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Fantasien der Nacht

Fantasien der Nacht

Titel: Fantasien der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE , Pößneck GGP Media GmbH
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beschaffen.
    Also hatte sie den Großteil des Tages im Stadtarchiv zugebracht und Akten durchstöbert, die „allgemein zugänglich“ waren. Sie hatte mit den Geburtsurkunden angefangen, doch wie es schien, besaß er weder einen Führerschein noch ein auf seinen Namen zugelassenes Auto. Allerdings gab es eine Übertragungsurkunde für sein Haus. Sie fand die Informationen, die sie benötigte, in den Grundsteuerunterlagen. Dort stand seine Anschrift, und sie runzelte ihre Stirn, als sie bemerkte, dass das Anwesen nur ein paar Meilen südöstlich von Daniels Haus entfernt lag, am nördlichen Ufer des Sunds.
    Den gesamten Heimweg über war sie mit sich selbst uneins gewesen. War sie dabei, ihrem wankenden Verstand neuen Halt zu verleihen, oder war er längst unter einer Lawine verschüttet worden? Würde irgendein geistig zurechnungsfähiger Mensch tagsüber das Haus eines Mannes aufsuchen, um zu beweisen, dass er kein Vampir war?
    Jetzt ist es zu spät für derlei Grübeleien, dachte sie. Ich bin hier, und ich gehe da jetzt rein. Sie ließ den Zündschlüssel stecken und ging ein Stück zurück zu dem hoch aufragenden schmiedeeisernen Portal. Sie spähte durch die Stäbe und das Gewirr aus Ranken und Blättern, das sich dazwischen spannte, alle aus beschlagenem Metall.
    Soweit sie das festzustellen vermochte, bildete Rankengewirr auf beiden Torhälften dasselbe Muster. Jenseits des Zauns führte eine gewundene kopfsteingepflasterte Auffahrt zum Haus. Entlang der Auffahrt reihten sich riesige Bäume aneinander, sodass sie ein wenig zur Seite treten musste, um einen Blick auf das Gebäude dahinter zu erhaschen.
    Beim Anblick des Hauses stockte ihr der Atem. Das Bauwerk ragte mindestens drei Stockwerke in die Höhe. Es war aus grob behauenen Steinblöcken erbaut, jeder einzelne davon so groß, dass selbst drei Mann nicht imstande gewesen wären, ihn anzuheben. Die Fenster – zumindest diejenigen, die sie ausmachte – waren tief und mit Bögen versehen; Tamara gemahnten sie an zusammengekniffene Augen, die jemanden beobachteten, ohne selbst gesehen werden zu wollen.
    Sie berührte das Tor im selben Moment, in dem sie den kleinen Metallkasten bemerkte, der drinnen an einem Pfosten angebracht war. Ein winziges rotes Licht blinkte synchron zu ihrem Pulsschlag. Dies war kein schlichter alter Zaun, sondern eine hochmoderne Sicherheitsmaßnahme. Rasch zog sie die Hand zurück und fragte sich, wie viele Alarme sie wohl durch ihre simple Berührung ausgelöst haben mochte. Sie wartete und hielt Ausschau. Drinnen schien sich nichts zu rühren.
    Als sie sich wieder zu atmen getraute, blickte sie nach oben. Die Spitzen auf jedem der Zaunpfosten wirkten stabil und unüberwindlich; darüberzuklettern kam nicht infrage. Es musste einen anderen Weg hinein geben. Sie richtete sich auf und begann den Rand des Grundstücks abzuschreiten.
    Es schien ihr, als würde sie sich eine Meile lang durch das Gestrüpp der Büsche und das dichte Unterholz kämpfen, obwohl es nicht wirklich so weit gewesen sein konnte. Der Zaun beschrieb einen Bogen und lief von hier aus auf die Rückseite des Hauses zu; sie fand keinerlei Lücke darin und biss sich missmutig auf die Lippen, als sie schließlich am Ende anlangte.
    Der letzte spitze Zaunpfahl aus schwarzem Eisen ragte am Rande einer felsigen Klippe aus dem Boden; darunter dröhnte der Sund mit weiß gischtendem Getöse. Der Wind gewann an Stärke, und Tamara fröstelte. Sie musste irgendetwas tun. Umkehren? Nach all ihren Bemühungen?
    Sie besah sich den letzten Zaunpfahl näher. Der Boden um den Sockel herum sah nicht allzu stabil aus. Dennoch, dachte sie, wenn sie sich dicht an den Zaun klammerte, war sie vielleicht in der Lage, sich darum herum hinüber auf die andere Seite zu schwingen. Oder nicht?
    Sie packte mit der Rechten eine der filigranen Ranken und presste die rechte Seite ihres Körpers gegen den Zaun. Sie blickte in Richtung des Sunds und spürte den schneidenden Wind, der von dort kam. Sie musste sich weit vorbeugen, über den Rand hinaus, und ihren Körper verdrehen, um mit der Linken dieselbe Eisenranke auf der anderen Seite des Zauns zu fassen zu bekommen.
    In dieser verkrümmten, schmerzhaften Position verharrend, schaute sie hinunter. Hier und da ragten glatte schwarze Felsen aus Wasser von derselben Farbe, um mit jeder Welle von Neuem aufzutauchen und zu verschwinden. Die Felsen zwinkerten ihr zu wie übernatürliche, unsagbar böse Augen.
    Ihr Haar flog ihr ins Gesicht, ihre

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