Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
absprechen und neue Pläne machen. Wir werden auf keinen Fall so schnell aufgeben und alle Chancen nutzen, die uns geboten werden, um das Ruder noch herumzureißen!“
„Alentara ist auch Jenna sehr wohlgesonnen“, fügte Leon hinzu, in dem Bemühen ein wenig Optimismus zurückzugewinnen. „Sie wird bestimmt kooperieren, wenn Jenna sie darum bittet.“
Foralt schenkte ihm einen verwirrten Blick. „Ihr seid Alentara schon persönlich begegnet?“
Er nickte rasch.
Foralt schloss kurz die Augen, rutschte dann mit seinem Stuhl näher an Leon heran und sah ihn auffordernd an. „Gut. Erzähl es mir“, sagte er. „Erzähl mir alles.“
Leon holte tief Luft. Es sah ganz danach aus, als würde es noch ein langer Tag für ihn werden …
H ilflos
E s war schon wieder da – dieses Gefühl der Hilflosigkeit und Überforderung; es nagte an ihrer Selbstsicherheit und kitzelte ihre Ängste aus ihrem Unterbewusstsein hervor. Dabei wurden die Gefühle dieses Mal von etwas verursacht, das eigentlich ganz harmlos und unschuldig war: Von dem Kind, das ihr gegenüber am Tisch saß und sein Essen hinunterschlang, als stünde es kurz vor dem Hungertod. Nun, wahrscheinlich war das gar nicht so weit hergeholt, schließlich hatten die Dorfbewohner es in den letzten Wochen ständig in die Wildnis gejagt und ihm jede Art von Zuwendung versagt. Das hatten ihr die Wirtsleute voller Angst gestanden. Für sie war das Kind nur ein Schmarotzer, der Bastard eines verhassten Kriegers, den sie alle nun für tot hielten und somit nicht mehr fürchten mussten.
Prima! Jetzt kochte auch noch dieser unbändige Zorn erneut in ihr hoch! Sie schloss die Augen und versuchte ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen. Das Kind würde sich nur erschrecken, wenn das Amulett erneut zu glühen begann.
„Wann genau ist sie gestorben?“ wandte sich Jenna auf Englisch an die Wirtin, die zitternd und mit vor Angst geweiteten Augen an dem Tisch neben dem ihrem saß. Sie hoffte, dass das Mädchen diese Sprache nicht beherrschte.
„Ihre Großmutter?“ fragte die Wirtin mit bebender Stimme nach. „Vor drei Wochen.“
„Und seit wann lebt das Mädchen auf der Straße?“
„Seit zwei Wochen.“
Jenna biss die Zähne zusammen. Oh, wie wütend sie doch war. „Wie heißt sie?“ konnte sie schließlich einigermaßen beherrscht fragen.
„Rian.“
„Und wie alt ist sie?“
„Fünf Jahre.“
„Ihr habt ein fünfjähriges Mädchen auf der Straße schlafen und fast verhungern lassen!?“ fuhr Jenna nun doch wieder auf. Nur Rians Zusammenzucken und ihr erschrockener Blick, brachten sie dazu, sich wieder zusammenzureißen.
Die Wirtin sah sie längst nicht mehr an, hatte ihren Kopf gesenkt und starrte verkrampft die Dielen des Bodens an. Sie rechnete anscheinend jeden Moment damit, bestraft zu werden. Eigentlich hatte sie das auch verdient. Doch Jenna war kein Freund von Gewalt. Es genügte ihr, der Frau und auch dem Rest der Dorfbewohner höllische Angst einzujagen.
Ihr Auftauchen hatte sich rasch herumgesprochen, genauso wie der Vorfall mit dem Kind und so waren nun alle Einwohner darum bemüht, Jenna jeden Wunsch zu erfüllen und damit dafür zu sorgen, dass sie möglichst schnell wieder verschwand. Jenna hatte bisher lediglich verlangt, dass man dem Kind so viel zu essen gab, wie es brauchte, und ihm frische Kleider besorgte. Derweil türmte sich ein ganzer Haufen davon auf dem Stuhl neben dem Mädchen und sobald sie das Essen auf ihrem Teller verspeist hatte, wurde ihr sofort etwas neues Leckeres aufgetischt. So hatte Rian ihr Leid schnell vergessen und immer, wenn sie Jenna ansah, strahlte sie über das ganze Gesicht – auch jetzt wieder.
„Sie spricht nur Zyrasisch, oder?“ erkundigte sich Jenna nun schon etwas ruhiger.
Die Wirtin nickte und hob scheu den Blick. „Wollt Ihr ihr etwas sagen? Soll ich es übersetzen?“
Das war keine schlechte Idee. Nur was genau sollte sie ihr sagen? Dass sie keine Angst mehr zu haben brauchte? Das hatte sie auch so schon verstanden. Was dann? Sie konnte ihr nicht sagen, wie alles weitergehen würde, denn das wusste sie selbst noch nicht. Sie konnte sie ja wohl kaum mitnehmen … Hier lassen konnte sie das Mädchen allerdings erst recht nicht! Also, dann doch mitnehmen? Aber wohin?
„Hat sie irgendwo noch Verwandte?“ fragte Jenna, anstatt auf das Angebot der Wirtin einzugehen.
„Nicht dass ich wüsste“, gab diese bedrückt zurück. „Tinala war Radianas einzige Tochter. Ihr Mann starb vor
Weitere Kostenlose Bücher