Extra scha(r)f
schickt sich nämlich an zu gehen. Oh nein , Sasha will ebenfalls aufbrechen. Weil sie mit Karl verabredet ist. Fuck. Ich bin völlig konsterniert und bringe kein Wort heraus, während Sasha und Jenna mir Küsschen zuwerfen und die Bar verlassen. Ich muss mich zusammenreißen. Denk nach, Charlie, denk nach.
Okay, als Erstes werde ich mit Daniel reden. Schließlich besitzt er genügend Erfahrung mit komplizierten Ménages à trois oder mehr. Er wird wissen, was zu tun ist. Ja, ich werde tief durchatmen und mich dann zu Daniel aufmachen.
»Wo warst du denn so lange«, fährt Daniel mich an, als ich zum Empfang zurückkehre. »Zehn Minuten, hast du gesagt. Hier war die Hölle los.«
Da das Foyer nun leer ist und auch keine Leichen auf dem Boden liegen, gehe ich davon aus, dass Daniel die Hölle professionell bedient hat. Aber seine Stimmung ist noch genauso düster wie vorhin. »Tut mir Leid, aber du wirst nicht glauben, was ich gerade erfahren habe«, sage ich.
»Wir brauchen unbedingt noch jemanden für den Empfang«, sagt Daniel, ohne auf meine Bemerkung einzugehen.
»Ich werde mit Jamie darüber reden. Aber erst muss ich dir was Wichtiges erzählen. Du wirst es nicht glauben -«
»Später, Charlie. Es gibt etwas Dringendes zu besprechen.« Jetzt klingt er nicht mehr bissig, sondern verlegen. Was hat er? »Wir müssen uns etwas wegen den Batley Weight Watchers einfallen lassen.«
»Den was?«
»Insgesamt fünfundvierzig Frauen. Sie werden um fünf hier zum Aerobic einmarschieren.«
»Sashas Kurs fällt aber heute aus.«
»Ich weiß. Genau das ist das Problem.«
»Moment. Ich verstehe nicht ganz. Wer zum Teufel sind denn überhaupt die Batley Weight Watchers?«
»Eine Gruppe von Frauen aus Batley, die bei den Weight Watchers sind«, erklärt Daniel, wenig aufschlussreich. »Batley ist in der Nähe von Leeds, glaube ich.«
»Und warum kommen die Weight Watchers aus der Nähe von Leeds den ganzen, weiten Weg zu uns?«
»Weil ich sie dazu überredet habe.«
»Und warum?«, frage ich, weil ich überhaupt nichts mehr verstehe.
»Hast du unseren Plan schon vergessen? Wir wollten doch mehr Dicke und Entstellte aufnehmen. Das war sogar dein Vorschlag, wenn ich mich recht erinnere.«
»Ja, aber doch nur Einzelpersonen und nicht gleich fünfzig auf einmal.«
»Also, erstens sind es nur fünfundvierzig -«
Das macht natürlich einen gewaltigen Unterschied.
»- und sie werden auch nur eine Stunde hier sein. Sie machen nämlich einen Tagesausflug nach London und werden direkt von Madame Tussaud‘s kommen. Und danach wollen sie noch ins Theater, also werden sie nicht länger als eine Stunde bleiben. Falls Jamie das mitbekommen sollte, dann sag ihm, dass sie den vollen Tagessatz bezahlt haben plus die Kursgebühr, was ihm mehr als einen satten Tausender einbringt. Das dürfte seine Qualen lindern.«
»Jamie ist unser geringstes Problem. Wir haben niemanden als Ersatz für Sasha. Wann hast du die Reservierung angenommen, Daniel?«
»Vor ein oder zwei Wochen, weiß nicht mehr genau.«
»Und warum hast du mir nichts davon gesagt?«
»Tut mir Leid, aber ich habe es vergessen. Es fiel mir vor zehn Minuten wieder ein, als die Gruppenleiterin mich angerufen hat, um nach der Wegbeschreibung zu fragen.«
»Du hast ihr ja wohl gesagt, dass der Kurs ausfällt?«
»Nein ... Rebecca hat den Anruf entgegengenommen.«
»Scheiße«, fluche ich. Ich sehe auf meine Armbanduhr. 16:35 Uhr. »Hast du dir die Vertretungsliste genommen und herumtelefoniert? Irgendeiner muss doch verfügbar sein.«
Er schüttelt den Kopf.
»Scheiße ...Tja, du wirst sie irgendwie abwimmeln müssen, wenn sie -«
Ich unterbreche mich, weil Jamie sich in diesem Moment dem Empfang nähert.
»Warum machen Sie beide denn so besorgte Gesichter?«, fragt er.
»Ach wo«, entgegne ich eine Spur zu fröhlich. »Wir checken nur gerade den Kursplan.«
»Gut. Heute Abend findet zum ersten Mal das Pole Dancing statt. Wie viele Anmeldungen haben wir denn?«
Ich schaue im PC nach. »Ordentlich. Der Kurs ist ausgebucht.«
In der Tat. Achtundzwanzig Frauen, die sich mit Striptease fit halten wollen.
»Ich wusste, die Idee kommt an«, sagt Jamie mit zufriedenem Gesicht, wobei er wahrscheinlich seinen Gewinn im Kopf überschlägt. Geld, Geld, Geld - Jamies drei Lieblingsworte. Dabei muss ich an die Batley Weight Watchers denken und an Daniels Argument. Das bringt mich auf eine Idee.
»Hauptsache, die Leute kommen zu uns, nicht wahr, Jamie?«, sage ich.
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