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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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Umständen dafür sorgen, dass es auch so blieb. Während sie noch darüber nachdachte, nahm sie jedoch einen weiteren Geruch wahr. Frisches Blut.
    Frisches Blut roch sehr viel intensiver als Blut aus der Konserve oder Kunstblut. Es verbreitete mehr Wärme und roch sehr viel verführerischer. Da Laney den Geruch jedoch aus der Notaufnahme nur zu gut kannte, verursachte er bei ihr keinerlei Nebenwirkungen mehr. Sie hatte sich daran gewöhnt. Doch erkennen konnte sie den Geruch immer noch. Besorgt wandte sie sich wieder dem kleinen Jungen auf ihrem Arm zu.
    „Bist du sicher, dass du Schreie aus dem Schwesternzimmer gehört hast?“, fragte sie beunruhigt.
    Juan nickte nur und Laney spürte, wie sie sich versteifte. Die Fremden waren Outlaws. Eine andere Erklärung gab es dafür nicht. Mitgliedern der Herrenrasse war es verboten, Menschen willkürlich anzugreifen. Seinen Hunger nach Belieben zu stillen, galt als bestialisch und unbeherrscht. Es war seit mehr als einem Jahrhundert verboten und wurde von der Herrenrasse auch schon lange nicht mehr praktiziert. Es gab jedoch immer Ausnahmen. Laney hatte schon davon gehört, dass einige Warmblüter sich hin und wieder gegen die Ältesten auflehnten und ihren Gesetzen zuwider handelten. Ihr Durst oder ihr Unwille zu gehorchen waren stärker als die Angst vor der Bestrafung.
    Laney war einem solchen Vampir zwar noch nie begegnet, aber sie hatte Geschichten darüber gehört. Geschichten, die sie als verabscheuungswürdig empfand. Willkürlich einen Menschen zu töten erschien ihr genauso widerwärtig, wie ohne einen Grund einen Diener umzubringen.
    Laney atmete schwer. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Es stand völlig außer Frage, dass sie einfach davonlief und alle Menschen hier ihrem Schicksal überließ. Das konnte sie mit ihrem Gewissen auf keinen Fall vereinbaren. Juans verängstigter Gesichtsausdruck würde sie auf ewig verfolgen. Doch was sollte sie dann tun? Den Leuten im Schwesternzimmer konnte sie nicht mehr helfen. Es machte Laney wütend, dass sie die meisten dieser Frauen kannte und mochte, aber es war definitiv zu spät.
    Einen Augenblick überlegte Laney, ob sie den Feueralarm auslösen sollte. Dann wäre innerhalb von Sekunden alles auf den Beinen und die Wahrscheinlichkeit war groß, dass die meisten Menschen entkommen konnten. Aber andererseits forderte sie damit auch das Schicksal heraus. Es war gut möglich, dass die Vampire sich dann verrieten und es war eine feste Regel, dass unbeteiligte Menschen auf keinen Fall von der Existenz der Vampire erfahren durften.
    Dieser Plan war also hinfällig. Laney dachte krampfhaft nach. Sie musste irgendwie erfahren, was um Himmels willen die Fremden planten. Laney lauschte angestrengt und konnte hören, dass sie etwas sagten. Nur leider war sie zu weit weg, um es zu verstehen. Sie musste näher ran.
    Laney lockerte ihren Griff um Juan und erreichte damit nur, dass er sich noch stärker an sie klammerte. Er war starr vor Angst und sein kleines Herz hüpfte unruhig in seiner Brust. Es versetzte Laney einen Stich ihn so zu sehen.
    „Hör zu, Juan“, flüsterte sie. „Du musst jetzt ganz stark sein. Ich brauche deine Hilfe. Sieh mich an.“
    Verunsichert ließ er ein wenig locker und Laney zog ihn so weit von ihrem Hals weg, bis er ihr in die Augen sehen konnte. Sie versuchte so viel Zuversicht und Ruhe auszustrahlen wie möglich, um ihm Vertrauen einzuflößen. Sie war sich nicht ganz sicher, ob er sich täuschen ließ.
    „Du musst wieder zurück zu den anderen Kindern“, flüsterte sie und es schmerzte sie zu sehen, wie sein Blick panisch wurde und er versuchte, sie wieder zu umarmen. Aber Laney blieb hart und ließ nicht zu, dass er sich wieder versteckte.
    „Hör mir zu, Juan!“, sagte sie jetzt strenger und schüttelte den Jungen. „Du hast recht, dass hier irgendetwas vorgeht, und ich muss herausfinden, was das ist. Aber ich kann dich unmöglich mitnehmen. Du musst wieder zu den anderen Kindern gehen. Nimm meinen Schlüssel und schließ von innen ab.“ Laney griff mit einer Hand nach dem Schlüssel, den sonst nie ein Patient in die Hände bekam. „Du wirst erst wieder öffnen, wenn jemand, den du kennst, herein will. Verstanden?“
    Juan sah immer noch erschrocken aus, aber er nickte, als hätte er verstanden.
    „Und noch etwas“, fügte Laney hinzu. „Ihr dürft auf keinen Fall Lärm machen. Sorg dafür, dass die anderen Kinder nicht anfangen zu weinen oder zu schreien. Am besten weckst du sie

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