Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
schmückte er sie noch ein wenig aus, wich aber nicht sehr weit von dem ab, was sich tatsächlich ereignet hatte.
Malnar hörte ihm wie gebannt zu und fragte ihn über jede Einzelheit aus, bis Alduin fast schwindelig wurde.
»Ehrlich, mehr weiß ich wirklich nicht«, gestand er schließlich, als sich Malnar auch noch intensiv nach Kirsties Geschwistern erkundigte. »Sie hat drei Geschwister erwähnt, aber ich habe keine Ahnung, ob es Jungen oder Mädchen sind, ältere oder jüngere. Spielt das denn eine Rolle?«
»Nun, auf jeden Fall ... wäre es gut zu wissen«, sagte Malnar ausweichend. »Aber du hast gesagt, außer ihrer Mutter weiß niemand, dass sie hier ist.«
Alduin nickte. Er war es müde, Fragen zu beantworten; viel lieber hätte er selbst ein paar gestellt.
»Ich wollte sie nicht noch weiterlöchern. Ich dachte aber, dass Ihr mir vielleicht ein paar Dinge erklärten könnt, die ich nicht verstehe ...«
Malnar blickte ihn überrascht an, dann nickte er zögernd. »Ich? ... äh ... ja, natürlich. Was möchtest du denn wissen?«
»Zum Beispiel, wie erfahren die Nebelsängerinnen von ihrer Bestimmung, nach Nymath kommen zu müssen? Kommt in jeder Generation eine Nebelsängerin zu uns? Und wie reisen sie zu uns, wenn sie doch aus einer anderen Welt stammen?«
Malnar seufzte. »Genau die Fragen, die ich selber gerne stellen würde. Ich wünschte, ich hätte eine Gelegenheit dazu! Das interessiert mich sehr. Das Runenamulett ist der Schlüssel ... und es gibt auch ein bestimmtes Lied ... Aber das alles ist streng geheim. Wenn man es leicht herausfinden könnte, wäre sie vielleicht sogar in Gefahr ...«
»Gefahr? Durch wen?«, unterbrach ihn Alduin.
»Durch dieselbe Macht, die schon Gaelithil damals ins Exil trieb.«
»Die Uzoma?«, fragte Alduin.
Malnar schüttelte unsicher den Kopf. »Ich glaube nicht ... Das ist so lange her und ich weiß nicht, ob irgendein Lebender hier in Nymath darüber etwas weiß, außer den Elben natürlich. Aber ich halte es für unwahrscheinlich, dass die Uzoma allein es hätten schaffen können, Gaelithil aus Nymath zu vertreiben. Schließlich verfügte sie über sehr starke Zauberkraft und war eine wahrhaft mächtige Elbin. Ich ...« Er brach ab und schüttelte erneut enttäuscht und resigniert den Kopf. »Ich weiß so wenig darüber«, beendete er schließlich das Gespräch.
Eine Weile standen sie nur schweigend da und beobachteten die Versammlung. Doch plötzlich bemerkte Alduin überrascht, dass sich der Onur hoch aufrichtete und sich seine Miene aufhellte, als ob ihm eine gute Idee gekommen sei.
»Jetzt hör dir nur mal mein Gejammer an, nichts zu wissen«, sagte er. »Sicher wird sich eine Möglichkeit ergeben, mehr zu erfahren. Vielleicht nicht gerade heute, aber wenn die Nebelsängerin wieder nach Sanforan zurückkommt, bevor sie aus Nymath abreist, werde ich bestimmt eine Möglichkeit finden, mit ihr zu sprechen.«
»Aber sie bleibt noch ein paar Tage hier«, meinte Alduin. »Sie will mich im Falkenhaus besuchen. Vielleicht kann ich sie zu Eurem Haus bringen?«
»Das geht nicht. Ich muss für ein paar Tage verreisen, zu Madi Tarais Familie. Es gibt noch viele Dinge zu klären. Gleich morgen früh reise ich ab.«
Alduin erschrak. »Aber ich dachte ...«, begann er, doch wurde ihm sofort bewusst, dass Malnar niemals Madi Tarai ersetzen konnte, sosehr er es auch hoffen mochte. Der Mann hatte die besten Absichten und widmete sich seiner Aufgabe mit großem Einsatz, aber es fehlte ihm einfach die Weisheit der alten Seherin. Er zuckte die Schultern.
»Bitte verzeiht mir! Ich wollte mich nicht aufdrängen. Ich wünsche Euch eine ungestörte Reise und eine gute Heimkehr.«
Wie zum Zeichen, dass ihr Gespräch zu Ende war, blies ein Herold in diesem Augenblick in ein silbernes Horn. Der Hohe Rat verkündete das Ende der Festlichkeit. Malnar und Alduin ließen sich von der Menschenmenge zum Ausgang schieben. Draußen verabschiedeten sie sich voneinander. Doch plötzlich fiel Alduin noch etwas ein.
»Meine Kleider! Sie liegen noch in Madis Zimmer!«
»Du hast doch sicherlich Ersatzkleider?«, fragte Malnar, dem es nicht gefiel, Alduin zu dieser späten Stunde allein den ganzen Weg von Madis Haus zur Falknerei zurückgehen zu lassen. »Ja, stimmt«, bestätigte Alduin.
»Gut. Die Kleider in Madis Zimmer kannst du holen, sobald du ein wenig Zeit hast. Ich hinterlege den Schlüssel bei der Nachbarin.«
14
Am Morgen nach dem Empfang im Saal des Hohen Rates trieb
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