Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
sah ihnen beim Schlafen zu. Er hatte keine Ahnung, wie lange der Unsterbliche schon dort stand, doch Declan war sich nun ziemlich sicher, was ihn geweckt hatte.
»Was hast du gesagt?«, fragte er leise, während er sanft von Arkady abrückte, um sie nicht aufzuwecken.
»Die Fyronneser hatten früher ein Sprichwort – die Alten, von denen Brynden abstammt. Beende es jetzt. Das ist es, was du im Augenblick höchster Ekstase tun solltest.«
Declan suchte nach seiner Hose und fragte sich, wo Arkady sie gestern Nacht hingeworfen hatte. »Warum?«, fragte er, als er sie auf der anderen Seite des Zimmers erspähte.
»Weil wenn du einmal am Gipfel bist, geht’s nur noch bergab, alter Junge. Also beendest du es besser gleich und ersparst dir ein langes Leben voller Enttäuschungen.« Cayal sah zu, wie Declan den Raum durchquerte, um seine Beinkleider zu holen, und setzte mit einem säuerlichen Lachen hinzu: »Ach nein, du kannst ja nicht sterben, nicht wahr? Schätze, du musst dich wohl auf die enttäuschende Variante einstellen.«
»Willst du irgendwas?«, fragte Declan, fest entschlossen, sich nicht auf die Provokation einzulassen. Er hob seine Hose auf, wandte sich von Cayal ab und zog sie an.
»Dich.«
»Wozu?«
»Die Zeit läuft, Ratz, während du mit dem Mädchen deiner Träume deine kleinen Fantasien auslebst. Uns bleiben nur ein paar Tage, bis die gefürchteten Söldner zurückkommen. Wir haben viel zu tun.«
»Was soll das sein?«
»Du musst einige Dinge lernen, sonst muss ich nachher sämtliche Heldenrollen übernehmen.«
Declan drehte sich um, starrte den unsterblichen Prinzen an und fragte sich, ob er wieder einmal stichelte oder es ernst meinte.
Cayal lächelte. »Zieh dich jetzt fertig an. Ich warte draußen.« Dann warf er einen Blick auf Arkadys schlafende Gestalt und seufzte. »Gezeiten, die ist aber auch hinreißend. Natürlich wird es in der Zukunft hübschere für dich geben. In dieser Hinsicht ist das Ewige schon nützlich. Hübscher, geschickter, besser im Bett …«
»Wen willst du überzeugen, Cayal, mich oder dich selbst?«
Zu Declans Überraschung schien die Frage einen wunden Punkt bei dem Unsterblichen zu treffen. Cayal stieß sich vom Türrahmen ab, sein spöttisches wich Lächeln echter Verärgerung. »Lass mich nicht warten, Ratz.«
Obwohl die Tür ganz leise ins Schloss fiel, reichte es, um Arkady zu wecken. Während er sich sein Hemd zuknöpfte, kniete sich Declan neben das Bett und küsste ihre Stirn.
»Schsch …«, sagte er. »Leg dich wieder schlafen.«
»Ich hab Stimmen gehört«, murmelte sie.
»Es ist nichts. Du solltest schlafen, solange du kannst.«
Sie kuschelte sich zufrieden in die Mitte des Betts. »Ich liebe dich, Declan.«
»Selbst in deinen Träumen?«
Sie lächelte mit geschlossenen Augen, als sie sich das Laken überzog, um die Insekten fernzuhalten. »Scheint so.«
»Schlaf weiter, Kady.«
»Ich konnte nie ausschlafen in … als ich Sklavin war.« Ihre Stimme war durch das Kissen gedämpft und klang träumerisch.
»Dann schlaf weiter bis Mittag, wenn du möchtest, Liebste. Du bist keine Sklavin mehr.«
»Mmmmm …«, antwortete sie.
Declan küsste sie nochmals auf die Stirn und stand auf. Er blickte sie lange an und staunte über das glückliche Schicksal, das ihm Arkady geschenkt hatte. Mit leiser Unruhe gestand er sich ein, dass Tijis Verdacht im Grunde gar nicht so weit hergeholt war.
Auch wenn er tatsächlich keine Wahl gehabt hatte, war er sich doch nicht ganz sicher, ob er nicht auf den Handel eingegangen wäre, wenn man ihm im Tausch gegen seine Sterblichkeit eine kurze Lebenszeit mit Arkady angeboten hätte.
»Wie viele Sinne hast du?«
Declan zuckte die Achseln. Ihm war klar, dass dies eine Fangfrage war. »Fünf.«
»Nenne sie.«
Er rollte mit den Augen, beantwortete jedoch Cayals Frage. Declan hatte schnell gemerkt, dass Cayal seine eigene Art zu lehren hatte und gern dafür sorgte, dass sein Schüler sich wie ein kompletter Idiot vorkam. »Geschmackssinn. Tastsinn, Gesichtssinn, Gehör- und Geruchssinn.«
»Was ist mit den anderen?«
»Welche anderen?«, fragte Declan, wohl wissend, dass Cayal genau das von ihm erwartete.
»Du kannst die Gezeiten spüren, oder? Du kannst sie nicht schmecken. Sie sind nicht greifbar, also kannst du sie nicht betasten. Du kannst sie weder sehen noch hören. Und du kannst sie ganz sicher nicht riechen.«
Declan musste zugeben, dass das Argument stichhaltig war. »Also haben wir sechs
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