Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
qualvoll diese Todesart durch tausende kleiner Stiche zum Anlocken fleischfressender Insekten war. »Denn jetzt, Cydne Medura … sind wir doch noch gleichrangig.«
31
»Ich hätte nicht gedacht, dass du kommst.«
Warlock, sah sich ängstlich um, überzeugt, dass irgendwer gesehen haben musste, wie er sich verstohlen in den Hof schlich. Der Mensch, mit dem er sich traf, stand im Schatten, sodass Warlock sein Gesicht nicht sehen konnte. Genau genommen wusste er gar nicht, ob es ein Mensch war. Es konnte auch ein Crasii sein. Er roch nach Pferdemist, den hatte er vermutlich aufgetragen, damit Warlock seinen Geruch nicht wahrnahm und ihn später daran wiedererkannte.
»Wenn ich hier erwischt werde, bringen sie mich um. Und meine Familie gleich mit.«
So sehr es ihn die ganze Zeit zermürbt hatte, nichts von seinem Kontaktmann bei der Bruderschaft zu hören, hatte er doch feststellen müssen, dass das die kleinere Bürde war. Als er endlich die Aufforderung erhielt, sich mit dem Mann zu treffen, dem er die Geheimnisse von Elyssas Hof anvertrauen sollte, hätte er sich gern gesträubt. Das Leben hier war schon gefahrvoll genug für sie alle. Wenn man ihn ertappte, wie er seine unsterblichen Gebieter hinterging, hätte das unweigerlich die Auslöschung seiner Familie zur Folge.
»Daran hättest du denken sollen, bevor du dich freiwillig gemeldet hast«, sagte der Schattenmann ohne Mitgefühl. »Was hast du zu berichten?«
Das war das nächste Problem. Er hatte dermaßen viel zu berichten.
»Lord Desean ist hier.«
»Das ist kein Geheimnis.«
»Er hat sich mit allen möglichen Leuten getroffen.«
»Das kann mir jeder dahergelaufene Bettler auf der Straße sagen. Du solltest etwas Besseres bringen als das, Hundchen, sonst liefert dich die Bruderschaft persönlich ans Messer.«
»Ich glaube, er weiß, wer Lord Jaxyn ist.«
»Das ist kein Wunder, wenn man bedenkt …«
»Auch was er ist«, fiel ihm Warlock ins Wort. »Und auch, wer Königin Kylia in Wirklichkeit ist.«
Das gab dem Mann im Schatten zu denken. Inzwischen war Warlock sicher, dass er ein Mensch war. Hundchen war ein typisch menschliches Schmähwort für einen Caniden.
»Was hat er also vor?«
Warlock zuckte die Achseln und blickte erneut über die Schulter, um sicherzugehen, dass der Hof nach wie vor verlassen war. Es war schon nach Mitternacht, da hatten nur sehr wenige Wesen einen legitimen Grund, im Palast umherzustreifen – Warlock inbegriffen. »Er scheint eine Unmenge von Gesprächen zu führen. Ich schätze, er versucht Unterstützung zusammenzutrommeln, aber anscheinend ohne die Königin. An vereinzelten Gesprächen hat sie wohl teilgenommen, aber Tryan hat Jilna weitgehend um den Finger gewickelt. Sie hat kaum Notiz davon genommen, das Prinzessin Nyah zurückgekehrt ist.«
»Sowie ihre Tochter sich vermählt, wird Nyah selbst Königin«, gab der Mann zu bedenken.
»Das wird nicht so bald passieren«, Warlock schüttelte den Kopf. »Elyssa hat den Auftrag, für ihre neue Nichte einen Gemahl zu finden, aber sie sucht gar nicht. Diese Unsterblichen haben kein Interesse daran, dass die kleine Prinzessin den Thron besteigt.«
»Warum töten sie sie dann nicht einfach?«
»Weil Desean ihre Sicherheit zur Bedingung für seine Kooperation gemacht hat.«
Der Mann schwieg einen Augenblick, um diese Information zu verdauen. Nach einer Weile fragte er: »Was für eine Kooperation?«
»Desean spricht von Krieg. Er weiß, das Jaxyn und Diala Unsterbliche sind. Er hat eine Invasion in Glaeba empfohlen und angeboten, die caelischen Truppen zu führen. Als Gegenleistung will er den Thron, wenn König Mathu tot ist, Königin Kylia gestürzt und Lord Jaxyn geschlagen.«
»Er will seinen eigenen Cousin töten?«
»Ich denke, er glaubt nicht, dass das nötig ist. Tryan hat er erzählt, dass Jaxyn und Kylia das für ihn erledigen.« Warlock zögerte und überlegte. Wie konnte er überzeugend vermitteln, in welcher Gefahr Glaeba schwebte? Stellan Desean war ein gewinnender und intelligenter Mann mit der Gabe, Tyrannen genau das zu erzählen, was sie hören wollten. Schlimmer noch: Alles, was er den Unsterblichen erzählte, war die Wahrheit. Er war der rechtmäßige Thronerbe von Glaeba und in seinem Land ein höchst beliebter Mann. Er hatte eine große Anhängerschaft, und selbst Warlock wusste, wie viele Glaebaner lieber ihn als König sehen würden, trotz der Anklage wegen Hochverrats, die Mathu ihm angehängt hatte, und obwohl er der
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