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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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nicht preisgab, wie beraubt er sich fühlte. Und wie ekstatisch.
    Cayal zuckte die Achseln. »Theoretisch beschränken dich nur die Grenzen deiner Vorstellungskraft. In der Praxis hängt es daran, wie weit du in die Gezeiten vordringen kannst, um etwas wirklich werden zu lassen. Die Gefahr besteht darin, nicht zu wissen, wie tief du eintauchen darfst – und nicht zu wissen, wie du zurückkommst.«
    »Was passiert, wenn man zu tief eintaucht?«
    »Kentravyon.«
    Declan runzelte die Stirn und wusste nicht recht, wie Cayal das meinte. »Habt ihr den nicht eingefroren, weil er sich für Gott hielt?«
    »Und glaubst du, jemand, der noch zu retten ist, hält sich für Gott?«
    »Auch wieder wahr.«
    Cayal zuckte wieder die Achseln. »Zu tief in den Gezeiten zu schwimmen hat ihn verrückt gemacht. Und zwar auf übelste Art. Die fixe Idee, Gott zu sein, war bloß die letzte Wahnvorstellung einer langen Kette von zunehmend irren Trugbildern, die ihn beherrschten. Noch schlimmer war, dass wir alle seinetwegen leiden mussten. Es war besser für alle, als er von der Bildfläche verschwand.« Cayal lächelte unvermittelt. »Jeder gerät hier und da mal in Versuchung, zu tief einzutauchen. Sie ist so heimtückisch, weißt du.«
    »Was ist heimtückisch?«
    »Gezeitenmagie. Anfangs denkst du, es gäbe kaum eine sinnvolle Verwendung dafür, und im nächsten Augenblick verwüstest du einen ganzen Kontinent.«
    »Das ist dein Spezialgebiet, Cayal«, sagte Declan. »Meines wird es nie werden.«
    »Das sagst du jetzt, Erster Spion. Die Zeit wird es zeigen.«
    Und Zeit, so ahnte Declan, war genau das, was er jetzt im Überfluss besaß. Er war jedoch nicht in der Stimmung, mit dem unsterblichen Prinzen über seine Zukunft zu spekulieren.
    Zum Glück war auch Cayal augenscheinlich nicht darauf aus, sich mit Declan anzufreunden. Er ging quer über den Hof, hob ein anderes Fass auf und trug es in die Mitte des Platzes. Dann stellte er es etwa an der Stelle ab, wo das von Declan zerstörte Fass gestanden hatte.
    »Lass es uns noch mal versuchen, ja? Und diesmal gibst du dir Mühe, etwas Größeres übrig zu lassen als die Splitter von vorhin.«
    »Dann glaubst du also, dass Arkadys Plan umsetzbar ist?«
    »Nicht, wenn du weiterhin keinen Schimmer hast, was du da tust«, sagte Cayal und trat von dem Fass zurück. »Jetzt konzentrier dich.«
    Declan wünschte, er könnte Cayal widersprechen oder sich einfach weigern. Er hatte größte Lust dazu. Alles, worin er mit dem unsterblichen Prinzen nicht übereinstimmte, fühlte sich richtig an. Aber da waren die Gezeiten, kitzelten den Rand seines Bewusstseins, riefen nach ihm wie eine hungrige Geliebte. Dies war das erste Mal, dass er bewusst versucht hatte, die Gezeiten zu lenken. Das Gefühl war weit mehr als verführerisch. Das Verlangen, Hals über Kopf einzutauchen und in dieser unsäglichen Süße zu ertrinken, war beinahe unwiderstehlich.
    Ob es ihm nun gefiel oder nicht: Als es dem zweiten Fass ebenso erging wie dem ersten, wurde Declan klar, dass er nun die Gezeiten berühren konnte, dass er sie lenken und sogar in ihre Fluten tauchen konnte, wenn er genug Kühnheit besaß.
    Und statt sie als Inbegriff der Macht des Bösen zu verschmähen, wie man ihn von klein auf gelehrt hatte, stellte er nun fest, dass es die mit Abstand beglückendste Erfahrung seines ganzen Lebens war, die Gezeiten zu berühren. Und er wusste, dass er der Versuchung mit aller Kraft widerstehen musste, wenn er seinen Verstand und seine geistige Gesundheit behalten wollte.
    Und dass er bis zum Ende aller Tage würde widerstehen müssen.

49
     
    Die Dorfbewohner hatten das Haus verwüstet, das Cydne Medura in Wasserscheid als Klinik benutzt hatte. Die Fensterläden waren zerschlagen, der Hausrat geplündert, und überall stank es nach Holzgeist, dass einem die Augen tränten.
    Es dauerte fast drei Tage, die Schäden zu beseitigen und die Hütte wieder einigermaßen in Stand zu setzen. Tiji war froh, etwas zu tun zu haben, was sie beschäftigte und ein wenig von all den Ereignissen im Außenposten ablenkte. Sie kam immer noch nicht damit klar, dass Declan jetzt unsterblich war, und sie war dankbar, jetzt nicht in seiner Nähe sein zu müssen, sondern ihre Gedanken ordnen zu können.
    Natürlich war es nicht gerade hilfreich, dass sie Arkady Desean am Hals hatte. Trotz Declans gegenteiligen Versicherungen war Tiji nicht restlos überzeugt, dass Arkady nicht doch irgendwie für Declans Unsterblichkeit mitverantwortlich war.

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