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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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saß.
Caroline war es, die sich als Erste wieder fing:
    »Also, was hat Ihnen zu den Geistesblitzen verholfen?«
    »Dass ich heute keinen Kleister im Gesicht habe.«
    Caroline schaute so verdutzt, dass Friederike gleich wieder
kichern musste.
    »Das, was in meinem Körper seit Anfang des Jahres solche
Wunder bewirkt hat, konnte sich bislang nicht auf mein Gehirn
auswirken. Erstens, weil ich mein Gesicht bislang nicht mit kaltem
Wasser gewaschen habe, zweitens, weil meine Poren auf der Stirn ständig
verstopft waren und meine Schädeldecke von der Perücke verschlossen
ist. Kein Wunder, dass ich auch immer wieder solche Blähungen im Kopf
hatte, die mich melancholisch und früher in Ansbach so missmutig und
träge gemacht haben.«
    Alles war auf einmal sonnenklar. Friederike streckte ihren
Zeigefinger nach Caroline aus und kratzte ihr einen Streifen Bleiweiß
mit Puderüberzug aus dem Gesicht. Mit gerunzelter Stirn betrachtete sie
die fette Schmiere unter ihrem Nagel.
    »Ich nehme an«, fuhr sie nachdenklich fort, »dass es durch
diese Barriere vor den Körperöffnungen zu einem Stau der Flüssigkeiten
kommt. Die inneren Funktionsabläufe geraten aus dem Gleichgewicht. Die
Flüssigkeiten und Säfte gelangen unkontrolliert an alle möglichen
Stellen im Körper, verderben das Blut, irritieren die Organe und«,
flüsterte sie, »verursachen Migräne, Eiterbeulen, Geschwülste und
Schwellungen.«
    »Vielleicht auch Gallensteine?«
    »Vielleicht auch Gallensteine.«
    Vom nächsten Morgen an, es war der 12.
Dezember 1745 – sie markierte das Datum in ihrem
Kalender –, verkündete sie ihren Damen und Zofen offiziell,
dass sie sich nicht mehr schminken lassen wolle. Allenfalls eine kecke mouche auf die Wange oder das Kinn würde sie akzeptieren.
    Drei Tage später besiegte ihr Bruder die
Sachsen und Österreicher bei Kesselsdorf und besetzte bald darauf
Dresden.
    Wieder einen Tag später stellte ihr Jonathan
die Tochter des hugenottischen Strumpfwirkers als seine Ehefrau vor,
mit der er sich jetzt auf dem Kreuthof niederlassen wollte.
    Sobald die beiden die Tür hinter sich geschlossen hatten,
schrieb sie diese glückliche Wendung des Schicksals nach Georgenthal.
    Friederike fühlte sich so froh und frei wie
schon lange nicht mehr. Aber nicht nur, weil die Gefahr, fallen
gelassen zu werden, von der Frau Wünschin abgewandt war. Friederike
selbst war dabei, sich neu aufzurichten und Ballast abzuwerfen. Die
junge, unzufriedene Markgräfin im Ansbacher Schloss war ihr schon lange
wie eine Fremde vorgekommen, die immer mehr verblasste. In den
vergangenen Jahren hatte sie ihre Insel gut bestellt, Geld verdient,
ihren Untertanen zu einem menschenwürdigen Leben verholfen und sich
selbst bewiesen, dass man mit vernünftiger Tätigkeit den eigenen Kummer
überwinden konnte. Friederike blickte zufrieden zurück. Jetzt aber
hatte sie das Gefühl, dass sie endlich stark genug war, um zu einer
glitzernden, unbekannten Bucht oder vielleicht sogar neuen Insel
aufbrechen zu können.
    »Die Reise geht weiter«, flüsterte sie sich selbst zu.
Vielleicht hilft mir Herr Crusoe sogar bei der Verwirklichung meiner
geheimsten Träume, überlegte sie, während sie zuschaute, wie die
Schneeflocken unablässig in den Kanal fielen und glitzernd auf kleinen
Eisschollen weit in die Ferne des Schwaninger Schlossparks
hinausgetrieben wurden.

10
    K ersmackers bemühte sich, die mit weichem
Neuschnee bedeckte Böschung so gemächlich hochzugehen, dass der
Markgraf mit ihm Schritt halten konnte. Trotzdem vernahm er schon bald
das schwere Schnaufen seines Landesherrn im Nacken. Es war ein
herrlicher Februartag im Jahre 1748, klar und von prickelnder Frische.
Die Sonne stand schon so, dass man den Frühling ahnen und sich an ihr
wärmen konnte. Beide hatten sie hübsche, flink schauende Falkenweibchen
auf der Faust stehen. Natürlich kein Ersatz für Louise und Calisto, die
an Altersschwäche gestorben waren, das sagten sie sich oft. Aber auch
diese neuen Vögel waren gut abgerichtet. Kaum ein Lüftchen regte sich,
und man konnte weit über die Windungen der Altmühl schauen. Ein idealer
Tag zum Beizen. Trotzdem schien ihm der Markgraf nicht so recht bei der
Sache zu sein.
    Überhaupt war Kersmackers gleich aufgefallen, dass Ihre
Hochfürstliche Durchlaucht sich seit ihrer letzten gemeinsamen Jagd
verändert hatte. Sein Bauch unter dem Falknerrock wölbte sich noch
breiter und massiger. Kurzatmig, oft sogar keuchend, schleppte er sich
vorwärts, während

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