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Fantastik AG

Fantastik AG

Titel: Fantastik AG Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Oldenburg
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vorhergegangene Versprechen ins Vergessen zu
brüllen: »Jetzt noch besser!«
    Ich bin
nicht »altmodisch«.
    Ich bin
für Fortschritt, Bildung, geistige Vervollkommnung.
    Nicht
für die Korruption dieser Ideale im Dienste zweifelhafter Interessen.
    Wo
früher die Halle der Ungewohnten Gedanken stand, befindet sich jetzt die
»Fantastik-AG-Arena«. An der Stelle des Unangenehmen Theaters steht jetzt das
»Phantastische Kaufhaus«. Der Rätselhafte und Irgendwie Abstrakte Brunnen ist
dem »Haus der Fantastischen Parkgelegenheit« gewichen.
    Diese
›phantastische‹ Namensgebung ist eindeutiger Beleg für die rapide Erosion
sprachlicher Kreativität in Neu-Sternheim.
    Notiz
an mich: Ich darf mich nicht so aufregen!
    Besonders
augenfällig ist die ideologische Abschaffung der feinen Unterschiede zugunsten
eines mehr als grobschlächtig polarisierten Denkens, das oberflächlich nur noch
das billige (und wahrscheinlich optimal vermarktbare) Extrem kennt.
    Professor Welk war erstaunt, als er erfuhr, dass es auf
dem Firmengelände eine Leihbibliothek für die Angestellten gab.Sie war in einem schlichten Betonbau untergebracht und
entsprach nicht unbedingt dem, was der Professor als wohl
sortiert bezeichnete.
    Nachdem er eine Viertelstunde lang vergeblich die Karteikästen und
Regale durchsucht hatte, ging er zum Empfang und überreichte der dort sitzenden
Bibliothekarin (einer bebrillten Trollfrau) einen Zettel.
    Â»Ich suche diese Bücher«, sagte er.
    Die Bibliothekarin las:
    Â»â€ºDer Gnom ohne Eigenschaften‹, ›Sternheim Eralkesplatz‹,
›Geschichten aus dem Zauberwald‹, ›Gnomo Faber‹, ›Des Wichtels Wunderhorn.
Gedichtsammlung.‹« Sie sah auf. »Ich glaube, solche Bücher haben wir nicht, ich meine: z. B. Gedichte.«
    Â»Aha«, sagte der Professor. »Was für Bücher haben Sie denn?«
    Â»Also«, belehrte ihn die Bibliothekarin. »Wir haben drei Sorten
von Büchern: spannende, schöne und lehrreiche.«
    Â»Aha. Und was wäre zum Beispiel ein spannendes oder schönes oder
lehrreiches Buch?«
    Â»Warten Sie«, sagte die Bibliothekarin, erhob sich schnaufend von
ihrem Sessel und kam nach einiger Zeit mit drei Büchern zurück.
    Â»Dies hier ist ein sehr spannendes und auch beliebtes Buch«,
erklärte sie.
    Professor Welk las: ›Die ultrabrutale Todesmaschine im
schrecklichen Tal des Blutes. – Ein Agent-Eisen-Roman. Von Grobel R. Stech.‹
    Auf dem Cover war ein muskulöser
Troll dargestellt, der mit zwei riesigen Pistolen gleichzeitig auf nicht
abgebildete Gegenstände oder Personen feuerte. Im Hintergrund explodierte
Verschiedenes, außerdem war eine spärlich bekleidete Elfe zu sehen, die den
Troll für seine Maskulinität bewunderte.
    Â»Und das ist ein superschönes Buch. Ich hab beim Lesen geweint.«
    Der Roman hieß: »Heiße Tränen am Südseestrand« von Rosel G.
Drüse. Das Cover zeigte Südseestrand, Palmen, Vollmond und eine hübsche Elfe,
der schon mal eine der im Titel versprochenen Tränen die Wange hinabkullerte.
Etwas entfernt von ihr stand ein attraktiver Troll, der dem auf dem Cover des
vorherigen Buches abgebildeten verdächtig ähnelte, hier aber nicht mit Pistolen
herumballerte, sondern die hübsche Elfe schmachtend ansah.
    Â»Hm«, sagte der Professor, der noch nie beim Lesen eines Buches
geweint hatte und auch nicht wusste, wozu das gut sein sollte.
    Â»Und wenn Sie mehr praktisch denken, kann ich Ihnen dieses
nützliche Buch empfehlen.«
    Das nützliche Buch hieß: »Effektivität, Rentabilität und
Rationalität – Die Drei Goldenen Säulen des Phantastischen Erfolgs.«
    Auf dem Cover war Fechus, der Niedere Organisator abgebildet. Er
grinste. Was sollte er auch sonst tun.
    Â 
    Es
ist natürlich ohne Weiteres zu durchschauen, dass in Wahrheit die
Unterscheidungen nur scheinbare sind, lassen sie sich doch alle der einen
großen Superkategorie subsumieren: Der des sogenannten Nützlichen.
    Bleibt
die Frage: Wem nützt es?
    Der
Antwort kam ich an meinem ersten Arbeitstag im Dienst der Fantastik AG
einen, wenn auch nur kleinen, Schritt näher.
    An
unserem ersten Arbeitstag wurden wir morgens von einem Trupp bewaffneter
Kobolde abgeholt, deren Offizier uns mit den freundlichen Worten ansprach:
»Bisschen Tempo, faules Ungeziefer!« Dann brachte man

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