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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Angst, die vor allem durch meine
Lage in diesem Greifarm heraufbeschworen wurde. Ich hatte das
Gefühl, als stürben nacheinander alle Glieder ab, als würde die
Folter unerträglich.
Einer der Kameraden, die wie ich in diesem Griff saßen, schrie
ab und an laut auf.
Als ich spürte, dass ich jeden Augenblick ohnmächtig werden
würde, hatte der Lauf ein Ende. Wir wurden abgesenkt, aber
nicht aus der Umklammerung entlassen.
Ich lag, wie vor Minuten noch im Fluss, nun wieder auf dem
Rücken. Die Glieder ruhten, ich fühlte mich bis auf den Druck
um den Leib relativ wohl, drehte den Kopf so gut es ging.
Wir standen in einem Pulk von diesen Halbkugeln, von denen
Hugh drei zerstört hatte. Dazwischen aber schwebte eine größere
Anzahl grüner Kugeln. Die bewegten sich wie ein Vogelschwarm
oder besser, wie ein Schwarm Fische. Eine jede vollzog die
nämliche Drehung, den Richtungswechsel, kurzum, die gleiche
Bewegung.
Fünf von ihnen näherten sich in dieser merkwürdigen
synchronisierten Formation den Robotern.
Die nicht erfolgreich waren, wurden sofort entlassen, sie
trotteten weiter. Eine kleine Weile verhielten die fünf vor dem
verletzten Kameraden. Plötzlich löste der Roboter die Schelle,
die blutig war. Der Soldat rollte ein wenig, leblos, schlaff. Ich
wusste, ohne ihn aus der Nähe zu sehen, dass er tot war. Die
Maschine aber trottete den anderen hinterher.
Wir blieben zu dritt zurück.
„Jetzt“, dachte ich. Und so etwas wie Trotz oder Galgenhumor,
ein Hass vielleicht auch, vertrieb die Angst. Sie kamen zu mir,
stellten sich offenbar genau hinter meinem Kopf auf, sodass ich
sie nicht sehen konnte. Eine Weile tat sich nichts. Aber auf
einmal löste sich der unerträgliche Druck auf meinen Leib.
Die Klammer schwenkte auf, ruckte nach oben, der Roboter
machte einen Bogen um mich und trollte sich.
Ich spürte schmerzlich die Quetschstelle auf meinem Rücken.
Langsam setzte ich mich auf, und mit einiger Kraftanstrengung
drehte ich den Körper, das Gesäß als Lagerpunkt nutzend. Als
ich die Kugeln unmittelbar vor mir schweben sah, war die
allererste Reaktion: „Fort, Igor, lauf…!“ Gleichzeitig gewahrte
ich die Antennenpeitschen, die aus den nächst stehenden
Halbkugeln auf mich gerichtet waren. Aus dieser Nähe würde
mich der erste Blitz niederstrecken. Und ich zweifelte nicht im
Geringsten, dass dieser ausgelöst werden würde, falls ihnen eine
meiner Reaktionen nicht gefiel. Mittlerweile kannten die
Menschen die unerbittliche Konsequenz dieser Wesen.
Denn ein Gedanke, ein bestechender Gedanke, hatte von mir
Besitz ergriffen: „Hätten sie mich ins Jenseits befördern wollen,
es wäre längst geschehen. Sie hätten es am Fluss aus dem
Hinterhalt ohne Federlesen besorgen können. Nein, sie hatten
andere Absichten. Dass ich bei ihnen Erbarmen fände, über einen
solchen Gedanken konnte ich nur lachen. Aus irgendeinem
unerfindlichen Grund benutzen sie mich und die anderen
Kameraden. Sie brauchen mich! Freilich, ist ihr Interesse
erloschen, senden sie mich den anderen nach. Aber noch ist es
nicht soweit. Sie wollen etwas, noch wollen sie etwas von mir.“
In mir regten sich ungeheure Lebensgeister. Ich dachte wieder
an Dagmar, an die Eltern, der Drang zu leben war erneut da, die
Hoffnung, es könne doch noch alles gut werden… „Sie
brauchen mich, das ist eine Chance.“
Gleich darauf wurde dieser Hoffnungsschimmer gedämpft.
Eine weitere Gruppe der Kugeln machte sich an
der
Nachbarmaschine zu schaffen, löste dort den Kameraden aus
dem Greifer. Und dieser verlor, kaum befreit, die Nerven. Er
sprang auf, und noch bevor ihn mein warnender Ruf erreichte,
sackte er, von mehreren Blitzen auf einmal getroffen, in
Sekundenschnelle schwarz gebrannt, leblos zusammen.
Ekel und Hass stiegen in mir auf und – Unterwürfigkeit. „Ich
will leben“, schrie es in mir, und das hieß im Augenblick, alles zu
vermeiden, was sie misstrauisch werden ließ.
Plötzlich fühlte ich den äußeren Drang, aufstehen zu müssen –
zu sollen? Ich hätte es nicht zu sagen vermocht. Aber eins wusste
ich sicher, es war keine Einbildung, etwas machte mich leichter,
als höbe es mich an. Ich gab dem zögernd nach, behielt die fünf
vor mir reglos verharrenden grünen Globen im Auge. Langsam,
ohne eine überflüssige Bewegung stand ich auf, stand
unschlüssig, aber reglos. Da plötzlich löste sich die Gruppe auf,
alle umringten mich, und im Nu bildete ich den Mittelpunkt
eines Fünfecks. Fast gleichzeitig

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