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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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USA darauf, dass die Sklaverei eine gottgewollte Institution und der Schwarze vor dem Gesetz kein Geschöpf, sondern eine Sache ist – wie ein Stück Möbel etwa oder ein Paar Manschettenknöpfe. Zudem: Ein riesiges Vermögen, das einem den Bau von derartigen ›Sommerhäusern‹ wie Mulberry Hall erlaubt, verdient man nun mal nicht durch das Stricken von Hutbändern oder durch das Pflügen von Ackerboden. Da muss man schon ein wenig mehr Phantasie und moralische Großzügigkeit walten lassen. Ein Glück für meinen Vater, dass er schon Anfang 1806 an Verfettung gestorben ist und das Jahr 1807 nicht mehr erlebt hat.«
    »Und weshalb?«
    »Weil unser Parlament nach jahrelangem Tauziehen in jenem Jahr den Sklavenhandel verbot und die Kriegsmarine ermächtigte, jedes Sklavenschiff zu entern. Für meinen Vater wäre eine Welt zusammengebrochen und er hätte seinen bis dahin unerschütterlichen Glauben an eine gerechte Welt unter britischem Zepter verloren.«
    Tobias verstand nun manches besser, was ihn an Rupert Burlingtons Äußerungen irritiert hatte.
    »Sie verabscheuen das, was Ihr Vater und dessen Vorfahren getan haben, nicht wahr?«
    Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Ja, als ich jung war«, sagte er dann, »und ganz besonders in jenen rastlosen Jahren, als ich auf Reisen ging und die Welt mit eigenen Augen kennen lernte und das Elend sah, das uns goldene Teller und eine Schar von Dienstboten beschert hatte, war ich voller Abscheu für das, wofür der Name Burlington bisher außerhalb von England gestanden hatte, nämlich für skrupellose, unmenschliche Geschäfte. Und ich habe sehr darunter gelitten, mich sogar schuldig gefühlt. Doch jetzt nicht mehr, denn ich habe begriffen, dass niemand die Schuld vergangener Generationen tragen kann. Doch ich schäme mich noch immer dafür, und ich möchte nicht, dass vergessen und unter den Teppich gekehrt wird, was einmal war. Wir können die Gegenwart nur dann bewältigen und auch für die Probleme der Zukunft nur dann gerüstet sein, wenn wir aus den Fehlern unserer Vergangenheit lernen … das gilt für die persönliche Geschichte des Einzelnen genauso sehr wie für die Geschichte eines ganzen Volkes.«
    Das Eingeständnis berührte Tobias. »Sie sind so ganz anders als mein Onkel Heinrich, und doch erinnern Sie mich an ihn. Was Sie da eben gesagt haben, gibt mir das Gefühl, als spräche er zu mir.«
    Rupert Burlington lächelte. »Ich kenne Ihren Onkel und erlaube mir deshalb, Ihre Bemerkung als Kompliment an meine Brust zu heften«, sagte er und wechselte sprunghaft das Thema: »Und nun sagen Sie mir, was Sie von meiner tropischen Oase halten!«
    »Was Sie hier geschaffen haben, finde ich phantastisch«, sagte Tobias mit ehrlicher Bewunderung. »Sadik und Jana werden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Sie haben auf Mulberry Hall einen richtigen kleinen Dschungel, in dem man sich wie in einem echten Urwald verirren kann.«
    »Was so manche meiner Freunde und Bekannten als Mangel betrachten. Sie hätten doch lieber eine übersichtliche, geordnete Natur, die sich den strengen Gesetzen englischer Schlossgärtner unterwirft. Doch ich wollte etwas, das so wild, so verfilzt und so undurchschaubar ineinander wuchert und sich eigene Wege sucht wie das Leben«, sagte er. »Und jetzt lassen Sie uns zurück ins Haus gehen. Sadik und Jana werden Sie vielleicht schon vermissen oder gar suchen, wobei Parcival ihnen kaum helfen wird, und es ist Zeit fürs Frühstück.«
    In Gedanken versunken, folgte Tobias Mungo und Rupert Burlington, der raschen Schrittes vorausging.
    »Wissen Sie, was ein Chamäleon ist, Massa Heller?«, fragte der Schwarze plötzlich mit gedämpfter Stimme und riss Tobias aus seinen Gedanken.
    »Ein Chamäleon?«, wiederholte er verständnislos. »Ja, eine Echse, die nach Belieben ihre Hautfarbe wechseln kann. Aber wieso fragen Sie?«
    »Sir Massa Lord ist ein solches Chamäleon«, raunte Mungo ihm zu und machte dabei ein Gesicht, als spräche er nur widerstrebend eine traurige Wahrheit aus. »Nicht in Herz und Seele, doch wenn er Geschichten erzählt. Manchmal erzählt er doch schlichtweg die Unwahrheit.«
    Tobias runzelte ungehalten die Stirn. Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass der Schwarze Rupert Burlington der Lügen bezichtigte!
    »Nein, nicht was Sie denken, Massa Heller!«, sagte Mungo hastig, als könnte er Tobias’ Gedanken lesen. »Er lügt natürlich nicht zu seinem Vorteil. Im Gegenteil. Das ist ja das Ärgerliche. In vielen seiner

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