Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feenring (German Edition)

Feenring (German Edition)

Titel: Feenring (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
Vom Netzwerk:
Brust, und ungeachtet der Furcht, die er seit meinem letzten Besuch vor mir empfand, schlang er zu meiner Beruhigung einen Arm um mich.

23
    Ig war tot.
    Johnny sprang vom Bett und ließ sich, Kopf und Schwanz gesenkt, auf dem Boden nieder. Dann winselte er. Der Energieausbruch, der mich vorhin getroffen hatte, schien mit einem Schlag in ihn zurückzufahren. Das Fell schwand, die Haut wurde heller, Knochen und Gestalt wurden wieder humanoid.
    Er lag reglos, eine Wange auf den Boden gedrückt, mit geschlossenen Augen, das blutverschmierte Gesicht zu einer Fratze verzogen.
    Ich hielt den Kopf gesenkt, damit die Leiche mit der zerfetzten Kehle nicht Einzug in meine Albträume hielt, ließ Hector stehen und hockte mich neben Johnny auf ein Knie nieder. »Johnny.« Ich berührte ihn an der Schulter; seine Haut brannte.
    Bei meiner Berührung regte er sich. Sein Blick traf meinen Rocksaum; von da, wo er lag, hatte er freie Sicht auf meinen Tanzslip. Was eine grundlegende Veränderung seiner grotesken Miene zur Folge hatte.
    »Johnny«, sagte ich noch einmal – diesmal mit einem Anflug von Tadel – und ging komplett in die Knie.
    Er setzte sich auf, als wiege sein Körper mehr als die Welt. Ich wollte ihm helfen, bremste mich aber. Er hatte Hector und Todd gerade gezeigt, wer und was er wirklich war. Sieben hatte mich gelehrt, dass besonders bei diesen Nichtmenschen Äußerlichkeiten wichtige Informationen über Stärke, Respekt und Status transportierten.
    Ich erhob mich und wich zurück, während Johnny nackt wieder auf die Beine kam. Dreck vom Fußboden haftete an seiner Brust und seinem Kinn, und er war mit dunklem Blut besudelt. Es war eine morbide Szenerie: ein übel zugerichteter Toter, rot getränkte Bettlaken, frischer Blutgeruch in der Luft.
    Es war ein Aufstiegsritus, es war ein Gnadenstoß, und es war glatter Mord. Trotzdem war nichts daran ungerecht. Ich hatte nicht vor, etwas zu berichtigen, weil nichts daran falsch war.
    Todd stieß sich von der Wand ab, trat vor und blieb neben Ig und vor Johnny stehen. Schweigend. Ich hielt die Luft an.
    Doch als Todd in das Blutbad auf dem Bett griff und Igs Leiche die Wolfskopfhalskette abnahm, wurde das Zimmer auf der Stelle von unerträglicher Spannung erfüllt. Denn Todd griff nach dem Symbol für den Rudelführer.
    Er machte jedoch keine Anstalten, sich die Kette sofort umzulegen. Er musterte lediglich die blutigen Fischgrätglieder und fuhr mit dem Daumen über das Y-förmige Mittelstück, während sein Veilchen langsam anschwoll.
    Ich rechnete mit einem Fausthieb, einem Stoß, einem Schlag, bösen Worten, irgendwas, bloß nicht damit, dass Todd seine Finger in Igs aufgerissene Kehle legte.
    Ich verschluckte mich an meinem angehaltenen Atem und brachte kein Wort heraus.
    Todd streckte die zähflüssig triefenden Finger aus, zog die Stirn kraus wie jemand, der sich in sein Unglück fügte, und malte ein langes Ypsilon auf Johnnys Brust, das für Ohren und Schnauze eines Wolfs stand.
    Ich erinnerte mich an das Ankh, das Menessos mit seinem Blut auf mein Brustbein gezeichnet hatte. Dasschien so lange her zu sein … viel länger als einen Monat.
    Todd ging auf ein Knie und hielt Johnny die Halskette hin. »Dieses Rudel hat keine Krone zu vergeben, trotzdem sollst du sein Anführer sein, Domn Lup.«
    Johnny straffte die Schultern und nahm den Wolfskopf entgegen, von dessen Kette das Blut seines Vorgängers tropfte. Er betrachtete das Symbol und wog einige Herzschläge lang dessen Bedeutung ab, ehe er es hob und die Kette um seinen Hals legte. Obwohl er noch immer splitternackt und befleckt war, erkannte ich in ihm den König der Wölfe, einen schmalen, athletischen Mann mit dunklem Haar und auf mich gerichteten, gehetzten, himmelblauen Augen.
    Er hatte gerade seinen Rang beansprucht. Aber bei aller Symbolik und bei allen Verheißungen, die für uns darin lagen, hatte er einen hohen Preis dafür bezahlt. Wie hoch, verstand ich bereits besser, als mir lieb war.
    »Ich verständige das Rudel.« Hector ließ uns allein.
    Da sang in meiner Tasche Don Henleys Stimme den Refrain von »Witchy Woman«. Der Protrepticus.
    »Ja?«
    »Xerxadrea bricht jetzt zu den botanischen Gärten auf«, meldete Samson.
    »Danke.« Ich ließ das Telefon sinken und biss mir auf die Unterlippe. Ich musste los, hatte aber keinen fahrbaren Untersatz. Johnny konnte mich nicht mitnehmen, er musste sich mit dem Rudel befassen. »Ich muss weg.« Ich legte Johnny die Hand auf den Arm. »Ich werde mir

Weitere Kostenlose Bücher