Farben der Liebe
angesehen und mir vorgestellt, wie es wohl wäre, so zwischen all den Kerlen auf der Tanzfläche. Allerdings habe ich Sebastian dabei nie gesehen und tanzen kann ich auch nicht. Und ich …
„Träumst du schon wieder?“, fragt er und stößt mir diesmal seinen Ellenbogen in die Seite.
„Ich kann doch nichts dafür“, murmle ich vor mich hin. „Ich habe mir das nicht ausgesucht. Er ist … er sieht eben toll aus … und … keine Ahnung, ich fühle dieses Kribbeln in mir und ich komme mir wie die Mädchen in unserer Klasse vor … vollkommen abgedreht. Was soll ich denn machen?“
„Hör auf zu jammern und löse das Problem wie ein Kerl!“
„Und das heißt?“
„Such dir jemanden zum Ficken!“
„Aha … Super Plan!“
„Ich meine es ernst“, sagt er, dreht sich zur Seite und richtet sich ein Stück auf. „Du solltest es endlich tun. Wir sind 18! Niemand will in unserem Alter noch eine Jungfrau sein. Also erhebe deinen Arsch und such dir jemanden … Apropos Arsch … hast du schon mal darüber nachgedacht, auf welcher Seite du kämpfst?“
Sebastian sieht mich grinsend an, während ich nach meinem selbst genähten Hemdkissen greife und es ihm um die Ohren haue.
„Das geht dich gar nichts an.“
„Ich bin dein bester Freund, ich sollte so etwas wissen.“
„Ich frage dich doch auch nicht.“
„Schätzchen, weil es bei mir nichts zu fragen gibt!“, erwidert er und bricht in schallendes Gelächter aus. Toll, ich sollte erst nachdenken, bevor ich rede.
„Hilfst du mir?“, bitte ich leise.
Sofort verstummt Sebastian und sieht mich aufmerksam an.
„Du willst das durchziehen?“
„Ja!“
„Wie lautet der Plan?“
***
Ich brauche noch fast zwei Wochen, bis ich mich traue, die Sache in Angriff zu nehmen. Was auch bedeutet, dass ich den mittlerweile fertigen Teddy seit zwei Wochen in meinem Rucksack mit mir herumtrage. Vermutlich ist er ein wenig gequetscht, aber bisher erschien mir der Zeitpunkt nie perfekt zu sein. Natürlich hatte Sebastian die bessere Idee, denn im Grunde hatte ich überhaupt keinen Plan. Ich wusste nur, was ich mit dem Teddy machen wollte, wie ich das allerdings schaffe, darüber habe ich nicht nachgedacht. Aber Sebastians Idee ist so simple, dass ich bezweifle, dass sie funktioniert.
Auf jeden Fall ist heute der richtige Zeitpunkt. Der Himmel ist bedrohlich grau, das Auto meiner Mutter ist nicht da, das Auto von ihm ebenfalls nicht, dafür steht das Fahrrad seiner Putzfrau in der Einfahrt.
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich suche nach den richtigen Worten, versuche mich daran zu erinnern, wie Sebastian mit mir diesen leicht panischen Gesichtsausdruck geübt hat, und hoffe, dass ich es diesmal hinbekomme.
Am Eingang zu seinem Haus bleibe ich kurz stehen und atme tief durch.
„Diesmal schaffst du es“, ermutige ich mich selbst und habe das Gefühl, dass das Gewicht des Teddys mich schier erdrückt. Ich kriege keine Luft mehr, als ich den Weg zum Haus entlang gehe. Meine Hände zittern und sind feucht. Keuchend bleibe ich vor der Wohnungstür stehen, hebe zögerlich den Arm. Noch könnte ich einfach wieder gehen … noch … aber da liegt mein Finger schon auf der Klingel, ertönt bereits das Dingdong und ich starre meine Hand an, spüre, dass Chaos in meinem Kopf. Mir ist übel, mein Mund ganz ausgetrocknet. Ich glaube, ich werde kein einziges Wort herausbringen …
„Ja, bitte?“, erklingt eine weibliche Stimme vor mir. Ich habe gar nicht mitbekommen, wie die Tür aufging.
„Hallo“, krächze ich mühevoll. „Ich bin Felix und wohne nebenan …“
„Ich habe dich schon ein paar Mal gesehen“, sagt sie und sieht mich fragend an. „Kann ich was für dich tun? Herr Gärtner ist noch auf Arbeit.“
Beinahe wäre mir ein Ich weiß herausgerutscht, stattdessen erinnere ich mich wieder an Sebastians Anweisungen und trete unruhig von einem Bein auf das andere, was sie natürlich sofort bemerkt.
„Alles klar?“
„Nein … ich … es tut mir wirklich leid, aber kann ich vielleicht mal auf die Toilette? Meine Mutter ist nicht da und anscheinend habe ich heute Morgen den Hausschlüssel vergessen und jetzt … Ich weiß nicht, aber in meinem Bauch grummelt es so merkwürdig, vermutlich liegt es am Schulessen oder vielleicht habe ich mir einen Virus eingefangen … aber bitte, ich kann es kaum noch aufhalten … und …“
„Junge, du bist ja schon ganz blass. Komm rein, die Gästetoilette kannst du leider nicht benutzen. Da muss der Spülkasten
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