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Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.

Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten.

Titel: Fantastische Jungs. Gay Fantasy Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Janus
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versuchte ich, etwas hinter dem jungen Mann zurückzubleiben. Und als er gerade einem anderen Chiton-Bediensteten ein paar Worte zurief und deshalb abgelenkt war, schlüpfte ich blitzschnell hinter einen dicken Baumstamm. Von dort aus hastete ich in einen kleinen Bambushain, wo das Licht und die Schatten der Bambushalme so verwirrend ineinanderflossen, dass es schwierig war, eine Gestalt auszumachen. In Windeseile und so leise wie möglich schlängelte ich mich durch das Dickicht. Hinter dem Bambushain gab es einen großen Rosengarten mit ausschließlich weißen Blüten. Zum Glück waren die Rosenbüsche hoch und dicht und boten mir Sichtschutz. Erst, als ich einen schmalen Bach auf einigen Steinen überquert hatte und mich in einem verfilzten Rhododendrongebüsch atemlos verbergen konnte, wagte ich es, mich umzudrehen.
    Niemand war mir gefolgt, oder ich hatte meine Verfolger abschütteln können. Gab es eine Videoüberwachung für den Palast? Oder für den Park? Oder wirklich nur an den Ausfahrten? Und wie sollte ich, wenn ich Manuel tatsächlich entdecken würde, einen Ausgang finden und dann noch den blutrünstigen Kampfhund Kerberos überlisten? Ich stöhnte. Ich würde gar nicht so weit kommen! Jeder konnte mich erkennen – denn es gab keine blonden Unterweltler!
    Kurz entschlossen nahm ich von der schwarzen Erde des Rhododendronbeetes und schmierte mein Haar dick damit ein. Meine rosig-frische Hautfarbe – die Hades so gut gefallen hatte – würde hoffentlich im Dämmer des Asphodeliengrundes matter wirken. In gemessenem Schritt verließ ich nun das Gestrüpp und hoffte, in meinem dunkelgrauen Anzug wie einer der zahlreichen Beamten zu wirken. Den Toten ging ich möglichst aus dem Weg.
    Je weiter ich mich dem äußeren Parkrand und damit dem eigentlichen Asphodeliengrund näherte, desto mehr nackte Verblichene wandelten umher oder saßen in Gruppen beieinander. Ich sah Tote in den absonderlichsten Verrenkungen irgendwelche imaginären Tätigkeiten verrichten. Andererseits standen auch unzählige von ihnen nur herum und taten nichts.
    Während ich umherging, hielt ich überall Ausschau nach Manuel. Was der am liebsten getan hätte, wusste ich nur zu gut. Seine Passion war die Kunst gewesen. Er hatte sich auf Aquarelle spezialisiert, was auf viele Leute irgendwie gestrig wirkte. Doch Manuels Bilder waren nicht gestrig. Manuel war in Deutschland geboren und aufgewachsen, weit weg von Andalusien, woher sein Vater stammte. Im heißen Sommer war er stets nach Spanien gereist und hatte das flirrende, geheimnisvolle andalusische Licht auf unnachahmliche Weise in seinen Aquarellen eingefangen. Die Mauern der alten Stadt Ronda, die maurischen Paläste der Alhambra oder die Ufer des träge dahinfließenden Flusses Guadalquivir – in seinen Bildern wurden sie auf faszinierende Art lebendig. Ich hatte immer an ihn und sein Genie geglaubt. Er jedoch hatte neben seinem Kunststudium als Taxifahrer gearbeitet und sich darauf eingerichtet, ein Leben lang Taxifahrer zu bleiben. Denn die Kunst ist die eine Sache – davon leben zu können ist eine ganz andere. Aber hier, im Asphodeliengrund, frei vom Zwang, Geld zu verdienen, würde er nur noch malen, dessen war ich ganz sicher. Doch wie sollte ich einen imaginären Maltisch, ein nur für ihn sichtbares Bild erkennen? Ich musste mich einfach auf mein Glück verlassen.
    Ich begann, systematisch den Park zu umrunden. Rasch durchmaß ich die angrenzenden Gefilde des kahlen Asphodeliengrundes, ohne mich mit fremden Toten aufzuhalten, die mich immer wieder versuchten anzusprechen. Ich war wild entschlossen, nicht aufzugeben, bis ich Manuel gefunden hätte.
    Nach drei Stunden endlich entdeckte ich hinter einer Bodenwelle einen schönen, schlanken Mann mit dunklen Locken. Er beugte sich über einen altarförmigen Felsen, als ob er einen Pinsel in der Hand hätte und malen würde. Es durchfuhr mich glühend.
    Manolo! Da bist du! Ich erkenne dich unter Tausenden! Und jetzt wirst auch du mich erkennen! Ich nehme deine Hand, und du wirst mir folgen, egal, was geschieht!
    Ich lief in die Senke hinein, mein Herz hämmerte.
    Da hörte ich Pferdegetrappel, das sich in Sekundenbruchteilen von hinten näherte.
    »Wen haben wir denn hier?«, rief eine heitere Stimme plötzlich direkt neben mir. Ich drehte mich erschrocken um. Ein dunkelblaues, ja, wirklich ein blaues Pferd, kostbar in Silber aufgezäumt und mit einem prunkvoll gekleideten Reiter im Sattel, umtänzelte mich.
    »Glauben Sie etwa,

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