Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
sie nun tatsächlich gehörte. Auf dich haben sie es wirklich abgesehen.
Aber hier bot sich ihr eine Chance, sowohl etwas für ihren Schutz als auch dem jungen Doktor einen Gefallen zu tun. Sie fand, sie schuldete ihm etwas. Immerhin stand sie nicht auf der Liste der Sklavinnen, die zu den senestrischen Bergwerken verschifft werden sollten, sobald die Hochzeitsfeierlichkeiten vorbei waren. Und das war ausschließlich auf Cydnes Vermittlung zurückzuführen.
»Das war eine Reise«, erzählte sie Geriko. »Er war …«, sie zögerte und suchte vergeblich nach dem senestrischen Wort für unersättlich, »… sehr hungrig. Immer, immerzu dabei. Wie ein brunftiger Hengst.«
Gerikos Augen leuchteten auf, als er so kostbaren Klatsch vernahm. »Wie ein Hengst?«
Arkady nickte und erwärmte sich regelrecht für ihre Geschichte. Sie beugte sich ein wenig vor und fugte mit gesenkter Stimme hinzu: »Er ist auch so … gebaut. Er hat mich fast ausgeweidet.«
Der Sklave starrte sie an, von Erstaunen übermannt, dann blickte er mit neuem Respekt in Richtung der Hochzeitstafel. »Wirklich? Cydne? Wer hätte das gedacht?«
Arkady lächelte und fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis das Gerücht in ganz Port Traeker die Runde machte, Cydne Medura sei nicht nur gut ausgestattet, sondern auch ein unersättlicher Liebhaber.
Ich glaube, jetzt sind wir quitt, Cydne, sagte sie im Stillen zu ihm.
Dann wandte sie sich wieder lächelnd Geriko zu. Wenn sie einen Weg hier heraus finden wollte, wenn sie jemals Senestra und ihrem Sklavinnenschicksal entrinnen wollte, dann brauchte sie Freunde.
Dieser große bärtige Sklave, der im Krankenhaus mit ihr arbeiten würde, sich nicht darum scherte, dass sie dünn war, und ihre Brüste mochte, war wohl ein ebenso guter Anfang wie jeder andere.
16
»Die Stadt begrüßt Euch.« Declan drehte sich zu dem Seemann um, der ihn angesprochen hatte. »Wie kommst du darauf?‹« ‹ »Die Kristallstadt hat ihr Lichtspiel für euch entzündet.«
Declan blinzelte in das Funkeln der Kristallklippen von Ramahn, während das Schiff seinen Weg durch die vorgelagerten Riffs nahm. Äonen brechender Wellen und sprühender Gischt hatten die Kalksteinfelsen und die darüber liegenden Stadtmauern mit Lagen über Lagen von Salz verkrustet, aus denen die Sonnenglut eine glitzernde Kristallschicht buk. Wie gewöhnlich zu dieser Jahreszeit ließ der Sonnenaufgang die Salzkristalle erstrahlen, bis sie funkelten wie geschliffene Juwelen. Die ganze Stadt gleißte und blitzte so hell, dass es blendete.
»Die Kristallstadt ist eine Hure. Sie macht das für jeden Mann.«
Der Seemann lachte, wobei er eine Reihe unregelmäßig gefärbter Zähne entblößte. »Ich sehe, ihr wart früher schon in Ramahn, wenn ihr die Stadt gut genug kennt, um sie Hure zu nennen.«
»Ein-, zweimal.«
»Dann braucht ihr auch keine Warnung über die Gewohnheit der Hure, Fremde bei lebendigem Leib zu verschlingen.«
Declan schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich denke, ich komme klar.«
Auf ein gebrülltes Kommando des Maates hin entfernte sich der Seemann und überließ es Declan und den anderen Passagieren des kleinen Frachters, die funkelnden Stadtmauern zu bewundern. Während die Matrosen die Segel refften und der Steuermann das Ruder gegen die einlaufende Flut drückte, machte Declan sich Sorgen wegen der langen Zeit, die er gebraucht hatte, um endlich hier anzukommen.
Es war über einen Monat her, dass er Clydens Gasthof nach dem Gespräch mit Aleki verlassen hatte. Er hoffte natürlich, dass für Nyah und Stellan alles nach Plan verlief, aber in Wahrheit hatte er seither nur selten an sie gedacht.
Wesentlich öfter hatte er sich gefragt, ob er wirklich die Macht besaß, den Wind zu lenken und sein Schiff schnell wie ein Vogel nach Süden fliegen zu lassen. Etwa genauso oft, wie er sich gefragt hatte, was alles passieren konnte, wenn er das versuchte.
Nachdem er ausgeschifft war und die Zollwachen ihn überprüft und angemessen darüber belehrt hatten, sich zu benehmen, solange er Gast in Torlenien war – eine Warnung, die an alle alleinreisenden Männer des Schiffes ausgegeben wurde –, schulterte er sein Gepäck und marschierte in die Stadt.
Eine der vielen Lehren, die Declan Hawkes vom früheren Ersten Spion des königlichen Geheimdienstes, Daly Bridgeman, erhalten hatte – und eine der ersten Lektionen, die ihm die Bruderschaft des Tarot erteilt hatte –, war der außerordentlich nützliche Rat, sich nie nur
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