Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
ihnen
vereinbart war, schoss ihm schlagartig in sein Bewusstsein. Ein Schauer lief
ihm über den Rücken, als er an den breitschultrigen Geldeintreiber dachte, der
vor ein paar Tagen in seiner Fahrschule aufgekreuzt war und ihm mit zwei Hieben
in die Magengegend verdeutlicht hatte, dass mit ihm nicht zu spaßen sei.
»Herr
Reichert, geht es Ihnen gut?«, wollte de Boer wissen, der das fahle Grau in
seinem Gesicht nicht nur auf den Nikotinentzug zurückführte.
Reichert
blickte ihn an und verdrehte die Augen. »Es geht so, danke. Kann ich eine
rauchen?«
»Hat
Schuster Ihnen Geld gegeben?«, fragte de Boer zurück und schob ihm die
Schachtel über den Tisch. Winkler nickte und gab sein Einverständnis.
»Nein,
hat er nicht. Er sagte mir, dass er momentan etwas klamm sei«, gab er in einer
blauen Wolke zurück.
»Wie
viel haben Sie von ihm verlangt? Und warum oder wofür sollte er es Ihnen
überhaupt geben? Als Darlehen oder war er es Ihnen sonst wie schuldig?«,
stellte Winkler die nächsten Fragen.
Reichert
ließ sich Zeit mit der Antwort und rauchte die Zigarette zu Ende. »Wir haben im
Auslandseinsatz etwas auf die hohe Kante gelegt. Sie kommen sowieso dahinter.«
»Dachte
ich es mir doch!«, entfuhr es Winkler. »Hängt es mit der Ersatzteilbeschaffung
zusammen?«
»Ja,
unter anderem.«
»Können
Sie präziser werden?«, beteiligte de Boer sich wieder an der Vernehmung. Er
hatte in der Mappe herumgeblättert und sah nun wieder auf. Dass Reichert kurz
vor dem Zusammenbruch stehen musste, bemerkte er an seinen Augen.
»Wir
haben ein paar Ersatzteile, die wir über den Versorgungsweg angefordert hatten,
auf dem Schwarzmarkt verkauft.«
»Und
davon konnte Schuster monatlich zweitausend Dollar an seine Frau schicken?
Wollen Sie uns veräppeln?« Winkler wurde etwas lauter und Reichert zuckte
zusammen, als sein Gegenüber mit der flachen Hand auf den Tisch schlug.
»Das
müssen eine Menge Ersatzteile gewesen sein, erzählen Sie uns die ganze
Wahrheit. Er hat zehntausend Dollar verschickt. Nehmen wir mal an, dass Sie mit
ihm kameradschaftlich die Beute geteilt haben, dann reden wir von
zwanzigtausend Dollar«, sagte de Boer in ruhigem Ton und warf seinem Chef einen
Seitenblick zu, der sich wieder gefasst hatte.
»Ist
das eigentlich niemandem aufgefallen?« Winkler redete nun ebenfalls mit ruhiger
Stimme.
»Nein.
Wir hatten sechs Monate Zeit, die Sache zu vertuschen. Es begann mit
Kleinteilen und steigerte sich bis zu größeren Dingen. Es wurde auch schon mal
ein kompletter Wagen papiermäßig verschrottet und verkauft.«
»Wer
hat Ihnen überhaupt die Teile abgekauft?«, bohrte de Boer nach.
»Es
gab einen Markt für Ersatzteile. Es gibt für alles einen Markt«, erwiderte
Reichert, der weiterhin in sich zusammengesunken auf seinem Stuhl hockte.
Kapitel 43
Reichert hatte erkannt, das das Ding für ihn gelaufen war. Er
fuhr sich nervös mit der Hand durch die Haare. Wie sollte er ihnen erklären,
woher das restliche Geld stammte? Er erinnerte sich an den Tag vor über zwanzig
Jahren, als wäre es erst gestern gewesen. Die Bilder bauten sich in seinem Kopf
auf und reihten sich aneinander, liefen ab wie ein Film. Doch zunächst ging es
ihm darum, aus der Sache Kapital zu schlagen.
»Ich
möchte ein Geständnis ablegen. Was springt für mich dabei raus?«, wandte er
sich an Winkler.
»Was
meinen Sie? Den Mord an Gerd Schuster?«
»Ich
habe ihn nicht erstochen. Wir stritten uns wegen des Geldes, da er keins dabei
hatte, schlug ich ihn nieder. Ich wollte ihm einen Denkzettel verpassen und
damit zwingen, das Geld zu besorgen. Ich schlachte doch keine Kuh, die noch
Milch gibt. Also, was ist für mich drin?«
Winkler
überlegte, ob er sich auf einen Deal einlassen sollte. Was wollte er ihm erzählen?
Sicherlich ging es um das Geld, das sie sich in Bosnien beschafft hatten. Er
überlegte, ob die Sache verjährt sei, und rechnete zurück. Seitdem waren 24
Jahre vergangen, die Strafverfolgungsverjährung lag bei 20 Jahren, wenn es sich
um Delikte handelte, für die er zehn Jahre Gefängnis bekommen hätte.
»Wenn
ich weiß, was Sie angestellt haben, können wir darüber reden. Die
Staatsanwaltschaft ist in dieser Hinsicht entgegenkommend. Über die Fristen im
Ausland müssen wir uns informieren, aber auch erst dann, wenn Sie uns erzählt
haben, worum es geht.«
»Schwerer
Raub mit Totschlag«, erwiderte er und sank noch tiefer in sich zusammen,
»begangen 1999 in der Nähe von Sarajevo.« Er rang mit sich
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