FebruarNachtsTraum
dickköpfig und verschlossen. Und er mag mich nicht und ich ihn auch nicht. Oberflächlich zumindest. Bis wieder das passiert, was eben passiert ist. Denn dann werden meine Knie weich und nicht ein vernünftiger Gedanke schießt mir durch den Kopf. Und weil ich all das so schwer erklären kann, ohne mich komplett lächerlich zu machen, sage ich Vlad mit einem koketten Zwinkern: »Sicher, ich komme mit allen klar.«
Olga schaut von ihrem Tablet-PC auf.
Vlad nickt nachdenklich. »Das hat Alexander auch gemeint.«
»Na, dann sagen wir wohl beide die Wahrheit.«
Olgas Blick spießt mich auf. Bitte, wer oder was ist die Frau noch alles, wenn sie nicht Stylistin ist? Lügendetektor? Romans Spionin? Eine verdeckte Reporterin? Unwohl rutsche ich auf meinem Po so viel hin und her, wie ich es mir bei dem Kleid traue.
Mittlerweile sind wir am Potsdamer Platz angekommen und die Limousinen für den roten Teppich drängeln sich Stoßstange an Stoßstange vor dem Berlinale Palast. »Und dieser Zirkus gefällt dir!« Ich werfe Vlad einen schiefen Seitenblick zu. »Muss ich was tun?« Nervös lecke ich mir über die Lippen und recke meinen Hals.
»Kau nicht deinen Lippenstift ab, sonst ist Olga traurig. Und lächle einfach nur bezaubernd, Prinzessin. So wie vorhin.«
»Vorhin, wann?« Mein Kopf ist leer. Wenn einfach nur so einfach wäre! Die Autogrammjäger und Fans drängen sich an der Absperrung und kreischen aus vollem Hals Vlads Namen als sei er Brad Pitt, Johnny Depp und Leonardo di Caprio in einer Person.
»Als du gesehen hast, dass wir dich gesehen haben.« Vlad drückt versichernd meine angespannte Hand und wischt mir etwas Lippenstift vom Kinn. Reporter postieren sich am roten Teppich und kämpfen um die besten Plätze, sobald wir einfahren. Ich hatte ganz vergessen, welchen Rummel der russische George Clooney auslöst.
»Bereit?«
Ich nicke und die Türen werden geöffnet. Vlad steigt aus, umrundet routiniert den Wagen und hilft mir hoch.
Klicklicklicklick …
Lächeln, Elizabeth! Lächeln! Minutenlang übertönt das Klicken der Kameras alle Geräusche und weckt böse Erinnerungen an meine Zusammenstöße mit der Presse im Januar. Wo soll ich nur hinschauen? Nach links? Rechts? Nicht auf den Boden, Elizabeth! Hilfe!
Vlad berührt mich sanft an den Schultern und es fällt mir wieder ein: im Notfall zu ihm. Er lächelt amüsiert. Was? Die Panikattacke hat niemand bemerkt, oder? Ich halte meinen Kopf schief. Sein Grinsen wird breiter. Er beugt sich zu mir mit genau dem Blick, den er hatte, als er mich im Januar schon einmal küssen wollte. Aber das kann ja jetzt nicht sein.
Blitzlicht nimmt mir jegliche Sicht und ich spüre weiche Lippen … an meiner Wange. Und dann lacht Vlad wieder.
»Das ist nicht lustig«, zische ich.
»Stimmt, das ist Showbusiness.« Sein charmantes Grinsen wird breiter und ich rücke näher an ihn. »Ist dir kalt?«
»Nein, ich habe Angst vor deinen weiblichen Fans«, flüstere ich, während er Autogramme gibt. Der kalte Blick einer Sechzehnjährigen jagt mir Schauer über den Rücken. Auch der eines elfengleichen Mädchen entgeht mir nicht.
Sobald wir die Eingangshalle betreten, atme ich auf. Ist alles wie auf einem meiner Kongresse, nur dass das Publikum deutlich besser gekleidet ist.
Vlad stellt mich zahlreichen Regisseuren, Schauspielern und Kameramännern vor, die alle begeistert sind und sich dann nach dem Stand der Dreharbeiten erkundigen. Während Vlad munter über seine Stunts plaudert und ein paar Kung Fu-Moves vorführt, angle ich nach jedem Häppchen, das auf einem Teller an meiner Nase vorbeigetragen wird. Die schmecken auch deutlich besser als auf den Kongressen, die ich üblicherweise besuche.
Dann wechseln wir die Gruppe und ein Schwall Russisch folgt. Zumindest hört es sich für mich so an. Vodkagläser klirren und pünktlich zum Start von A long and happy life nehmen wir unsere eins a Plätze ein. Wir sitzen direkt neben den Schauspielern, die für eine Premiere in ihren Jeans und Pullovern unerwartet gewöhnlich aussehen. Die einzige Schauspielerin trägt immerhin ein Kleid, aber das verblasst gegen meinen Designerfummel von Marcel Ostertag. Ein Moderator kündigt den Wettbewerbsbeitrag an, dann öffnet sich der Vorhang und Film ab! Endlich wird es dunkel und niemand sieht mein viel zu überdimensioniertes Outfit. Ich hätte wissen müssen, dass auf einer Party in Berlin weniger mehr ist. Aber Vladimir ist eben Vladimir.
Ui, lange keinen Film mehr mit
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