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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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kurzen Prozess mit diesem Stockfisch von einem Butler gemacht hätte.
    Rupert zeigte ein verdutztes Gesicht, als wäre ihm der Gedanke, Parcival zu kündigen, bisher überhaupt noch nicht gekommen.
    »Kündigen? Ich bitte Sie! Das ist England, meine junge Dame. Und nicht einmal ein Lord kann in diesem Land alles tun, was ihm gefällt!«, erklärte er, und wenn er sich damit einen Scherz erlaubte, war er ein ausgezeichneter Schauspieler. Denn nichts wies darauf hin, dass er sich über die Situation lustig machte. »Zudem vereinigt Parcival in sich die beiden besten Eigenschaften von uns Engländern: Er hält auch auf verlorenem Posten bis zum bitteren Ende aus und serviert den Nachmittagstee seit Jahrzehnten pünktlich auf den Gongschlag genau und in stets gleich bleibender Qualität. Was darf ein Lord mehr erwarten?«
    Tobias und Jana tauschten einen halb belustigten, halb verwirrten Blick. War das noch humorvoll gemeint oder schon wieder Ernst? Oder umgekehrt?
    »Wie hat Ihnen denn die Fahrt mit der Lisette gefallen, Sadik?«, wollte Rupert wissen, während er sie in die riesige Eingangshalle führte. Sie war mit kostbaren Möbeln und Teppichen eingerichtet. An den Wänden hingen überlebensgroße Porträts von Männern und Frauen, die mit zumeist strenger Miene auf den Betrachter herabschauten. Es war die Ahnengalerie der Burlingtons.
    »Ich hätte den Ritt auf einem störrischen Esel vorgezogen«, gab der Beduine unumwunden zu. Es ging weiter durch Zimmerfluchten, deren Einrichtung von unaufdringlichem Luxus geprägt war.
    »Ich nicht!«, rief Tobias sofort. »Ich fand es ganz phantastisch. Hat man diesen Dampfstraßenwagen extra für Sie gebaut?«
    »Nein, er gehörte zu einer Reihe von Dampfstraßenwagen, die Mister Church schon vor fünfzehn Jahren auf der Linie London-Birmingham eingesetzt hat«, erklärte Rupert Burlington. »Er hat die Technik von Richard Trevithick weiterentwickelt, der schon 1801 ein erstes Straßenfahrzeug mit einer Hochdruckdampfmaschine als Antrieb gebaut hat. Sein Droschkenunternehmen hätte in London ein großes Geschäft werden können.«
    »Und warum ist daraus nichts geworden?«, fragte Tobias, den die auserlesenen Möbelstücke und die Gobelins an den Wänden weit weniger interessierten als Rupert Burlingtons Dampfstraßen wagen.
    »Weil der Verkehr in London so chaotisch und der Zustand der Straßen dermaßen miserabel ist, dass die Dampfwagen, obwohl sie ja bestens funktionieren, kaum das Tempo eines Fußgängers erreicht haben«, erklärte Rupert Burlington. »Bedauerlicherweise.«
    »Ein Hammelkopf ist eben immer noch besser als ein Sack voller Heuschrecken, die zu nichts nutze sind«, merkte Sadik an.
    Rupert Burlington blieb stehen und klemmte sich das Monokel vors Auge, als müsste er Sadiks geringschätziger Bemerkung scharfen Blickes entgegentreten. »Aber ihnen gehört ganz zweifellos die Zukunft, Sadik!«
    »Das sagten die römischen Herrscher auch von sich und ihrem Reich, als sie Ägypten eroberten«, sagte Sadik bärbeißig und nicht einmal bereit, sich solch eine Zukunft auch nur vorzustellen.
    »Eines Tages werden Pferdekarren und Droschken von den Straßen verschwunden sein«, fuhr Rupert Burlington jedoch ruhig und unbeirrt fort, als hätte er Übung im Umgang mit Menschen, deren Blick eher in die ›gute, alte Zeit‹ der Vergangenheit als in die Zukunft gerichtet war, »weil Pferdekraft mit diesen neuen Maschinen über kurz oder lang einfach nicht mehr konkurrieren kann.«
    »Das habe ich ihm auch schon prophezeit«, warf Tobias eifrig ein und freute sich, dass der Engländer mit ihm übereinstimmte. »Aber er hat mich nur ausgelacht.«
    »Zu Unrecht«, meinte Rupert. »Völlig zu Unrecht. Vieles kann man aufhalten, nicht jedoch den Fortschritt von Technik und Wissenschaft. Dabei sei dahingestellt, ob das Verantwortungsbewusstsein und das Moralempfinden der Menschen sich auch mit dem Fortschritt entsprechend weiterentwickeln. Jede Erfindung ist immer nur so gut wie der, der sie anwendet.«
    »Wenn Allah wollte, dass es Brot regnen soll, hätte er den Himmel mit Teig bewölkt«, spottete Sadik. »In meiner Heimat würde man zu so einer nutzlosen Erfindung sagen: ›Die Berge hatten Geburtswehen und gebaren eine Maus.‹«
    Rupert beließ es dabei. Er winkte einen unscheinbaren Diener heran und trug ihm auf, den Gästen zu zeigen, wo sie sich vor dem Essen die Hände waschen und etwas frisch machen konnten.
    »So hatte ich mir Rupert Burlington wirklich nicht

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