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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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beizukommen?“
Ich fühlte mich geschmeichelt und wurde verlegen. Taktische
oder gar strategische Fragen hatte ich mir noch nicht vorgelegt.
„Das Wichtigste ist, glaube ich, wir müssen sie zum Stehen
bringen. Nicht nur, weil es notwendig ist, ihr weiteres
Vordringen zu verhindern. An Territorium geht wirklich nicht
viel Wertvolles verloren. Wir brauchen ein Erfolgserlebnis für
unsere Mannschaften. Weitere Miss erfolge und Rückzüge
demoralisieren noch mehr. Die Schwachstelle dieser, dieser…
muss gefunden werden.“ Ich schwieg. Mehr wusste ich im
Augenblick nicht zu sagen.
Suiter sah vor sich hin, nickte, blickte dann von unten her zu
mir auf. „Und sie haben eine, irgendwo haben sie eine. Es ist
unmöglich, auf einem unbekannten Planeten zu landen und nicht
irgendwo eine Fehleinschätzung zu machen. Die
Schwachstelle… Mein Wunsch ist, Igor, eine solche Stelle
oder“, er lächelte, „meinetwegen einen Henkel zum Anfassen zu
finden. Hast du da keine Vorstellungen? Du warst bei ihnen.“
Mir wurde es heiß. Ich ahnte, worauf mein Gegenüber hinaus
wollte. Und fast gegen meinen Willen sagte ich: „Man müsste
hin zu ihnen, müsste sie ausforschen.“
„Du sagst es.“ Wieder blickte Suiter auf.
Ich schwieg.
„Wenn du dir darüber einige Gedanken machen würdest. Bald.
Du weißt, die Zeit ist knapp.“ Der Tonfall zwischen einer Frage
und einer Forderung.
Ich nickte. Und meine Ahnung, dass diese Reise nach Rostock
meinen weiteren Lebensweg beträchtlich beeinflussen würde,
verstärkte sich. Irgendwann – ja bald, wie der General sagte –
würde ich mich zu entscheiden haben. Entweder Versager,
Duckmäuser oder ein verlässlicher
Kämpfer – mit allen
Konsequenzen, den Tod inbegriffen. Das also war wohl unter
dem Begriff ‘Offizier für Sondereinsatz’ gemeint…
Der General ging in einen Plauderton über. Aber stets hatte er
dabei die Verhältnisse an der Front im Blick, Dinge, die zunächst
mit dem Kampfauftrag scheinbar nicht zusammenhingen. Er
sprach von der Verpflegung, der kulturellen Betreuung, über den
Informationsfluss in der Truppe… Und er fragte auch nach
Bekannten, nach meinen Freunden. Er beendete das Gespräch,
als das Telefon summte und er „Gut!“ in die Muschel sprach.
Dann bat er mich ans Fenster, das auf die Terrasse hinausging.
Man hatte dort ein Geviert aus mobilen Wänden abgesteckt, und
zu meiner Überraschung stand der von mir erbeutete Werfer auf
einem Stativ. Nach einem Zeichen Suiters zuckte ein knalliger
blauer Blitz gegen eine Stahlplatte, aus der ein mächtiges Bukett
gelber Funken stob.
Unwillkürlich trat ich einen Schritt zurück, und auch Suiter
zuckte zusammen. „Donnerwetter“, rief er.
Einen Augenblick plagten mich schreckliche Bilder.
„Also – dazu gibt es keine Fragen“, bemerkte Suiter, und er
sagte es mit Genugtuung. „Eine Menge Nebenergebnisse und
Schlüsse bringt uns das Gerät. Zum Beispiel einen Einblick in
ihre Energiespeicherung. Grandios, sage ich dir. Hundertfach
rationeller als unsere, am ehesten vergleichbar mit der eines –
Zitteraals. Aber jedenfalls nachvollziehbar. Und wir wissen, was
der Blitz kann und was nicht, wie oft er, ohne nachzuladen,
reproduzierbar ist. Die Produktion ist angelaufen. Wir werden
euch demnächst mit Tausenden von diesen Strahlern ausrüsten.
Draußen wird es zu einem Überraschungseffekt kommen. Es
muss überlegt werden, welches der günstigste Moment des
Einsatzes ist. Gut, gut, ich bin mir im Klaren, dass der
militärische Wert umstritten sein kann. Aber sie bemerken
vielleicht, dass wir nicht ganz auf den Kopf gefallen sind. Dein
Verdienst, Igor!“ Und Suiter blickte erneut aufrichtig
anerkennend auf mich. „Und ich höre von dir, ja?“
Wir verabschiedeten uns mit einem kräftigen Händedruck.
    Mein Rückflug konnte erst für den übernächsten Tag gebucht
werden, worüber ich mich keineswegs beklagte, wenngleich die
geschenkte Urlaubszeit nicht so unbeschwert verlaufen würde,
wie ich es mir ursprünglich vorgestellt und gewünscht hatte.
    Ohne nach wie vor den Gedanken näher fassen zu können,
wusste ich, mein Leben hatte eine Wende erfahren. Ich würde
als ein anderer zu Dagmar zurückkehren. „Ade, Traum von
einem Druckposten“, ja, so sprach ich das jetzt bei mir an, was
ich wenige Tage zuvor der Freundin gegenüber noch als etwas
Erstrebenswertes gepriesen hatte. Innerlich jedoch fühlte ich mich
keineswegs reif, in diesem Unternehmen „Kampf den
Eindringlingen“ eine

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