Family Affairs - Verbotenes Verlangen
Chloe schielte auf das Etikett der Flasche und hielt die Luft an, als sie erkannte, um was für einen Tropfen es sich handelte. Diese so harmlos aussehende Flüssigkeit konnte problemlos in eine Liga mit diversen Champagnersorten aufsteigen und war geradezu geschmacklos teuer. Sie griff nach dem Glas und nippte so vorsichtig daran, als wäre es der Inhalt des Heiligen Grals. Dann, welche Überraschung: Es schmeckte nach nichts.
Ein wenig ernüchtert von dem wenig prickenden Geschmackserlebnis stellte sie das Glas wieder ab und musterte ihn neugierig. Sie hatte ihm ein wirklich wunderschönes Stadthaus in der Jermyn Street gezeigt, ganz in der Nähe des St. James Square. Auf diesem parallel zum Piccadilly Circus verlaufenden edlen Pflaster tummelten sich nicht nur die gefragtesten Hemdenhersteller, sondern es beherbergte auch den Hauptsitz der renommierten Unternehmensberatung McKinsey & Company . Die gesamte Umgebung zeichnete sich durch eine Atmosphäre der Besonnenheit aus, und nichts ließ darauf schließen, dass hier schwerreiche Investoren mit ihren Milliarden jonglierten, als wären sie lediglich ein Taschengeld. Mayfair war somit nicht nur eine der begehrtesten Wohnadressen der Welt, sondern auch die Hochburg der Hedgefonds. Doch die goldenen Zeiten hatten seit der weltweiten Immobilienkrise an Glanz verloren. Verluste im doppelstelligen Prozentbereich hatten auch dieses illustre Stadtviertel nicht verschont und so die horrenden Mieten auf ein bezahlbareres Maß herabgesenkt. Man konnte es sich schlicht nicht mehr erlauben, Quadratmeterpreise bis zu 1500 Pfund als Monatsmieten anzusetzen, was die Arbeit für Chloe und ihre Kollegen doch ein wenig erleichterte.
Sie warf einen schrägen Blick auf Turners Profil, auf die unnachgiebig wirkende Linie seines kantigen Kinns und die fest zusammengepressten Lippen. Er konnte diese Summe sicher locker aus dem Ärmel schütteln. Allein sein Anzug überstieg Chloes Monatsgehalt bei Weitem, auch die goldene Rolex, die als reines Statussymbol an seinem Handgelenk hing, zeugte von Macht und immensem Reichtum. Wie viel Öl war durch seine Pipelines geflossen, um dieses akkurat gefertigte Stück zu bezahlen? Sie beäugte Turner weiterhin so unauffällig wie möglich und versuchte, anhand seiner Mimik herauszufinden, was in seinem Kopf vor sich ging. Hatte ihm das Haus gefallen, oder wollte er sich noch mehr Objekte ansehen?
Er hielt sich, was das anging, erstaunlich bedeckt. Schon während der Führung war er sehr sparsam mit wohlwollenden Ausrufen und Kommentaren gewesen, und er ließ nach außen hin nicht erkennen, ob das Haus überhaupt infrage kam. Auf einmal drehte Turner sein Gesicht und sah sie durchdringend an. Chloe hielt dem Blick seiner grünen Augen stand, versuchte, dabei nicht wie ein Schulmädchen zu erröten und entschied sich für den geraden Weg, um herauszufinden, was er von dem Stadthaus hielt.
„Mr. Turner, Sie haben noch gar nichts zu dem Haus gesagt.“
Sie lächelte ihn freundlich an. Er fuhr sich durch sein mitternachtsschwarzes Haar mit den ergrauten Schläfen und grinste sie schwach an.
„Es war nett“, meinte er wenig hilfreich.
Chloe seufzte stumm. Nett war die kleine Schwester von Scheiße, damit würde sie wahrlich keinen Blumentopf gewinnen, geschweige denn eine Provision einheimsen.
„Es hat Ihnen nicht gefallen.“
Es war eine Feststellung, keine Frage. Turner grinste breit, ein anziehendes Grübchen bildete sich neben seinem rechten Mundwinkel und hob nur noch mehr hervor, was für ein unglaublich attraktiver Mann er war.
„Sagen wir mal so: Wenn ich was Kleines für ein paar Wochenendbesuche gesucht hätte, dann wäre dieses Stadthaus genau das Richtige. Es ist wirklich ganz reizend, aber es ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe.“
Chloe schluckte ihre Überraschung hinunter. Was Kleines – war das sein ernst? Das Haus hatte einen Wert von fast vier Millionen Pfund, und er hielt das für nicht angemessen, um darin zu residieren? Alter Schwede. So langsam dämmerte ihr, was für ein Kaliber sie sich mit diesem Amerikaner an Land gezogen hatte. Ihr wurde fast schwindelig bei den Möglichkeiten, die ihr das in beruflicher Hinsicht bot. Aufgeregt leckte sie sich über die Lippen und vergaß darüber sogar, traurig und frustriert über ihr katastrophales Liebesleben zu sein.
„Was genau hatten Sie sich denn vorgestellt?“
Er musste nur seine Wünsche offenlegen, und sie würde alle Hebel in Bewegung setzen, um ihm
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