Extra scha(r)f
ich ernst. Ich will dich ficken. Sofort.«
Okay, selbst wenn ich meinen Ohren trauen kann, dieser Typ kann unmöglich mich meinen! So etwas passiert normalerweise nur Sexbomben, und ich bin keine. Ich besitze nicht annähernd den Sexappeal einer Cameron Diaz. Ich steche nicht sonderlich aus der Masse heraus, ich muss die ganze Zeit den Bauch einziehen, und mein Familienname lautet »Charalambous«. Aber Karl scheint tatsächlich mich zu meinen, da er mir nun tief in die Augen schaut, statt mir lediglich einen flüchtigen Blick von der Seite zuzuwerfen, während er sich mit Cameron Diaz am Nebentisch unterhält. Ich reagiere, wie die meisten Frauen in dieser Situation reagieren würden (abgesehen von den Frauen, die Karl eine knallen und zu ihrer Taschensirene greifen würden). Ich fange nervös an zu kichern, ohne die Augen von ihm lassen zu können.
»Sofort«, wiederholt er sehr, sehr eindringlich.
Also sage ich -
Darf ich vielleicht an dieser Stelle ein paar Dinge klarstellen?
• Eigentlich gehöre ich nicht zu den Frauen, die sofort mit jedem fremden Kerl ins Bett steigen, wenn sie darum gebeten werden.
• Eigentlich gehöre ich nicht zu den Frauen, die in der Mittagspause einen Quickie schieben.
• Nicht einmal in einer festen Partnerschaft.
• So eine bin ich nicht.
• Ehrlich nicht.
Also sage ich: »Wo?«
Was so viel heißt wie »Ja«.
»Komm mit«, entgegnet Karl, nimmt meine Hand und zieht mich hoch auf die Beine. Und ich - verflucht - lasse es zu.
Aber ... Aber, nun, Sie können sich einfach kein Bild davon machen, wie scharf dieser Typ ist. Allein schon seine Stimme! Wie Barry White - man muss sich das »Walrus of Love« nur mit ausgeprägten Wangenknochen und prächtigen Muskeln (oh, und natürlich lebendig) vorstellen, dann hat man schon ein ziemlich genaues Bild. Karl bahnt sich langsam einen Weg durch den Qualm, das Gelächter, die Gläser in den Händen von Leuten, die frühestens heute Abend ihren sexuellen Trieben frönen werden, und wir erreichen eine Tür am anderen Ende der Theke. Karl öffnet sie und zieht mich hinter sich her. Jetzt stehen wir in dem dunklen Treppenhaus, durch das man zu den Toiletten und der Küche im Untergeschoss gelangt, und ich frage mich unwillkürlich - wobei ich mein Herz laut klopfen höre ob Karl wie Daniel eine Besenkammer im Sinn hat. Offenbar nicht, denn wir sind jetzt im Untergeschoss und Karl schleift mich durch den ganzen Flur nach hinten zu den Toiletten. Ich denke Oh Gott, bitte nicht das Klo - ich kann das nicht auf einem öffentlichen Klo . Wir gehen jedoch an der Tür mit dem Männekensymbol ohne Zöpfe vorbei, auch an der mit dem Männekensymbol mit Zöpfen. Gleich darauf bleiben wir vor der nächsten Tür stehen mit einem ... Ist das ein Rollstuhlsymbol? Ich frage mich, ob sich der Besitzer dieses Ladens vorher überlegt hat, wie ein Gehbehinderter die steile, schmale, schlecht beleuchtete Treppe herunterkommen soll, aber ich komme nicht weiter zum Nachdenken. Karl stößt die breite Toilettentür auf und zieht mich hinein. Während er die Tür hinter uns verriegelt, sehe ich mich um. Die Toilette ist recht groß. Und - was in einer Kneipe in Soho selten der Fall ist - sauber. Und was noch seltener ist (ich kann nicht glauben, dass mir das in diesem Moment auffällt), es gibt Klopapier. Die Rolle ist noch voll was nicht weiter überrascht. Eine Behindertentoilette am Ende einer Treppe? Ich wette, seit der Eröffnung der Kneipe hat es kein einziger Gehbehinderter dorthin geschafft.
Karl dreht sich um, und wir starren uns an. Durch die Stille wird mir bewusst, dass ich keuche. Kommt das von dem hektischen Aufbruch ins Untergeschoss? Oder liegt das an meinem schlechten Gewissen, zumal mir gerade einfällt, dass es sich nicht schickt, Einrichtungen für Behinderte zu blockieren (zum Beispiel wie mein Vater, der kein Problem damit hat, sich vor dem Supermarkt auf einen Behindertenparkplatz zu stellen)? Oder liegt das daran, dass ich es kaum erwarten kann? Karl packt mich, zieht mich an sich heran und küsst mich, und ich muss zugeben, dass ich noch nie in meinem Leben so scharf auf einen Mann war ... Außerdem höre ich Karl ebenfalls keuchen.
Der Kuss hält an ... immer noch ... immer noch. Letztendlich unterbrechen wir ihn nur, weil uns beiden bewusst wird, dass wir anderenfalls ersticken und niemals zu dem kommen würden, weswegen wir ursprünglich nach unten gegangen sind. Karl dreht mich um, und ich verliere das Gleichgewicht. Ich kann
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