Family Affairs - Verbotenes Verlangen
zusehen, wie er sich das Bouquet des Rebensaftes auf der Zunge zergehen ließ. Sie erbebte verlangend, als sie die sinnlichen Schluckbewegungen an seinem Hals wahrnahm. Auf seinen Lippen blieb ein rötlicher Schimmer zurück, als er das Glas bedächtig auf dem weißen Tischtuch abstellte. Sie fing an zu fantasieren, malte sich aus, wie sie die Feuchtigkeit mit ihrer Zunge fortschleckte, in seinen Mund eindrang und ihn küsste, bis das Aroma auch auf ihrem Gaumen haften blieb.
Überfordert von seiner Anziehungskraft wandte sie die Augen von ihm ab, ehe sie in Versuchung geriet, irgendwie seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dieser Mann setzte ihren gesunden Menschenverstand völlig außer Kraft, und sie musste wohl allen Mächten des Himmels dafür danken, dass wenigstens er ausreichend Verstand bewies, um wieder normal weiterzumachen, während sie hier wie auf Kohlen saß und sich in unseliger Weise nach ihm verzehrte.
Aus den Augenwinkeln sah sie erneut den Kellner herannahen, diesmal balancierte er geschickt ein Tablett mit den bestellten Getränken auf seiner Handfläche. Erleichtert über diese Ablenkung dankte sie ihm, als er den Aperitif servierte, und kippte den Inhalt unter seinen erstaunten Blicken auf einen Schlag hinunter. Sie schüttelte sich wie ein nasser Hund, weil ihr Alkohol eigentlich gar nicht schmeckte, und verzog schaudernd das Gesicht zu einer Grimasse, als ein leichtes Brennen ihre Kehle hinunterrollte.
Wieder huschte ihr Blick zur Seite, doch noch immer gab es keine Anzeichen dafür, dass er ihre Anwesenheit bemerkt hatte. Ryan war so vertieft in seine Unterhaltung, dass er alles um sich herum mit Desinteresse strafte. Statt froh darüber zu sein, spürte sie maßlose Enttäuschung. Sie sehnte sich danach, in seine wunderschönen Augen zu blicken, und so dumm und gefährlich dieser Wunsch auch war, sie konnte ihn einfach nicht abschütteln.
Endlich kam Ross Turner wieder zurück und bewahrte sie davor, eine wirklich himmelschreiende Dummheit zu begehen. Mit finster verzogener Miene setzte er sich wieder an seinen Platz und runzelte die Stirn. Chloe bemühte sich darum, sich möglichst normal zu verhalten.
„Ist irgendwas nicht in Ordnung?“
Sein Lächeln hatte etwas Gezwungenes, sobald ihre Frage raus war.
„Wie man es nimmt. Paige hat mal wieder Liebeskummer wegen irgendeinem nichtsnutzigen Schönling und hat mir die Ohren vollgeheult. Sie ist fünfundzwanzig und doch so unendlich naiv, wenn es um die Wahl ihrer Männer geht.“
Chloe war überrascht, dass er so offen sprach.
„Nun, ich bin sicher, sie wird irgendwann den Richtigen finden.“
Turner lachte ein wenig verkrampft. Er schien sich wirklich ernsthafte Sorgen um seine Tochter zu machen.
„Das mag schon sein, aber es wäre mir lieber, wenn sie nicht so offensiv nach ihrem Traumprinzen suchen würde. Paige ist in die Liebe verliebt und nicht in die Männer. Sie flattert wie ein Schmetterling von Blume zu Blume, kostet mal hier und mal da und fliegt dann wieder weiter, weil sie glaubt, die nächste Blüte könnte vielleicht noch besseren Nektar haben.“
Ross runzelte die Stirn, ehe er weitersprach.
„Sie ist impulsiv und hat kein Stehvermögen, auch wenn es mir als Vater schwerfällt, das zuzugeben.“ Er streifte Chloe mit einem warmen Blick. „Ich wünschte, sie hätte ein bisschen mehr von Ihrer Strebsamkeit. Sie sind jünger als meine Paige und doch haben Sie Ihr Leben im Griff, während sie einfach nur die Hand aufhält und darauf wartet, dass ich ihre Rechnungen bezahle. Vermutlich liegt es daran, dass sie ohne Mutter aufgewachsen ist. Es war nicht immer leicht, meine Geschäfte und ihre Erziehung unter einen Hut zu bringen. Ich fürchte, ich habe sie zu sehr verwöhnt, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen, wenn mich die Arbeit zu sehr in Anspruch genommen hat.“
In liebevoller Nachsicht, die den Tenor seiner harten Worte milderte, schüttelte er den Kopf.
„Kennen Sie den Spruch: Ich habe ein Monster erschaffen? Nun, ein Monster ist sie nicht, sehr wohl aber ein ziemlicher Quälgeist, der die Nerven aller bis zur Schmerzgrenze strapazieren kann. Paige braucht eine feste Hand, einen Mann, der sich nicht von ihrem Schmollmund und ihren blauen Augen einwickeln lässt und ihr klare Grenzen setzt.“
Vor Chloes innerem Auge formte sich augenblicklich das Bild von Victor Seymour. Er war wirklich ein knallharter Hund und würde einem verwöhnten Püppchen wie Paige Turner sicher die Leviten lesen,
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