Familienbande
meine Mutter mich weckte und in das Versteck schickte. Ab da ist alles verschwommen, bis zu dem Moment, in dem man mich wieder aus dem Versteck holte.“
Laney drehte sich weg und William ergriff demonstrativ ihre Hand.
„Das tut mir leid“, sagte er und klang so aufrichtig, dass Laney es nicht schaffte, ihm ihre Hand wieder zu entziehen. Ihre Haut prickelte unter seiner Berührung, aber es war ihr nicht unangenehm. Im Gegenteil.
Sein Blick war durchdringend und wieder einmal war Laney fasziniert von Williams schönem Gesicht. Sie konnte sich kaum von seinem Anblick losreißen. Als aber Annick und Alain aus der Kabine nach oben kamen, ließ William ihre Hand sofort los und sie wandte sich beschämt ab. Wie immer liefen die Zwillinge ganz nah beieinander, ohne sich zu berühren. Sie wirkten vollkommen zufrieden mit sich und der Welt. Jetzt plötzlich hatte Laney das Gefühl zu verstehen, was William gemeint hatte, als er sagte, dass die beiden sich selbst genügten und dieser Gedanke ließ sie ihre nächste Frage formulieren.
„Was ist mit Liliana und Darrek?“, fragte sie und sah William neugierig an. „Sind die beiden ein Paar?“
„Soll das ein Scherz sein?“, fragte William amüsiert. „Lady Liliana hätte das vielleicht gerne, aber Darrek könnte nicht weniger an ihr interessiert sein. Lilianas Vater Tristan ist Darreks Cousin. Er kennt sie seit ihrer Kindheit. Und seit sie nicht mehr zu jung für ihn ist, klebt sie an ihm wie eine Klette. Niemand weiß so genau, warum. Ich glaube nicht, dass Liliana dazu imstande wäre sich zu verlieben.“
„Was ist mit dir? Bist du auf der Suche nach einer Partnerin?“
Jetzt lachte William wirklich. Es war ein angenehmes, lautes Lachen, dass Annick und Alain dazu brachte neugierig zu ihm hinüber zu sehen.
„Nein“, sagte William immer noch amüsiert.
„Warum nicht?“
„Lass es mich so ausdrücken, Sammy. Ich interessiere mich nicht für Frauen.“
Im ersten Moment war Laney verwirrt und wusste gar nicht, was sie sagen sollte. Meinte er das ernst? Sein schelmisches Grinsen ließ Zweifel aufkommen und Laney hatte das Gefühl sich versichern zu müssen.
„Du meinst, du bist …“
„Schwul. Ja. Zumindest war ich das als Mensch. In diesem Jahrhundert ist das Ganze kaum noch dramatisch, aber damals hätte man mich dafür am liebsten irgendwo an den Eiern aufgehängt, wenn das Ganze herausgekommen wäre. Zum Glück konnte ich es ziemlich gut geheim halten.“
Laney schluckte. Damit hätte sie nun wirklich nicht gerechnet.
„Hast du etwa ein Problem damit?“, fragte William und ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen.
„Nein“, beeilte sie sich zu sagen. „Natürlich nicht. Ich bin nur… verwundert. Du wirkst gar nicht …“
„Schwul“, ergänzte William und lächelte dabei. „Du kannst das Wort ruhig aussprechen. Darrek und die anderen wissen Bescheid. Heutzutage muss ich mich dafür nicht mehr verstecken, was mir durchaus angenehm ist. Und da Darrek und die anderen alle in diesem Jahrhundert geboren wurden, sind sie sehr tolerant mir gegenüber. So viel Verständnis bringen einem die älteren Vampire leider nicht immer entgegen.“
„Tut mir leid“, sagte Laney. „Mir war nur nicht ganz klar, dass Kaltblüter auch homosexuell sein können, das ist alles.“
Ein Schatten legte sich über Williams Gesicht.
„Ja. Damals, als ich noch ein Mensch war, nannte man das sexuelle Verirrung.“
Laney hörte den Schmerz in seiner Stimme und es tat ihr sofort leid, dass sie so kindisch reagiert hatte.
„Hast … Hast du denn mal Ausschau nach einem Partner gehalten?“, fragte Laney vorsichtig, aus Angst wieder in ein Fettnäpfchen zu treten.
„Es gab da jemanden“, gab William zu und es schien ihn nicht sonderlich zu stören, dass man ihn danach fragte. „Aber er ist vor langer Zeit gestorben und ich habe mich damit abgefunden, ihn nicht mehr zu haben. Seitdem habe ich nicht mehr danach gesucht. Ich glaube, dass Liebe etwas ist, das einfach passiert. Entweder sie läuft einem über den Weg, oder halt nicht. Und da ich ja eine ganze Ewigkeit vor mir habe, sehe ich keinen Grund mich auf irgendeine Weise zu beeilen.“
Laney nickte und lächelte ihm dann zu.
„Eigentlich hätte ich es mir denken können“, sagte sie nach einer Weile und William warf ihr einen fragenden Blick zu. „Als ich dich das erste Mal gesehen habe, dachte ich schon, dass du zu schön bist, um wahr zu sein. Irgendein Haken musste ja dran
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