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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Explosionen zu hören waren.
    »Das ist Kapitänleutnant Schröderjahn mit seinen Hubschraubern. Sie haben Befehl, die Logistik der Piraten zu zerstören«, sagte Vahrenholt.
    Lüder ließ seinen Blick über die Gesichter seiner Mitgefangenen schweifen. Der Kapitän und sein Erster Offizier waren an Bord des anderen Speedbootes. Selbstverständlich war Hein Piepstengel auch dort, weil das zweite Speedboot von seinem neuen Freund Oberbootsmann Mehring befehligt wurde. Neben sieben Matrosen begleiteten der Zweite Offizier Wang Li und Schöster Lüder auf dem Weg zur Fregatte.
    Der Bootsführer fuhr noch einen Halbkreis, bis er sein Fahrzeug an die Seite der Fregatte legte, an deren Bordwand groß »F219« aufgetragen war und am Bug das schwarz-gold gestreifte Wappen mit dem schräg gestellten grünen Rautenkranz des Freistaates prangte, der Namensgeber der Fregatte war.
    Über ein Fallreep gelangten sie mit Hilfe der Marinesoldaten an Bord des Kriegsschiffes. Ein braun gebrannter Mann in einer schneeweißen Uniform mit drei dicken und einem dünneren goldenen Streifen auf den Schulterklappen hieß sie willkommen.
    »Unser Kommandant, Fregattenkapitän Beckers«, stellte Leutnant Vahrenholt vor und salutierte.
    Beckers tat es ihm nach.
    »Das ist Dr.   Lüders«, erklärte Vahrenholt.
    Der Fregattenkapitän reichte Lüder nicht die Hand, sagte aber mit seiner angenehmen warmen Stimme: »Herzlich willkommen auf der ›Sachsen‹.«
    »Danke«, sagte Lüder matt. Jetzt spürte er die Erschöpfung, die Strapazen der letzten Tage, aber auch das Abfallen der Anspannung und der Ungewissheit, die ihr ständiger Begleiter gewesen war.
    Sie wurden mit Tee und Keksen versorgt, der Bordarzt untersuchte alle Geiseln in seinem Schiffslazarett, das wie die Notaufnahme eines kleinen Kreiskrankenhauses ausgestattet war.
    »Wir haben einen Schockraum, können Anästhesien durchführen, röntgen, und eine Laborausstattung gehört auch dazu«, erklärte der Marinearzt stolz. »Um unsere medizinische Ausstattung beneiden uns viele andere Nationen.«
    Dann kam der Augenblick, auf den Lüder sich am meisten gefreut hatte. Er konnte duschen.
    Es war, als wäre Lüder aus einem bösen Traum erwacht. Die Versorgung auf der Fregatte »Sachsen« war vorbildlich, und nachdem er den ersten Schritt zurück in die Zivilisation gemacht hatte, bat er den Kommandanten um ein Gespräch. Fregattenkapitän Beckers empfing ihn in seiner Kajüte.
    »Uns lag eine Namensliste der Geiseln vor«, erklärte der Offizier. »Ihr Name ist dabei besonders erwähnt worden.«
    »Von wem haben Sie den Einsatzbefehl erhalten?«, fragte Lüder. »Vom Berliner Krisenstab?«
    »Es gibt keinen Berliner Krisenstab«, erklärte der Kommandant.
    Lüder wunderte es nicht. Die Institution, zu der er nach Berlin bestellt worden war, existierte eigentlich nicht. Es war eher eine informelle Runde, was auf eine besondere und außergewöhnliche Situation schließen ließ. Und es waren sehr hohe Mauern, hinter denen das Geheimnis der Schiffskaperung und der Ladung verborgen waren. Niemand schien interessiert, einem Kieler Polizisten einen Blick über dieses Hindernis zu gewähren.
    »Wer hat dann den Einsatz befohlen?«
    »Die ›Sachsen‹ ist derzeit von der Bundesrepublik für die Mission Atalanta abgestellt. Insofern erfolgte der Einsatz auf Anordnung des EU Atalanta Hauptquartiers in Northwood. Im Operationsgebiet liegt die Befehlsgewalt beim Commander Task Force, einem französischen Konteradmiral.«
    »Und die Aktion vor Ort?«
    »Das war die ›Sachsen‹«, sagte Beckers bescheiden und stellte sein eigenes Licht ein wenig unter den Scheffel.
    »Hat das Hauptquartier den Einsatz in eigener Verantwortung angeordnet?«
    »Das erfolgte in Abstimmung mit dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam.«
    Lüder blieb hartnäckig. »Aber auch dort trifft man keine einsamen Entscheidungen von solcher Tragweite.« Er unterließ es, Beckers von den Hintergründen zu berichten, und ließ auch das merkwürdige Verhalten des Staatsministers im Bundeskanzleramt unerwähnt.
    »Ich erhalte meine Befehle«, erklärte der Fregattenkapitän. Es klang nicht unfreundlich, aber bestimmt. Dann senkte er die Stimme. »Informell habe ich gehört, dass Druck vom Kieler Innenministerium ausgeübt wurde. Es scheint, als wenn es von dort Kontakte zum Bundesminister der Verteidigung gegeben hätte.«
    »Und der hat ohne Abstimmung mit dem Kanzleramt entschieden?«
    »Ich führe dieses Schiff.

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