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Fallera

Fallera

Titel: Fallera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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denkbaren Dunkelheit spähte ich hinaus in die höchste Helligkeit, die ich je erspähen durfte. Mona hatte vermutet, ich würde das Tor zu ihrem Schacht von innen aufbrechen müssen, doch jemand war mir von außen zuvorgekommen. Es stand halb offen, und Licht schoss durch den Spalt mit unerbittlicher, erbarmungsloser Härte. Tequila-Schädel-Härte. Verbunden damit wehte eine Brise herein, warm und lasch wie ein deodorierter Furz. Und dann hörte ich es. Ein Trippeln, ein Tröpfeln und ein Träufeln, ein Gurgeln, ein Gluckern und ein Glucksen, eine Geräuschmixtur, alles in allem wie Juckreiz. Die Sonne und die Brise waren munter dabei, dem Schnee nach Kräften einzuheizen.
    Scheiße, Scheiße, Scheiße. Noch ein Stündchen vielleicht oder zwei, und die in subtilem Violett gehaltene Zeltbahn vor Monas Höhle würde anfangen, aus der weißen Pracht herauszuleuchten, und meine ganze Schachtkrabbelei sah sich von da an reduziert auf einen Akt sinnloser Übervorsicht.
    Wie so oft, wenn blitzartiges Denken und sofortiges Handeln nötig sind, fuhr mein Entschlussvermögen erst mal an den Rand, stoppte, zog die Handbremse, machte den Motor aus und kramte die Stullen und die Thermoskanne hervor.
    Irgendetwas Heroisches schien jetzt, und zwar jetzt gleich, von mir erwartet zu werden, und meine vielen anderen guten Seiten sind schon mal ein bisschen im Weg, wenn es gilt, die Heldenhaftigkeit in mir zu lokalisieren. Vor allem, wenn ich längere Zeit nicht mehr aufgeräumt habe.
    Gleich würde ich raus müssen in dieses Licht und kämpfen, und alles, was ich im Grunde wollte, war zurück ins Bett.
    Christine stand wie ich im Schatten, blinzelte, wie ich, ins Licht und stritt, wie ich, mit sich selbst. Nur dass sich mein innerer Konflikt schweigend abspielte.
    Ich legte ihr den Finger auf die Lippen, und sie zuckte zurück, als hätte ich versucht, ihn ihr ins Auge zu stechen, nickte dann aber verstehend und stellte ihr Gemurmel ein.
    Mit drei Schritten und angehaltenem Atem war ich bei der Stahltür, spähte um sie herum in die nach Tagen überraschend aus dem Dunst erschienene Postkarten-Szenerie und wollte mich gerade halb geduckt ins Freie wagen, als eine halb geduckte Gestalt in mein Blickfeld trat. Ernesto Che. Der mir so erfolgreich beim Abseilen geholfen hatte. Ohne nachzudenken, sprang ich ihn aus der Hocke heraus an, rammte den behelmten Kopf mit Macht unter den stählernen Türrahmen und schlug der Länge nach hin.
    »Mensch, Grüsdof, was hast du mich erschreggt! Ich such euch überall! Dor Sigismund und dor Alegsander und dor Domm, die haben Vorstärgung bekommen von einem aas Bayorn, der macht hier den diggen Max, das kann ich dir sagen, und der hat noch zwee dabei, zwee Brüdor, das sind ganz miese Dypen, und die wollden, dass ich bei denen mitmach, aber mit Mord, Grüsdof, da will ich nüscht zu tun haben. Die haben dein Seil einfach gekappt, da könnt ich nüscht dran machen. Nu, da bin ich abor froh, daste noch am Leben bist! Und jetzt suchen sie euch und düsen Schacht, und sie haben mir einen Andeil angeboten, abor ich sach mal, wenn wir es ürgendwie schaffen, die Bollezei zu holen, abor denen nüscht von dem Gold, hindor demse hier alle hindorhär sind, erzählen, dann ...« Er ließ den Satz auslaufen.
    Ich setzte mich auf, nahm den Helm ab und betrachtete die Delle, die es ihm hineingeknufft hatte. Immer noch besser als im Schädel, sagte ich mir und knipste die Lampe aus. Trotzdem, meine Selbstverliebtheit hielt sich im Moment in sachlichen Grenzen. War weit ab von jeder Schwärmerei.
    »Oh, hallo Grüsdine, auch da? Sinn da noch mähr? Was seidn ihr so dreggisch?«
    »Du kannst ja sprechen«, sagte Christine, und ich dachte, na. Was man so sprechen nennt.
    »Meinst du, ihm ist zu trauen?«, fragte ich sie, meinte Ernesto und krabbelte auf die Füße.
    »Ha!«, entfuhr es ihr, und ich dachte, na. Was fragst du auch.
    »Ja«, sagte sie dann mit Entschiedenheit, und ich zuckte die Achseln und entschied, dass das damit entschieden war.
    »Haben sie dir irgendeine Waffe gegeben?« Nö.
    »Aber diese Typen sind bewaffnet?« Nu. Und wie.
    »Alle?« Alle Mann hoch.
    Ich bekam nur bad news als Antworten und konnte doch nicht anders, als weiterzufragen.
    »Haben sie das Gold schon gefunden?« Nö. Noch nicht.
    Während ich fragte, kramte ich gedankenverloren im Eingangsbereich der Mine herum. Direkt hinter dem Tor hatte man den Schacht verbreitert und Platz für ein paar Regale, Kisten, eine Werkbank und einen

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