Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
ausführte. Oder ihr begrenztes Crasii-Hirn wusste einfach nicht gebührend zu würdigen, was er ersonnen hatte. Wahrscheinlich fehlte ihr schlicht die Intelligenz, sein Genie zu ermessen.
Und sein Plan war wirklich und wahrhaftig genial. Zum ersten Mal seit Menschengedenken waren die Großen Seen zugefroren, und die Invasion Caelums konnte voraussichtlich in wenigen Tagen beginnen. Jaxyn lehnte sich auf dem königlichen Thron zurück, den er mit Beschlag belegt hatte, und begutachtete die Schlachtpläne, die auf dem langen polierten Tisch ausgebreitet lagen. Er war ausgesprochen zufrieden mit seiner Leistung.
Er hatte das Problem gelöst, was wegen der empfindlichen Pfoten der Feliden zu tun war, die den Großteil seiner Angriffsarmee ausmachten. Er hatte genügend Truppen an verschiedenen Sammelpunkten zusammengezogen, ohne Alarm in Caelum auszulösen. Indem er sich dabei auf die großen Häfen konzentrierte, wo jetzt der gesamte Schiffsverkehr auf Eis lag, machte er die Caelaner glauben, seine Invasionstruppen seien an der großen Kälte gescheitert. Alles, was ihn noch von der Eroberung des benachbarten Königreiches abhielt, war die letzte Fuhre Schaffellstiefel, die er in Tenatien geordert hatte. Man hatte ihm versichert, der Frachter mit den Stiefeln an Bord habe bereits in Solmain angelegt. Jetzt hieß es nur noch abwarten, dass die Fracht von der Küste über Land nach Herino gebracht wurde. Es konnte noch gut zwei Wochen dauern, bis die Stiefel hier eintrafen, und das hieß, Jaxyn hatte endlich Zeit, sich mit ein paar anderen brennenden Problemen zu befassen, deren Erledigung er bis jetzt vor sich hergeschoben hatte.
»Ist das nicht ein bisschen vorschnell von dir, Schatz?«
Jaxyn blickte auf und sah Lyna in der Tür stehen. Wegen der bitteren Kälte war sie in Pelze gewickelt. Die schlanke, dunkelhaarige Unsterbliche gab sich als seine Verlobte und entfernte Cousine aus, Lady Aleena Aranville. Doch da war wenig Liebe zwischen Jaxyn und seiner zukünftigen Braut. Ihr Pakt beruhte eher auf einem Zweckbündnis, das nichts mit Vertrauen, aber viel mit Habgier zu tun hatte.
»Wovon sprichst du?«
»Du sitzt auf dem Thron des Königs. Bist du diesen lästigen Knaben endlich losgeworden, oder prüfst du nur mal, ob dir der Thron passt?«
Jaxyn erhob sich, überhaupt nicht in Stimmung für Lynas Spielchen. Er musterte ihren Pelzbehang und zog fragend eine Augenbraue hoch. »Was soll denn diese Bärenhaut? Es wird dir ja wohl nicht kalt sein?«
»Natürlich nicht«, sagte sie, schüttelte den dicken weißen Umhang ab und hängte ihn am Tischende über einen der Stühle. »In Herino laufen alle rum, als würden ihnen gleich die Eier abfrieren. Da sieht es ein bisschen seltsam aus, wenn wir in Sommergewändern über die Seepromenade flanieren.« Sie schlenderte an der Längsseite des Tisches entlang und musterte die ausgelegten Pläne und Landkarten. »Ist das eigentlich dein Werk?«
»Ist was mein Werk?«
»Na, das Wetter. Hast du dein Händchen im Spiel bei diesem erstaunlichen Kälteeinbruch? Oder ist es reiner Zufall? Es gibt doch zu denken, dass just zu dem Zeitpunkt, wo du beschließt, über das Eis in Caelum einzumarschieren, zum ersten Mal seit Menschengedenken praktischerweise die Großen Seen zufrieren.«
»Liebst du nicht auch den glücklichen Zufall?«
»Ist das nicht ein ganz schönes Risiko?«
»Nicht wirklich«, entgegnete er. »Ich hab das Wetter nicht verändert. Nur … ein bisschen nachgeholfen. Es gehörte nicht viel dazu. Dass die Gezeiten so schnell steigen, hab ich noch nie erlebt.«
»Und was ist, wenn die anderen deine Manipulation in den Gezeiten gespürt haben?«, sagte sie und blickte vom Tisch hoch. »Werden Tryan und Elyssa nicht etwas von deinem Treiben mitbekommen haben?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich war sehr behutsam. Kleinste Dosen über viele Wochen verteilt. Die haben nicht einen Hauch davon mitbekommen.«
Sie lächelte humorlos. »Na, dann bist du ja ein ganz Raffinierter.«
»Fein, dass du das endlich zu schätzen beginnst.«
»Wirst du gewinnen?«
»Selbstverständlich.«
»Und was hast du mit den anderen vor, wenn du den Sieg in der Tasche hast? Wenn du den Thron von Caelum bestiegen und deinen alten Verehrer abgemurkst hast?« Sie wedelte mit der Hand über die auf dem Tisch ausgebreiteten Pläne. »Ich meine, darum geht es hier doch wohl. Du willst unbedingt den Kerl drankriegen, der dir eine Nase gedreht hat.«
Jaxyn starrte sie finster an. »Hier
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