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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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antrat. Und nun habe ich die Aufgabe, Jacqueline irgendwie wieder in die andere Welt zurückzubefördern.
    »Bevor ich Mitglied werde ...«
    Mitglied? Wer hat gesagt, du kannst Mitglied werden?
    »... möchte ich mir gerne das ganze Studio ansehen. Mich interessieren beispielsweise die Umkleideräume«, sagt Jacqueline mit lauter Stimme.
    Oh Gott, was soll ich bloß sagen? Was würde Jamie an meiner Stelle tun? Oder Lydia? Oh Mann, was will ich mit Lydia, ich bin jetzt die Verantwortliche. Denk nach, Charlie. Streng dein Gehirn an. Was würde Daniel wohl tun ... ?
    »Die Umkleideräume«, wiederholt Jacqueline.
    »Sorry«, entgegne ich. »Die Umkleideräume, ja. Die gibt es hier.«
    »Daran zweifle ich auch nicht, aber ich würde sie mir trotzdem gerne einmal ansehen. Bei Cannons - dort war ich Mitglied, bis die mir zu unhöflich wurden - hatten die nämlich nicht einmal ...«
    Ich höre nicht richtig zu. Ich muss diese Frau unbedingt wieder loswerden. Erneut werfe ich verstohlen einen Blick zu Daniel, der nach wie vor das Ebenbild von Nelly zulabert, um die Mitgliedschaft/seine Person an den Mann zu bringen. Und ich spähe heimlich auf die Uhr. Jennas Kurs beginnt in wenigen Minuten, und ich sitze hier fest, buchstäblich eingezwängt von Jacqueline.
    »Ich schlage vor, Sie setzen sich in die Bar und lesen in aller Ruhe unsere Broschüre«, sage ich in der Hoffnung, dass Jacqueline, wenn sie die saftigen Mitgliedsbeiträge und (viel wichtiger) die durchtrainierten Körper in Hochglanzoptik sieht, den Wink mit dem Zaunpfahl versteht.
    »Aber ich möchte mich nicht in die Bar setzen. Ich möchte mich von Ihnen beraten lassen.«
    »Ja, aber in der Bar ist es urgemütlich. Sie können es sich dort richtig bequem machen und kalo ...«
    Oh Gott, sag das nicht!
    Jacqueline sieht mich erwartungsvoll an. Schließlich stecke ich mitten im Satz.
    »... äh ... kalte Erfrischungsgetränke genießen. Sie können gerne den Fahrstuhl nehmen. Ich kann Ihnen zudem unsere Küche empfehlen. Kalo- äh, lokale Küche. Ja, mit lokalen Zutaten in Hülle und Fülle.«
    Was rede ich da? Lokale Zutaten? Etwa Pfirsiche aus den Obstgärten am Leicester Square? Oder Garnelen und Hummer, frisch gefangen in der Kanalisation unter der Shaftesbury Avenue? Oh Mann, das Loch, das ich mir grabe, ist so tief, dass kein Tageslicht mehr nach unten dringt.
    »Versuchen Sie mich auf den Arm zu nehmen?«, fragt Jacqueline.
    »Nein, ganz und gar nicht. Ich wollte nur sagen, dass Sie sich in der Bar einen Eindruck von der Größe des Studios machen können ... äh ... auf die Quadratmeter bezogen ... nicht auf... ahm ...«
    Ich verstumme, und Jacqueline starrt mich an. Gleich darauf reißt sie mir die Broschüre aus der Hand und marschiert zum Fahrstuhl. Ich atme erleichtert auf und ziehe meinen Bauch in die normale Position ein. Während unseres Gesprächs hatte ich ihn die ganze Zeit weit herausgestreckt. Eine unbewusste Solidaritätsbekundung gegenüber Jacqueline, nehme ich an.
    Daniel ist immer noch damit beschäftigt, Nellys Ebenbild tief in die Augen zu schauen. Bestimmt ist der Typ schwul. Pech. Ich will mich gerade zu Jennas Kurs aufmachen, als das Telefon klingelt. Bevor ich abhebe, fällt mir plötzlich wieder ein, wer ich bin. »Kannst du das bitte übernehmen, Daniel?«, fordere ich ihn auf. Er starrt mich an, folgt jedoch meiner Anweisung. Während er sich um den Anruf kümmert, blickt Nellys Ebenbild mich an und schenkt mir ein vierundzwanzigkarätiges Lächeln - wörtlich gemeint, denn in seinem Mund blitzt ein herrlicher Goldzahn auf. »Ein ziemliches Kaliber«, bemerkt er und deutet mit dem Kopf Richtung Fahrstuhl, in den sich Jacqueline gerade hineinzwängt. Maximale Belastung: 10 Personen steht innen auf dem Schild, und ich richte mich seelisch darauf ein, dass ich unter Umständen gleich den Wartungsdienst verständigen muss.
    »Ja?«, entgegne ich und klimpere, hoffentlich nicht übertrieben, mit den Wimpern.
    Er lacht und rückt auf der anderen Seite der Theke zu mir auf. Daniel blickt mit dem Hörer am Ohr zu mir. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich in Bälde unterwegs zur Leichenhalle.
    »Sie sind also die Chefin, wie ich sehe ... Charlotte Chara ...«
    Er konzentriert den Blick auf mein Namensschild - oder ist das ein Vorwand, um mir ungeniert auf die Brüste schauen zu können? Vielleicht muss ich ja mein Bild von Nelly 2 gerade rücken. Vielleicht ist er doch nicht schwul.
    »Sagen Sie einfach Charlie«, bemerke ich mit

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