Family Affairs - Verbotenes Verlangen
feuchten Asphalt ein ums andere Mal schimmernd aufleuchten, ehe er wieder schwarz und undurchdringlich von der Dunkelheit verschluckt wurde.
Sie verharrte wie festgenagelt auf dem Sitz, behielt den dunklen Hauseingang im Auge und versuchte, genug Mut zusammenzukratzen, um endlich auszusteigen. Währenddessen wurde aus dem stetigen Niederschlag ein heftiger Regenguss. Die Tropfen prasselten unablässig auf die Scheibe, ein treibendes Geräusch, das sie zur Eile ermahnte. Nackte Panik donnerte durch ihre Adern. Vielleicht hatte er schon längst die Schnauze voll von den Carter-Frauen, schoss es ihr durch den Kopf.
Chloes Finger zitterten, als sie den Schlüssel abzog und die Hand ausstreckte, um trotz des unablässig strömenden Regens die Fahrertür zu öffnen. Gerade in diesem Augenblick schwang die Eingangstür des Wohnhauses auf und ein Mann trat hinaus auf den Fußgängerweg. Es war Ryan. Ihre Hand verharrte regungslos am Griff, während sie wie paralysiert seinen kraftvoll-dynamischen Gang bewunderte, mit dem er die kurze Strecke zu seinem BMW zurücklegte. Selbst in der Dunkelheit und obwohl er es verständlicherweise ziemlich eilig hatte, strahlte er eine geschmeidige Eleganz aus, die ihr die Knie weich werden ließ. Chloe fühlte sich von ihm angezogen, als hätte er einen magischen Zauber über sie ausgeschüttet, und sie konnte nur noch dasitzen und schauen und schauen und schauen …
Sie war so gefangen von seinem Anblick, dass sie viel zu lange wartete. Er öffnete bereits die Tür seines Wagens und schob seinen langen Körper auf den Fahrersitz, als ihr klar wurde, dass er ihr direkt vor der Nase davonfahren würde. Übergangslos riss sie die Tür komplett auf, stieg aus und rannte ohne Jacke oder sonstigen Schutz über die Straße auf seinen Wagen zu. Die Tür ihres alten Minis blieb sperrangelweit offen, der böige Wind, der durch die Straße fegte, wehte den Regen in den Innenraum. Es war ihr gleichgültig. Sie musste zu ihm.
„Ryan!“, brüllte sie und riss schützend den Unterarm vors Gesicht. Wie kleine Nadeln prallten die Tropfen auf ihre Haut und hinterließen ein prickelndes Brennen. Kälte kroch ihr in die Knochen, da sich die Temperatur unter die 10° Celsius Marke herabgesenkt hatte und empfindlich kühl mit ihrer Haut kollidierte. Verstärkt wurde das beginnende Zittern durch ihre durchgeweichte Kleidung. Trotz der unangenehmen Begleitumstände interessierte es sie einen Dreck, dass sie sich vermutlich den Tod holen würde. Alles, was sie empfand, war nackte Furcht davor, dass sie ihn nicht mehr rechtzeitig erreichte, und dabei musste sie unbedingt jetzt mit ihm sprechen. Morgen hatte sie vielleicht nicht mehr den Mut dazu.
„Ryan!“, schrie sie erneut. Es hörte sich an, als würde man einen rostigen Nagel über eine glatte Oberfläche ziehen, ein Keuchen begleitete ihre kratzige Stimme, als die Rücklichter seines Wagens rot aufglühten. Er hatte sie nicht gehört. Chloe verlor einen Schuh, als sie schneller rannte, und schluchzte wütend auf. Um Zeit zu sparen, kickte sie auch den zweiten weg und rannte praktisch barfuß weiter, denn die feinen Strümpfe hatten eine reine Alibifunktion und stellten keinen wirklichen Schutz dar. Das krisselige Gefühl einer beginnenden Laufmasche zog sich über die Waden aufwärts und endete unterhalb ihrer Kniekehle. Auch das interessierte sie nicht. Chloe rannte. Nur noch zwei Meter. Der Motor heulte auf.
„Ryan … bitte bleib stehen.“
Gerade als er den BMW schon seitlich auf die Straße lenkte, erreichte sie ihn und klopfte heftig gegen die Scheibe. Ryan riss sichtlich erschrocken den Kopf herum. Erkennen blitzte in seinen Augen auf, er bremste, und sie trat einen Schritt nach hinten, als er die Wagentür aufdrückte.
„Chloe …“
Er klang ungläubig, besah sich von Kopf bis Fuß ihre pitschnasse und vollkommen derangierte Gestalt. Ihr Anblick war ihr peinlich, bestimmt sah sie furchtbar aus mit ihren tropfenden Haaren, die ihr unangenehm am Schädel klebten, den feuchten Kleidern, die sich anfühlten, als hätte man sie ihr auf den Körper gegossen. Chloe bebte vor Kälte, während sie auf eine Reaktion von ihm wartete. Der Londoner Herbst war nicht dazu geeignet, um einem davonfahrenden Mann nur in Rock und dünner Bluse in einer Regennacht hinterherzujagen.
„Ryan, ich muss … mit dir r … reden“, fing sie an, nachdem sein Schweigen anhielt.
Das klirrende Zähneklappern erschwerte eine anständige Artikulation, und sie
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