Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
nicht am Nordpol?«
»Kentravyon war ja bereits hier. Es schien mir ein übertriebener Aufwand, ihn am Südpol aufzutauen und dann zum Nordpol zu schleifen. Außerdem hätte das bedeutet, mit ihm durch Gegenden zu ziehen, wo sich lebende Menschen aufhalten, Cayal. Kein guter Plan.«
»Und warum ist Taryx hier?«
»Aus demselben Grund wie Kentravyon. Wir brauchen jedes Quäntchen Energie, dass wir kriegen können.«
»Dann ist es ja gut, dass ich Pellys hergebracht habe.«
Lukys schüttelte den Kopf. »Er ist keine so große Hilfe, wie du denkst. Wir müssen unsere Kräfte für diese Sache bündeln und präzise ausrichten, und ich bin mir nicht sicher, ob Pellys dazu fähig ist. Wir werden ja sehen.«
»Ausrichten auf was?«
»Bitte?«
»Du hast gesagt, wir müssen unsere Kräfte ausrichten. Auf was?«
»Auf die bevorstehende Aufgabe«, wich Lukys schlagfertig aus. »Das bringt mich gleich zum nächsten Punkt. Wir brauchen noch mehr Leute.«
»Gezeiten, Lukys, ich verführe nicht Elyssa für dich. Wenn du meinst, du brauchst ihre Hilfe, musst du sie schon selber fragen.«
»Eigentlich brauchst du ihre Hilfe mehr als ich«, sagte Lukys. »Immerhin bist du es, der sich umbringen will. Aber noch ist Zeit, bis die Flut ihren Höhepunkt erreicht und wir uns mit der Kaiserin und ihrer Sippschaft befassen müssen. Wusstest du, das Jaxyn – mit Dialas Hilfe, ob man es glaubt oder nicht – nur eine Haaresbreite davon entfernt ist, Glaeba in Besitz zu nehmen?«
»Ich hab davon gehört.«
»Na, solange er Syrolee und Engarhod beschäftigt – und damit auch Elyssa und Tryan –, können wir unbesorgt unsere eigenen Pläne verfolgen.« Lukys drehte sich um und betrachtete erneut die atemberaubende Eislandschaft. »Gezeiten, diese Gegend ist schon Ehrfurcht einflößend, oder?« Er blickte Cayal an und lächelte schief. »Ach, stimmt ja. Dir flößt ja nichts mehr Ehrfurcht ein, richtig, alter Junge? Darum willst du ja auch sterben.«
Cayal überging die Frage. Der springende Punkt war hier nicht die Frage, ob er Gefallen an der Landschaft fand, sondern etwas, das Lukys gerade gesagt hatte. »Worin genau bestehen denn unsere eigenen Pläne?«
»Natürlich darin, dir deine Qualen beenden zu helfen«, sagte er und lächelte ihn treuherzig an.
»Und dabei dich selbst zum Gott zu machen?«
»Ist es nicht herrlich, einen Plan zu haben, bei dem jeder gewinnt?«
»Du bist zu tief in den Gezeiten geschwommen«, Cayal schüttelte den Kopf. Aber es hatte keinen Sinn, darüber zu streiten. Und kümmerte es ihn letzten Endes überhaupt, was Lukys wirklich vorhatte? Wenn der Plan seinen Tod einschloss, war alles, was danach kam, für ihn ohne Belang. »Das hat dich auch verrückt gemacht. Was gibt es sonst noch für mich zu tun?«
»Wir brauchen so viele von unserer Art, wie wir zusammenbringen können. Auch weniger bedeutende Unsterbliche wie Taryx, und zwar genau hier, in unmittelbarer Nähe des magnetischen Pols.«
»Warum?«
»Weil es eben so ist, Cayal. Vertrau mir.«
Gezeiten, nein! Wenn es je eine gefahrgeschwängerte Phrase gegeben hatte, war das vertrau mir. Aber was half das schon? »Weißt du, wo die anderen sind?«
Lukys nickte. »Ich weiß, wo zumindest drei von ihnen sich aufhalten.«
Cayal runzelte die Stirn. Er war ziemlich sicher, dass ihm nicht gefallen würde, was jetzt kam. »Warum habe ich das Gefühl, dass du mir das aus einem bestimmten Grund erzählst? Und sag mir jetzt bitte nicht, dass du einfach gern an einem Abgrund stehst und plauderst.«
Lukys strahlte und hob die Stimme, um den Wind zu übertönen. »Weil ich will, dass du losziehst und sie für mich hierherbringst, Cayal. Ja, lade sie ein in unseren … wie hat Pellys es genannt?« Er öffnete die Arme weit, als wollte er das fantastische Eisschloss umfassen, das er errichtet hatte. »Unseren Palast der unmöglichen Träume.«
Cayal war von der Idee nicht annähernd so begeistert wie Lukys. »Von welchen drei Unsterblichen reden wir hier?«
»Arryl, Medwen und Ambria. Alles ehemalige Liebhaberinnen von dir, oder?«
»Mit Ambria habe ich nie geschlafen.«
Lukys sah betroffen aus. »Wer hätte das gedacht?«
Cayal kämpfte kurz mit sich. War es wirklich ratsam, sich auf Lukys’ Pläne einzulassen? Dann rief er sich ins Gedächtnis, dass es nur eines, gab, was wirklich zählte: Lukys konnte ihm beim Sterben helfen. »Wo sind sie?«
»In Senestra. Da haben sie sich einen hübschen kleinen Mummenschanz aufgebaut. Sie sind schon fast
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