Family Affairs - Verbotenes Verlangen
wurde. Ross … Paige … ihre Mutter … Langsam setzte ihr Verstand die einzelnen Fragmente zu einem Ganzen zusammen. Nein, das war unmöglich. Leanne hätte niemals … Sie war sicher keine gute Mutter, aber sie hätte doch niemals ihr Kind zurückgelassen. Doch eine schüchterne Stimme in ihr flüsterte ihr traurig zu, dass sie wohl genau das getan hatte.
„Paige war bei dir in guten Händen. Du weißt doch selbst, dass ich damals keine gute Mutter gewesen wäre. Es war besser zu gehen, ehe sie mich vermissen konnte“, hörte sie Leanne mit erstickter Stimme sagen. Chloe fühlte, wie ihre Beine unter ihr nachgaben, und ließ sich an der Wand entlang nach unten sinken, kalter Schweiß kühlte ihre fiebrig heiße Haut, und ihre Lippen zitterten, als hätte sie Schüttelfrost. Sie fühlte, wie sie die Kontrolle über ihren Körper verlor. Ihr wurde schwarz vor Augen, gleißende Punkte tanzten spöttelnd vor ihrem Blickfeld herum, während sie die beiden immer noch hören konnte.
„Du bist so ein egoistisches Aas, Leanne“, zischte Ross, „Hast dein eigenes Kind zurückgelassen, weil du Karriere machen wolltest, und dann hast du mir auch noch Chloe verschwiegen.“ Er lachte ungläubig auf, seine Stimme bekam einen drohenden Unterton. „Denkst du wirklich, ich lasse dich in Ruhe? Vergiss es. Ich werde nicht aufhören, bis du bekommen hast, was du verdienst und wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen, niemals geboren worden zu sein.“
„Ross, in Gottes Namen! Was bringt dir das noch? Denkst du wirklich, ich habe es später nicht bereut, dass ich Paige zurückgelassen habe? Jahrelang habe ich ein schlechtes Gewissen ihretwegen gehabt, habe mir Vorwürfe gemacht, weil nur ein Kind bei mir aufwachsen durfte. Das hat mich so belastet, dass ich nie in der Lage war, eine normale Mutter-Tochter-Beziehung zu Chloe aufzubauen.“ Ein Schluchzen löste sich aus ihrer Kehle. „Jedes Mal, wenn ich sie angesehen habe, hatte ich Paige vor Augen. Ich habe mich so verdammt mies gefühlt, dass ich Chloe immer wieder zurückgestoßen habe, weil mich ihr Anblick daran erinnert hat, was ich in Amerika zurückgelassen habe.“
„Wen willst du mit dieser Show überzeugen? Du warst schon immer eine gute Schauspielerin, aber mich kannst du mit dieser Einlage nicht täuschen. Du bist ein Monster, Leanne. Ein kaltes und gefühlloses Miststück ohne Herz und ohne Seele. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich dich verachte.“
Ein klatschendes Geräusch. Leanne hatte ihn geohrfeigt, doch das nahm Chloe eher nebenbei wahr. Nur langsam sickerte die Wahrheit in ihr Gehirn. Erst tröpfchenweise, dann mit der Kraft einer gewaltigen Flutwelle. Schwerfällig erhob sie sich und hatte dabei einen grauenhaften Geschmack im Mund. Eine Mischung aus Verrat, Wut und unendlicher Traurigkeit schmiegte sich an ihren Gaumen, als sie sich wie in Trance in Bewegung setzte. Mit bedächtigen Schritten ging sie um die Palme herum, bis sie vor ihren Eltern stand.
„Sagt, dass das nicht wahr ist“, verlangte sie tonlos.
Beide zuckten unter dem monotonen Klang ihrer Stimme zusammen und drehten sich gleichzeitig um. Fast schon teilnahmslos sah Chloe, wie die Hand ihrer Mutter an ihren Mund zuckte, um dann Hilfe suchend nach ihr zu greifen.
„Chloe, Liebes. Oh Gott, bitte lass mich dir erklären …“
Mit zur Seite geneigtem Kopf betrachtete Chloe die scheinheiligen Gesichter jener Menschen, die sie eigentlich beschützen und umsorgen sollten. Stattdessen war sie nur belogen worden. Erst von ihrer Mutter, und wie sich jetzt rausstellte, auch von ihrem Vater. Ross legte ihr derweil beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. Wollte er jetzt etwa Schadensbegrenzung betreiben und vertuschen, dass er genauso verlogen war wie ihre Mutter?
„Es tut mir so unendlich leid, dass du es auf diese Weise erfahren musstest. Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlen musst, weil ich dir nicht von Anfang an die Wahrheit gesagt habe. Aber ich hatte Angst, dass du mich zurückweisen würdest. Ich wollte …“
„ Was wolltest du?“, brüllte sie ihn an und scherte sich nicht um die neugierigen Blicke der Menschen, die sich ebenfalls im Foyer aufhielten. Sollte doch die ganze Welt erfahren, wie hinterhältig sie waren. „Du bist kein Stück besser als sie, hast dich in mein Leben geschlichen und so getan, als wärst du mein Freund. Warum? Wolltest du dich erst mal vergewissern, ob ich als Tochter akzeptabel bin? Nun, ich habe eine hilfreiche
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