Extra scha(r)f
Hause zu eilen und auf Bens Anruf zu warten. Es scheint ihr überhaupt nichts auszumachen, dass ihre Karriere auf Eis liegt. Ihr Liebesleben nimmt sie voll und ganz in Anspruch, und alles andere zählt nicht mehr.
»Du weißt doch, wie viel Pech sie immer mit den Männern hatte«, nehme ich Sasha wieder mal in Schutz. »Kannst du dich denn gar nicht für sie freuen, dass sie endlich den Richtigen gefunden hat?«
»Ja, ja, ich freue mich für alle. Du hast deine Beförderung, Sasha hat ihren Traummann, echt klasse. Wir im Zone sind eine große, glückliche Familie. Hurra, verdammt.«
Meine Paranoia meldet sich wieder. Daniel hasst mich also doch, weil ich Lydias Nachfolge übernommen habe, jetzt weiß ich es. Offenbar ist an Lydias spitzer Bemerkung etwas dran. Obwohl ich mich wirklich sehr bemühe, nicht den Chef raushängen zu lassen - mit anderen Worten: nicht wie Lydia zu sein -, werden mich alle irgendwann hassen, und mein bester Freund macht den Anfang.
Das ist zu viel für mich. Wir müssen darüber reden. Sofort.
»Daniel, können wir ...«
Ich verstumme wieder, weil ich einen Kloß im Hals habe. Ich muss ihn herunterschlucken. Ich darf nicht anfangen zu heulen. Ich muss mit Daniel ein vernünftiges Gespräch wie unter Erwachsenen führen. Das Einzige, was zählt, ist, mit Menschen, die einem am Herzen liegen, im Reinen zu sein, und dazu gehört auch ein offenes und ehrliches Gespräch.
Ich versuche es erneut. »Daniel ... äh, ich ...«
Und verstumme erneut.
»Oh Gott«, stößt er aus. »Ich habe dich mit meiner Bemerkung getroffen, nicht? Komm mal her.« Er zieht mich an sich und drückt mich so fest, dass ich keine Luft bekomme. »Tut mir Leid. Du darfst nicht alles ernst nehmen, was ich so sage. Ich bin heute Morgen mit dem falschen Bein zuerst aufgestanden. Wieder Freunde?«
»Freunde«, wiederhole ich erleichtert.
Ich wusste, ich würde das wieder hinbekommen. Mit einem offenen und ehrlichen Gespräch. Das funktioniert immer.
»Und, willst du denn gar nicht wissen, wie das Meeting war?«, frage ich.
»Schätzchen, was könntest du mir noch erzählen, was ich nicht bereits von Jerry weiß«, erwidert Daniel mit gespieltem Gähnen.
»Wer zum Teufel ist Jerry?«
»Der Regisseur, Dummerchen. Mit dem du gerade eine Stunde lang in dem Meeting warst.«
Das muss wohl der sein, von dem ich dachte, er heißt John ... oder Jack. Mir ist schleierhaft, wie Daniel das macht. Kommt es überhaupt jemals vor, dass er länger braucht, um mit jemandem intim zu werden, als ein Ei zu kochen?
»Was hat er dir erzählt?«, will ich wissen.
»Du meinst wohl, was ich ihm nicht erzählt habe ... Ich habe ihn in die Mile High Club Lounge gebracht, um ihm die verschiedenen Möglichkeiten zu zeigen, wie man den Raum nutzen kann ... Bloß für den Fall, dass er mal einen Porno drehen will.«
»Du hast es wirklich getan? Mit dem Regisseur? Der sieht aber gar nicht schwul aus.«
»Was erwartest du denn, Charlie? Schnauzer sind zusammen mit den Village People aus der Mode geraten.«
»Ich wünschte, jemand würde das Dinos Mutter einmal sagen.«
Dino.
Uber ihn wurde gestern kaum ein Wort verloren, nachdem wir wieder zu Hause waren. Ich bin mir sicher, dass zwischen Emily und Dino irgendetwas läuft. Ich weiß nur nicht genau, was. Nur ein harmloser Flirt? Mit ein bisschen Herumknutschen? Irgendetwas ist da bestimmt gelaufen, warum hätte Dino mir sonst geraten, mit Emily zu reden? Ich hätte es aus ihr herausgequetscht, hätte sie nicht die ganze Zeit bis zum Schlafengehen an Dads Seite geklebt. Aber ich werde sie mir schon noch vorknöpfen. Als Dad mich gestern Abend beiläufig fragte: »Und, du willst wieder sehen Dino?«, begnügte ich mich mit einem Lächeln und einem Achselzucken und zwinkerte meiner Schwester vielsagend zu. Sie blickte mich entsetzt an und versteckte sich hinter Dad, der den Umstand, dass ich keine Widerrede gab, als eindeutiges Zeichen wertete, dass ich in Dino verliebt bin. Mein Vater machte den ganzen restlichen Abend ein selbstzufriedenes Gesicht. Aber wissen Sie was? Ich auch. Denn wenn sich nämlich herausstellt, dass mein zukünftiger Ehemann ein Kinderschänder ist - und zwar einer, der sich an Dads kostbarer englischer Rose vergriffen hat dann wird die geplante Hochzeit sicherlich sofort abgeblasen. Oh Mann, ich kann wirklich ein hinterhältiges Luder sein ... Aber wenigstens wird das meinen Vater lehren, sich nie wieder in mein Leben einzumischen.
»Ich könnte ihr meinen
Weitere Kostenlose Bücher