte. Falls es bei Tom so etwas überhaupt gab.
Elizabeth erschauerte. Dachte er wirklich, sie würde ihm eine zweite Chance geben?
Spielte er deshalb die vertraute Melodie? Um sie, Elizabeth, an ihre romantischen Abende zu zweit zu erinnern? Um sie einzulullen, sie dazu zu bringen, ihren Widerstand aufzugeben?
Wenn Tom Scanlon sie mit Serenaden zu bezirzen versuchte und hoffte, sie würde ihm verzeihen und zu ihm zurückkehren …
Wütend versuchte Elizabeth, die Tränen fortzublinzeln. Dafür ist es zu spät, Toni. Sie hielt sich die Ohren zu, um die gefährlichen Klänge nicht zu hören, die vom Lagerfeuer zu ihr drangen. Ich könnte dich nie wieder aufnehmen, Tom, dir nie wieder vertrauen!
Schließlich zog Elizabeth sich den Schlaf sack über den Kopf und summte ein Lied, um Tom aus ihren Gedanken zu verbannen.
Als sie sehr viel später endlich einschlief, waren ihre Wangen immer noch tränenfeucht.
7. KAPITEL
“He, Liebling, wenn du in diesem Tempo weitermachst, bist du fertig, ehe wir die Schlucht erreichen”, warnte Tom.
Elizabeth blickte kurz über die Schulter zurück, ging jedoch keineswegs langsamer. “Hast du Mühe, mit mir Schritt zu halten?” erwiderte sie forsch und überhörte bewusst das Kosewort.
Es bedeutete nichts und war ihr immer noch lieber als “Beth”, das ihr viel zu persönlich war.
Tom hatte kein Recht, sie so zu nennen. Jetzt nicht mehr.
“Ich bin nur vernünftig”, brummelte Tom. “Du nicht. Höchste Zeit, dass du mal eine Verschnaufpause einlegst. Außerdem solltest du etwas trinken. Ich möchte dich nicht tragen müssen, wenn du zusammenklappst.”
“Ich breche schon nicht zusammen”, rief Elizabeth zurück. “Und ich habe zwischendurch immer wieder einen Schluck aus der Feldflasche getrunken.” Schließlich war sie kein Dummkopf. Dennoch musste sie sich schuldbewusst eingestehen, dass sie trotz allem längst nicht genug Flüssigkeit zu sich genommen hatte. Sie hatte einfach keine Zeit verlieren wollen.
“Na komm schon, mach endlich Pause, und trink mal richtig, Elizabeth”, beharrte Tom. “Ich weiß, dass du versessen darauf bist, zur Schlucht zu kommen, aber hier draußen im Busch und erst recht bei dieser Hitze musst du vorsichtig sein.”
“Also gut”, gab Elizabeth nach und blieb stehen. Insgeheim war sie froh über die Atempause.
Tom hatte Recht. Bei dem schwülheißen Klima, mit einem schweren Rucksack bepackt, Kamera und Wasserflasche um den Hals und dem beschwerlichen Marsch über holprige Buschpfade würde sie schlappmachen, wenn sie die Dinge nicht etwas lockerer anging.
Es war richtig gewesen, die unhandliche Mappe mit dem Wasserfarbenpapier und die Aquarellfarben heute nicht mitzunehmen und sich nur mit Skizzenblock und Kamera zu bewaffnen.
Während Elizabeth einen großen Schluck aus ihrer Feldflasche trank, holte Tom einen Müsliriegel aus dem Rucksack und biss hinein. “Du solltest auch etwas essen”, riet er zwischen zwei Bissen. “Das hält dich bei Kräften.”
“Mir geht’s prima. Ich brauche nichts.”
“Iss etwas!” befahl Tom. “Wir marschieren erst weiter, wenn du dir eine kleine Stärkung gegönnt hast.”
Aufsässig sah Elizabeth ihn an. “Ich habe nicht geahnt, was für ein Nervtöter du sein kannst”, murrte sie und ärgerte sich über sich selbst, weil sie die Vergangenheit wieder ins Spiel gebracht hatte. Dennoch öffnete sie ihren Rucksack und
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