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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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Vorwürfe begannen, sobald wir den König zurück nach Holdenby gebracht hatten. Man gab mir die Schuld an Richards Flucht. Eine Partie Bowls! Wie töricht konnte man denn sein? Ich hatte das ganze Unternehmen in Gefahr gebracht! Wir hatten den König, aber für wie lange? Nehemiah sprach es offen aus. George sagte nichts, doch seine Art zu schweigen war ebenso beredt. Als Erstes zerstreute ich ihre Ängste. Wir hatten eine beachtliche Streitmacht, Richard hingegen nur seine Landsknechte. Es würde Tage dauern, bis er zusätzliche royalistische Kräfte zusammengezogen hätte. Georges Boten waren bereits auf dem halben Weg nach London, um Cromwell zu informieren, dass wir den König hatten und weitere Anweisungen erwarteten.
    In Wahrheit war ich nur mit halbem Ohr bei der Sache. Ich dachte immer noch an meinen Vater. Obwohl es mich schmerzte, wie er mich erneut hereingelegt hatte, obwohl er verschlagen, unzuverlässig und unehrlich war und meine Zukunft davon abhing, dass ich ihn Cromwell brachte, musste ich seinen Stil bewundern, seinen Charme, seinen Mut. Und nicht nur das. Hatte er mir in diesen wenigen Minuten auf dem Rasen nicht die Kindheit gegeben, die ich nie gehabt hatte?
    »Was immer auch geschieht, Ihr gehört hierher …«
    Er hatte auf den König, den Hof gedeutet. Ich vergegenwärtigte mir noch einmal jeden Blick, jedes Wort und verweilte ein paar Augenblicke bei einer Kindheit, wie sie hätte sein können. Und was wäre eine Kindheit ohne einen Helden? Und wer eignet sich besser zum Helden als ein Ritter hoch zu Ross? Es war nicht nur mir so ergangen. In einer Zeit der Offenbarungen und Vorzeichen hatte sich dieser Mann, der auf einem weißen Pferd – ausgerechnet! – wie ein heller Blitz in der Dunkelheit verschwand, ins Gedächtnis gebrannt; Richard hatte sich sowohl für den Hof als auch für die Soldaten in ein Omen verwandelt.
    Auch Holdenby trug seinen Teil zu solchen tranceähnlichen Empfindungen bei. Das Schloss war für einen Monarchen erbaut worden. Seine Türme, Giebel und die prachtvolle Treppe von der riesigen Halle zum Großen Saal hinauf waren von einem Edelmann errichtet worden, der hoffte, Königin Elizabeth möge ihn mit einem Besuch beehren. Sie war niemals gekommen. Der erste königliche Besucher, König Charles, kam als Gefangener. Aber das Parlament gewährte ihm den Unterhalt eines kostspieligen Hofes, wie er ihn vor dem Krieg gewohnt gewesen war.
    Holles, der um jeden Preis zu einer Einigung kommen wollte, hatte dem König zugesichert, dass es sich bei den Bevollmächtigten des Parlaments um Männer handelte, die er mochte – die Earls von Pembroke und Denbigh sowie Lord Montague für die Lords, und Browne für die Commons. Seine Gefängniswärter waren die loyalsten Untertanen. Sie sparten an nichts, um den Hofstaat des Königs so wiederherzustellen, wie er einst gewesen war.
    Selbst Scogman, der einen scharfen Blick für solche Dinge hatte, war so geblendet, dass er vergaß, den Wert des Silbertellers zu schätzen. Der Anblick war um so überwältigender, als in den meisten Häusern und Palästen, einschließlich deren des Königs, kein Silber mehr zu finden war. Man hatte alles eingeschmolzen, um den Krieg zu finanzieren. Und jetzt hatte das Parlament zugestimmt, den Abendmahlsteller aus der königlichen Kapelle in Whitehall einschmelzen zu lassen, damit der König von silbernem Geschirr essen konnte.
    Er wurde von Mundschenken und Aufwärtern bedient, die Wein und Speisen von den Dienern und Köchen entgegennahmen, die ihrerseits eine kleine Armee von Trancheuren, Spießdrehern, Trägern und Knechten in der Vorküche, der Speisekammer, im Hühnerhof, im Brühhaus, in der Konditorei, dem Holzschuppen und der Spülküche befehligten. Jedes seiner Bedürfnisse wurde von einer weiteren Armee aus Zeremonienmeistern, Pagen, Pferdeburschen, Boten, Sekretären, Barbieren, Apothekern und Ärzten erfüllt.
    »Was wäre geschehen, wenn er gewonnen hätte?«, fragte Scogman ehrfürchtig.
    Ich bestaunte nicht nur den gewaltigen Luxus, sondern auch die Genügsamkeit des Königs inmitten dieses Überflusses. Er aß und trank wenig. Jeden Morgen nach seinen Gebeten und Studien wurde ihm ein pochiertes Ei gebracht. Bei gutem Wetter spazierte er über die begrünten, offenen Terrassen, bei schlechtem unternahm er im Ostflügel endlose Wanderungen durch ein weitläufiges Gemach nach dem anderen. Nur dann wurden die Gitterstäbe des Gefängnisses sichtbar: bei seinen Wanderungen und wenn

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