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Export A

Export A

Titel: Export A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kränzler
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fordere ich Robert Plant erneut zum Singen auf. Seine Stimme klingt großartig. Fast tröstend.

34.
    Manchmal, wenn es zu viel wird, wenn es frei flottiert, wenn sich das Bilderrad wild blinkend von der Beherrschung losreißt und mich zu überrollen droht, dann –
    Wenn ich die Körper, seinen und meinen, von Neuem sehe. Alte, aus dem harten Holz meines widerspenstigen Lebens heraus geschnitzte Figuren, von denen der Lack nicht abblättern will, dann –
    Ich sehe sein Gesicht. Jede Erhebung, jede Vertiefung. Fratze für die Ewigkeit. Sein Körper, erinnert und verinnerlicht. Das Kreuz meines Lebens, das ich trage, herumschleppe, das an mir haftet, klebt und stinkt.
    Gestank, Geruch, Geschmack betäuben Nase und Zunge, kriechen in Höhlen und unter zitternde Nasenflügel. Lippen, Nasenflügel, alles bebt. Ängstlich, weinerlich, ärgerlich.
    Der Gestank, sein Gestank, bleibt hartnäckig, verfliegt nicht, verflüchtigt sich nicht. Verbrennen müsste ich meine Gedanken. Den Schädel wie einen Hut abnehmen ⁠… Ihn wie einen löchrigen Fußball vor mir her zur nächsten Müllhalde treten. Wie gerne würde ich den Kopf und das verdammte Karussell in ihm, dessen Pferdchen Kyles Schwanz zwischen den Hinterläufen trägt, zurücklassen. Einfach zurücklassen, vergessen, vernichten. Für immer.
    Ich lasse mich auf den Matratzenturm fallen, blind und losgelöst von allem. Die Matratze verliert ihre widerliche Wattigkeit, wird sandig, quarzig, pyramidenfarben. Die Würfelwände meines Zimmers klappen auf und geben mich dem Himmel frei. Dem Himmel über meiner Wüste, deren Dünenschatten mich bergen und be­wahren. Hier bin ich das einzige Wesen. Endlich gibt es nichts zu fürchten.
    Der weiche Sand federt mich ab und schenkt mir einen kurzen Moment der Schwerelosigkeit. Im Nu entschlüpfe ich mir, entschwebe meinem Körper, mache mich los und sehe mich entkommen in die Weite.
    Das Bilderrad bleibt zurück. Blicke und Worte treffen mich nicht mehr. Ich lege mich auf den Wind und zeichne meine Geschichte aus der Vogelperspektive.

35.
    In einem weißen Trailer mit türkisgrünen Fensterrahmen. Das Telefon klingelt. Eine etwa 65-jährige Frau indianischer Abstammung fordert ihre Adoptivtochter zum Rangehen auf. Das Mädchen galoppiert über den schmalen Gang in die kleine Küche und reißt den Hörer von der Gabel.
    Das Flackern des Fernsehers taucht den Couchtisch und die ältere Indianerdame in blaues, kaltes Licht. Es fällt auf eine weiß lackierte Tür, hinter der sich eine etwa 4 Quadratmeter große Kammer verbirgt. In dieser Kammer liegt ein etwa 16- oder 17-jähriges Mädchen auf einem Kinderbett. Ihre Füße wandern die Tapete auf und ab. In der Hand hält sie ein Glas, welches zur Hälfte mit einer weißen Flüssigkeit gefüllt ist.
    »Liiisaaah!«, schreit es aus der Küche.
    » LIIIISAAAAH!!!! «
    »What is it?«, tönt es aus der Kammer.
    »Teeelephoooooone!«
    Das 16- oder 17-jährige Mädchen kommt aus der Tür.
    Sie hat schulterlanges, mahagonifarbenes Haar. Die dunklen, an den Enden gelockten Strähnen fließen über das royalblaue Baumwollshirt auf einen sonnengelben, in Brusthöhe gelegenen Schriftzug. Der Komplementärkontrast lässt die vier Druckbuchstaben strahlen, die gemeinsam das Wort » FUCT « bilden. Das Tragen dieses Kleidungsstücks ist an öffentlichen Schulen untersagt.
    Das kleine, schreiende und das große, herbeigeschriene Mädchen stehen einander in der Küche gegenüber.
    »Who is it?«, fragt die Große, während sie der Kleinen den Hörer abnimmt.
    »It’s a booohoooy!«, hechelt diese aufgeregt.
    Ein skeptischer Ausdruck fliegt über das blasse Gesicht der Großen. Sie drückt sich den Plastikknochen ans rechte Ohr.
    »Hallo?«
    »Hey Lis’.«
    Die Mundwinkel des Mädchens schnellen nach oben. Plötzlich ist sie hellwach.
    » JOSH ! Hold on a sec!«
    Ein roter Hauch zieht über ihr Gesicht. Sie presst den Hörer gegen die Brust und zischt: »Kim. Kim! Listen! I need you to leave me alone now, ok?«
    »But –«
    »Come on, be a good girl!«
    »I –«
    »I’ll take you to DJ ’s ⁠… I’ll buy you a soda! But you’ve got to leave now, ok?«
    »What kind of soda?«
    »Whichever one you like!«
    »And Marshmallows?«
    »And Marshmallows!«
    »Promise?«
    »Promise!«
    Die Kleine trottet ins Wohnzimmer. Die Große atmet erleichtert auf und setzt ihr Gespräch fort.
    Einige Stunden später.
    Die Straßenlaternen brennen. Weiß und Türkisgrün des Trailers sind in helle und dunkle

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