Extra scha(r)f
noch parfümierte Liebesbriefe »an meinen geliebten Ben«. Ich fand zwar sein Handy, aber es war ausgeschaltet, und ohne PIN-Code ... na ja. Der Umstand, dass sein Handy ausgeschaltet war, legte natürlich nahe, dass Karl etwas zu verbergen hatte, wie ich fand.
Das Bier wird serviert. Ich nehme einen Schluck und spüre, wie ich sofort ruhiger werde. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, in einer Strandbar auf irgendeiner exotischen Insel zu sitzen und an einem bonbonfarbenen Cocktail mit Wunderkerzen und Papierschirmchen zu nippen. Am weißen Sandstrand staksen Pelikane umher und ...
(r »Bin ich zu spät?« Gemächlichen Schrittes kommt Sasha an den Tisch, und mein Tagtraum verpufft.
»Nein, du kommst genau richtig.«
»Erstaunlich. Ich war mir sicher, dass ich mich verspäten würde. Ich war ewig am Telefon. Ich hing über vierzig Minuten in so einer doofen Warteschleife, ohne dass einer dranging.«
»Wen hast du denn angerufen?«
»Weißt du was? Als ich auflegte, hatte ich das schon wieder vergessen.«
Oh Sasha , denke ich, während sie mir von ihrem Tag erzählt. Sasha strauchelt durch das Leben wie ein Segelboot ohne Segel. Ohne Richtung, ohne Ziel, was sie jedoch nicht im Geringsten zu beunruhigen scheint.
»... außerdem weiß ich immer noch nicht, ob ich bei diesem Wohltätigkeitslauf mitmachen soll. Okay, es ist für einen guten Zweck, aber eine Aufklärungskampagne für Krebs ist im Grunde Zeitverschwendung, wenn du mich fragst.«
»Und warum?«, frage ich. Eigentlich hätte ich Sasha als wohltätig eingeschätzt.
»Krebs ist sozusagen die Madonna aller Krankheiten, nicht? Wozu dann überhaupt eine Aufklärungskampagne? Wer weiß nicht, was Krebs ist? Genauso gut könnte man fragen, wer noch nie von Selbstbräunern gehört hat. Übrigens, hast du etwas mit deinen Haaren gemacht? Mit dieser Frisur siehst du total süß aus.«
Ich bin auf diesem seltsamen Planet namens Sasha gelandet, und wenn ich nicht aufpasse, wird die Unterhaltung so weit von meinem eigentlichen Thema abdriften, dass keine Hoffnung mehr besteht, es überhaupt anzuschneiden. Ich muss jetzt den Sprung ins kalte Wasser wagen. »Sasha, es gibt da etwas, worüber ich mit dir reden muss.«
»Was ist los? Bist du etwa krank?« »Nein, es geht um Ben.«
»Was ist mit ihm?«, fragt sie und runzelt leicht die Stirn. »Bis jetzt hast du mir nicht viel über ihn erzählt«, beginne ich umständlich. »Zum Beispiel was er macht, wo er wohnt und so weiter.«
»Ben ist Berufstänzer.« Das weiß ich bereits. »Er ist schwarz, natürlich ... Weiße Männer können schließlich nicht tanzen, oder?«
Wahrscheinlich können sie auch nicht so hoch springen. Wäre Karl ein Weißer, wäre er niemals an den Lautsprecher herangekommen und läge jetzt nicht im Krankenhaus. »Ach, und er wohnt in South Ken.« Oh mein Gott , ich wusste es.
»Seine Wohnung ist ziemlich spärlich eingerichtet ... In seinem Schlafzimmer steht eine Videokamera, was ich zuerst ein wenig merkwürdig fand, aber er benutzt sie wohl, wenn er probt.«
Himmel. Das ist er. Karl und Ben sind ein und derselbe Mann. Die ganze Zeit - insbesondere nach der heißen Nummer gestern Abend - habe ich versucht mir einzureden, dass das unmöglich sein kann. Ich fühle mich so elend, dass ich am liebsten sterben oder zumindest in einem Loch im Boden versinken und nie wieder herauskommen möchte.
»Du bist ja kreideweiß, Charlie«, sagt Sasha. »Du hast dir doch nicht etwa diesen Virus eingefangen, der mich ebenfalls erwischt hat, oder?« Sie kichert. »Tut mir Leid, dass ich heute blaugemacht habe, aber ich war mit Ben verabredet. Seltsam, eigentlich wollte er mich anrufen.«
Wie soll er anrufen, wenn er im Krankenhaus liegt? Aber das weiß Sasha noch gar nicht. Sie weiß auch sonst nichts. Ich werde diejenige sein, die ihr die Augen öffnet.
»Hör zu«, sage ich, »ich muss dir etwas Unerfreuliches beichten.«
»Oh Gott, und was? Ich bin doch nicht etwa gefeuert, weil ich blaugemacht habe?«
»Nein, nichts dergleichen ... sondern ... Scheiße, das fällt mir nicht leicht. Sasha, wir schlafen mit demselben Mann.« Ich lasse den Satz erst einmal bei ihr sacken.
»Wen meinst du?«, fragt sie mit verständnislosem Blick.
Oh Mann . »Nun, mit wie vielen Männern schläfst du momentan?«
Nach kurzem Uberlegen antwortet sie: »Nur mit Ben.«
»Okay«, sage ich und setze zur großen Erklärung an. »Die Sache ist die, mir war nicht klar, dass dieser Typ, mit dem ich was habe -
Weitere Kostenlose Bücher