Feenring (German Edition)
sie tat, doch sie schien gelernte Friseurin zu sein. »Gleich kleben wir Ihr Kleid fest.«
Festkleben?
»Zuerst schminken wir Sie, dann nehme ich die Lockenwickler raus und stecke Ihnen die Haare hoch.«
Obwohl Risqué sich so gesittet wie möglich aufführte – ohne Unhöflichkeiten oder Animositäten – , überkam mich deutlich das Gefühl, dass sie mir am liebsten wie einer Voodoopuppe ein paar richtige Nadeln ins Hirn gebohrt hätte.
Als Risqué den Reißverschluss des ersten Kleidersacks öffnete, wusste ich, dass nichts Gutes dabei herauskommen würde. Sie brachte ein Paar Stiefel zum Vorschein.
»Augenblick«, rief ich.
Die glänzenden, tiefroten Stiefel reichten bis zu den Oberschenkeln, waren vorn geschnürt und protzten mit zahllosen Schnallen. Super für den Weihnachtsmann – falls er ein Transvestit gewesen wäre. Die Dreizehn-Zentimeter-Absätze – fünf Zentimeter Plateausohle plus acht Zentimeter Absatz – ließen mich zusammenzucken. Mit den Dingern wäre ich fast so groß wie Johnny. »Die kann ich unmöglich anziehen.«
»Müssen Sie aber.«
»Von wegen.«
Risqué blickte gereizt. »Die Sachen hat der Boss für Sie ausgesucht. Was anderes gibt’s nicht.«
Sie sollte denken, dass seine Anweisungen mich motivierten, also überlegte ich mir die Sache mit den Stiefeln noch mal. Sie waren für eine Stripperin durchaus sexy, aber ich war nicht sicher, ob ich darin auch nur ein paar Meter gehen konnte, ohne mir den Hals zu brechen. Wenigstens hatten sie keine Pfennigabsätze. »Zeigen Sie mir die Kleidung.«
Sie öffnete den zweiten Sack und entnahm ihm ein knallrotes Kleid.
Wenigstens war es nicht so kurz wie ihres, dafür aber an beiden Seiten geschlitzt. Oben war es so gerafft, dass es puschte, und der Rücken war bis auf zwei hauchdünne Träger, die verhindern sollten, dass ich vorne zu viel preisgab, nicht existent. Ich schluckte. Hörbar. Der Göttin sei Dank gab es auch einen passenden Tanzslip mit hohem Beinausschnitt, der auch dann noch genug verbergen würde, wenn ich in den Stiefeln über meine eigenen Füße stolperte.
»Runter mit dem Badetuch, Miss Keusch.«
Fast eine Stunde und mehrere Streifen Doppelklebeband später hatte Risqué den Beweis angetreten, dass sie ungeachtet der Tatsache, nicht mit Leuten umgehen zu können, eine talentierte Kosmetikerin war. Sie wollte, dass ich Beaus Amulett abnahm, doch ich bestand darauf, dass er blieb, wo er war. Als ich angezogen, frisiert und geschminkt war, reichte sie mir eine wie ein Geschenk verpackte und mit einer Schleife versehene Schachtel aus den Tiefen des zweiten Kleidersacks. »Der Boss meinte, die soll ich Ihnen geben und Sie damit allein lassen. Ich warte im Bad und liefere Sie dann aufs Stichwort an Ort und Stelle ab.«
In der Schachtel fand ich eine weitere golden gerahmte Nachricht.
Von Xerxadrea
– M
Als ich das Seidenpapier entfernte, stieß ich auf sieben aufgereihte Jaspisse – ein Edelstein, der bekanntermaßen gegen nächtliche Gefahren schützt, den Mut verleiht, sich offen auszusprechen, und die Leibeskräfte stärkt. Die Anzahl der Steine sowie der Umstand, dass jeder anders getragen werden konnte – an einer goldenen Kette oder einer Haarnadel, manche auch an einer Anstecknadel – verrieten mir, dass die Steine mit meinen Chakren übereinstimmen sollten.
Als ich den ersten Stein aus der Schachtel hob, fühlte ich mich auf der Stelle gestärkt. Ich schob ihn über dem Scheitel ins Haar, wo er in der Hochsteckfrisur verschwand, doch sofort begann meine Aura zu fließen. Nummer zwei hing an einer mit Nadeln im Haar fixierten Kette vor meiner Stirn. Der dritte war das Mittelstück eines dünnen, goldenen Halsreifs. Nummer vier, fünf und sechs saßen über dem Herzen, dem Sonnengeflecht und im Rückenausschnitt des Kleides.
Der siebte Stein war heikler; ich befestigte ihn vorne an meinem Tanzslip.
Die Steine erwärmten sich nicht so wie das Amulett, doch jeder Jaspis verband sich mit den Übrigen zu einem zusätzlichen Schutz meiner Aura und erhöhte deren Potenzial. Mein Körper fühlte sich mit neuer Energie gerüstet.
* * *
Risqué hatte mich für »fertig« erklärt – ein Wort, über dessen Bedeutung ich intensiv nachdachte, während ich allein vor den Türen zum Zuschauerraum in der Eingangshalle stand. Ich nahm an, man hatte, ehe Risqué mich zu meinem Platz begleitete, alle, die sich unbefugt Zutritt verschaffen wollten, hinauskomplimentiert, und fragte mich dann, ob Nachzügler
Weitere Kostenlose Bücher