Extra scha(r)f
ihm von dem Videoband mit Blaize erzählt habe? Ganz richtig. Er riet mir, daraus Kapital zu schlagen und es an die Boulevardpresse zu verkaufen. Je länger ich darüber nachdenke, umso sicherer bin ich mir, dass Daniel der Dieb ist.
Als ich dahinter kam, dass Karl ein doppeltes Spiel trieb, war ich zwar enttäuscht, aber ich fühlte mich nicht betrogen. Bei Daniel verhält sich das völlig anders. In den letzten drei Jahren haben wir uns immer gegenseitig gedeckt und uns unzählige Male gegenseitig den Arsch gerettet - wir haben gelernt, einander zu vertrauen. Darum fühle ich mich jetzt betrogen.
»Ich weiß, wer das Band hat. Daniel«, sage ich zu Sasha, als wir unseren Kaffee ausgetrunken haben.
»Im Ernst?« Sie macht ein überraschtes Gesicht. »Aber ihr seid doch eng befreundet.«
»Seit ich Managerin bin, ist Daniel so komisch zu mir.«
»Tut mir Leid, Charlie, wenn ich dir das sagen muss, aber das glaubst du nur, weil ich dir gesagt habe, dass alle dich hassen. Das war vielleicht ein klein wenig übertrieben. Eigentlich war es sogar stark übertrieben, weil bestimmt nicht jeder ... Na schön, ich gebe zu, ich habe dich gehasst, aber jetzt nicht mehr, weil -«
Ich hebe die Hand, um sie zu unterbrechen. Sasha ist mir keine Erklärung schuldig. Ich weiß, dass sie nur ausfallend wurde, weil sie innerlich zutiefst verletzt war. Aber jetzt ist sie hier bei mir, und das ist alles, was zählt.
»Weißt du, ich habe dich noch nie heulen sehen«, sagt sie, womit sie sich auf den Zustand bezieht, in dem ich war, als wir hier ankamen. »Du bist sonst immer so ... ich weiß auch nicht ... so beherrscht. Damit hast du immerhin bewiesen, dass du auch eine menschliche Seite hast.«
Für was hält Sasha mich eigentlich? Für einen Roboter? Ich spüre, wie mir wieder die Tränen kommen, aber ich will verdammt sein, wenn ich hier den ganzen Tag herumflenne.
»Hier«, sage ich und blinzle, um die Tränen in Schach zu halten. »Deine Videokassetten. An deiner Stelle würde ich sie vernichten.«
»Keine Angst, das gibt ein schönes Feuer.«
Sobald die Kassetten verbrannt sind, wird sich die Sache erledigt haben. Jedenfalls für Sasha. Leider haben sich meine Probleme dadurch nicht erledigt.
Als könnte Sasha meine Gedanken lesen, fügt sie hinzu: » Und mach dir wegen Jamie keine Gedanken, Charlie. Er ist eben so, wie er ist. Er wird sich wieder einkriegen.«
Ihr Optimismus ist geradezu bewundernswert, und ich wünschte, ich könnte ihn teilen. Aber ich kann nicht.
»Ich rufe dich heute Abend an«, verabschiede ich mich und verlasse das Lokal.
»Was ist das denn?«, entfährt es mir, als ich unser Wohnzimmer betrete.
»Ist wunderschön, nicht?«, erwidert Dad stolz. »Das ist ein Monstrum.«
Ich blicke auf den neuen Breitbildfernseher, der gut ein Viertel des Wohnzimmers beansprucht, sodass für das restliche Mobiliar nicht mehr viel Platz bleibt. Dagegen sieht der Fernseher in Jamies Büro wie ein tragbares Campinggerät aus.
»Die Bild ist sagenhaft. Schau selbst.« Dad drückt daraufhin eine Taste der Fernbedienung, und der Fernseher geht an.
»Aaggh!«, schreie ich und mache vor Schreck einen Satz rückwärts. Eine griechische Matrone in Schwarz füllt den Bildschirm aus. Sie sieht mindestens doppelt so breit aus wie in der Realität. Wahnsinn, das Bild ist wirklich gestochen scharf, sodass ich jedes einzelne Haar über ihrer Oberlippe erkennen kann.
»Es war höchste Zeit, dass wir endlich bekommen eine anständige Haiteckfernseher«, sagt Dad.
»Hast du gut gemacht, Dad. Aber du hättest einen Haufen Geld sparen können, wenn du stattdessen einfach in ein Kino gezogen wärst.«
»Du machst dich lustig über deine Vater?«
»Gott, nein. Das würde ich nie wagen. Wo ist eigentlich Emily?«
»In ihre Zimmer, wo sie macht ihre Hausaufgabe. Emily ist eine brave Tochter -« Ja, so brav, dass ihr nichts Besseres einfällt, als ungeschützten Sex unter Minderjährigen mit Gott weiß wem zu haben und dich erneut zum Großvater zu machen.
»- Emily später nicht arbeitet in eine Irrenhaus wie seine Schwester. Was nicht stimmt mit diese Zounel«
Diese Frage ist einer der Gründe, weshalb ich meine Rückkehr nach Hause bis neunzehn Uhr hinausgezögert habe. Ich habe den ganzen Nachmittag in diversen Kneipen und Cafés die Zeit totgeschlagen, um Emily (»Hast du dort angerufen! ?«) beziehungsweise meinem Vater (siehe letzte Frage oben) nicht über den Weg zu laufen.
»Hi, Charlotte, du bist ja schon da«,
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