Fänger, gefangen: Roman
Angel beim ersten Biss in den Fluss fällt, weil er nicht dicht genug dransteht. Dads Schritte stapfen über meinem Kopf hin und her. Es muss schwer sein, sich um uns alle Sorgen zu machen und um Nicks Freunde noch dazu.
Nick ist alles andere als cool. »Es ist nicht fair, Thomas für etwas zu bestrafen, das sein Vater tut. Und wenn sie Thomas wegbringen, wird er sich nur noch mehr Sorgen machen, dass sein Vater was total Verrücktes anstellt. Eine Überdosis vielleicht.«
»Eins ist sicher«, sagt Dad. »Du kannst das Problem von Thomas oder seinem Vater nicht lösen. Sie beide brauchen Hilfe.«
»Ich versuche doch zu helfen.«
»Er braucht mehr als das, Nick.«
»Sind Freunde also nutzlos?«
»Überhaupt nicht«, antwortet Dad. »Thomas kann sich freuen, einen so guten Freund zu haben.«
»Dad. Das ist Dreck«, regt sich Nick mächtig auf. »Wertloser Dreck, wenn er morgen tot ist.«
»Dann braucht er einen Erwachsenen, der ihm helfen kann«, sagt Dad ganz ruhig. »Einen ausgebildeten Erwachsenen. Einen Experten.«
»Ach, jetzt bist du plötzlich für Experten?«, greift Nick Dad an. »Warum lasst ihr Daniel dann nicht das tun, was die Ärzte sagen? Das sind doch die Experten, oder?«
Um sie auszublenden, lese ich noch mal das Ende vom Kapitel, wo Holden überlegt, aus dem Fenster zu springen. Dann lese ich es ein weiteres Mal. Da ist er jetzt ganz allein in der Stadt, hat Sex mit einer Fremdenabgelehnt und macht sich fertig, um ein anderes Mädchen zu treffen, das er kennt, aber nicht wirklich mag. Er denkt darüber nach, alles zu beenden, einfach so. Sicher, aus dem Fenster zu springen, sieht aus wie eine schnelle und einfache Möglichkeit, seine Probleme zu lösen. Aber was ist mit Phoebe? Und dem guten Mr Spencer? Und seinen Eltern? Aber Holden macht sich mehr Sorgen um die Gaffer auf der Straße. Irgendwas stimmt an diesem Bild nicht.
Holden, Kumpel, du merkst gar nicht, wie gut du’s hast! Mit siebzehn hast du dein ganzes Leben vor dir. Da ist noch viel Zeit für Jane oder Sally und Zeit zu tanzen und neue Freunde an einer neuen Schule zu finden. Du hast keinen Vater, der dich verprügelt. Du musst dir keine Sorgen um Geld machen. Du hast nicht die KRANKHEIT.
Um nicht über die ganze beschissene Welt zu verzweifeln, stehe ich auf und springe in den Fluss. Das Problem ist, wenn ich wirklich verzweifeln würde, dann wüsste ich nicht einmal, um wen ich weinen würde.
Über Nacht legen wir am Hafen von Urbanna an. Wie sich herausstellt, fährt das Hausboot nicht besonders schnell. Dad verwirft seine Pläne für die große Familientraumreise. Wir müssen am Sonntag wieder flussaufwärts fahren, um rechtzeitig zurück zu sein, damit Nick am Montag in die Schule gehen kann. In dem kleinen Hafen liegen die Segelboote so kreuz und quer, dass sie aussehen wie verstreute Zahnstocher. Es ist absolut windstill. Du riechst das Essen aus dem italienischen Restaurant an der Pier. Nick fragt nicht nach Pizza, was mich total überrascht. Er nimmt diese Idee des Familientrips viel ernster, als ich dachte. Nach dem Abendessen holt er das Scrabble raus. Uah. Zu früh gefreut.
Nur weil ich Lesen und Bücher mag, heißt das noch lange nicht, dass ich Scrabble mag. Manche Spiele sind rein vom Zufall abhängig. Wenn du die richtigen Buchstaben erwischst, bist du das Genie. Aber wenn du die schwierigen kriegst, hast du nach ein paar Runden schon keine Chance mehr. Wenn einer mal ein gutes Wort mit sechs oder siebenBuchstaben auf ein Feld mit doppeltem Wortwert legt, kannst du das mit deinem Q in der Hand nie mehr aufholen, selbst wenn du brillant bist.
»Ich seh nur zu«, sage ich.
Nick stößt gegen das Brett, und überall fliegen Buchstabensteine rum.
Moms Fingerknöchel an ihrem Becher werden ganz weiß. »Das war vollkommen unnötig, Nick. Geh in dein Zimmer.«
Dad hebt die Steine auf.
Aber Nick hatte einen schweren Nachmittag und ist nicht so schnell bereit aufzugeben. »Na toll, Mom! Der verhätschelte Junge wird geschont, und ich werde bestraft. Was hab ich falsch gemacht?«
Dad, der ultimative Diplomat, der waschechte Friedenswächter, nimmt die Sache in die Hand. »Setzt euch, alle beide. Daniel hat nur Angst, gegen seinen kleinen Bruder zu verlieren. Er spielt eine Runde mit. Das tust du doch, oder?«
Seine Taktik, mich bei der Ehre zu packen, um mich zum Spiel herauszufordern, ist wirklich albern. Aber Mom wischt sich heimlich die Tränen weg, und jeder sieht, dass Nick nur Dampf ablässt wegen
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